
Bielefeld. „Ganz Bielefeld hasst die AfD“, „Wir sind alle Antifaschisten“, „Refugees welcome“: Mit diesen Rufen und passenden Plakaten ziehen viele Hundert Teilnehmer am Sonntagnachmittag vom Hauptbahnhof zum Alten Markt. „Demo gegen Rechts, Merz ist mitgemeint“: Unter diesem Motto hatte die Bielefelder Gruppe „Students for future“ am Sonntag, 26. Januar, um 16 Uhr zum Protestmarsch eingeladen.
In mehreren Städten hatten Bündnisse am Wochenende zu Protesten aufgerufen. Sie wenden sich auch gegen Pläne von CDU-Chef Merz, die Migrationspolitik zu verschärfen. In Köln kamen laut Medienberichten nach Polizeiangaben etwa 40.000 Menschen zusammen, in Berlin mehr als 30.000. In Bielefeld waren es geschätzt rund 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
„Herz statt Merz“ oder „Populismus AusMERZen“: Pappschilder der Demonstranten, die sich ausdrücklich auch gegen CDU-Chef Friedrich Merz richten, sind in Bielefeld aber die Ausnahme. Aussagen wie „Menschenrechte statt rechte Menschen“, „AfD-Verbot jetzt“, „Rebürokratisierung statt Remigration“ und „Ausländer rein“ dominieren.
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Migrationspolitik großes Thema im Wahlkampf
„Demo gegen Rechts. Merz ist mitgemeint““: Müsste man da nicht genauer zwischen rechts, rechtspopulistisch, rechtsextrem und rechtsradikal differenzieren? Und nicht die AfD, die zu Teilen, wie in Sachsen, vom dortigen Oberverwaltungsgericht als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wird, mit der CDU als demokratische Partei in einen Topf werfen? „Uns macht der allgemeine Rechtsruck Angst“, sagt Lina Strotmann (25), die die Demo für die Gruppe angemeldet hat. „Uns reicht es nicht, gegen extreme Rechte zu demonstrieren.“ Nicht nur die AfD thematisiere im Wahlkampf stark die Migrationspolitik.
Die Bielefelder „Students for future“ hätten sich 2019 aus „Fridays for Future“ herausgebildet und arbeiteten eng mit der Organisation zusammen. Aktuell habe die Bielefelder Studentengruppe etwa 15 bis 20 Mitglieder. Dass so viele ihrem Aufruf über Social Media und Plakat in der Uni folgen, habe sie überrascht, so auch Mitstreiterin Amelie Schulz (21). „Wir hatten 350 Teilnehmer angemeldet“, sagt Strotmann, die „Genderstudies“ an der Bielefelder Uni studiert. Nicht nur Studenten, auch „Omas gegen rechts“, „Physikerinnen gegen rechts“, Vertreter von Antifa, „Greenpeace“ und Familien mit Kindern sind an diesem Tag dabei.

Mit Blick auf die schrecklichen Ereignisse in Aschaffenburg und Magdeburg müssten die Bürger eigentlich dafür demonstrieren, dass solche Ereignisse sich nicht wiederholen, so ein Passant. Dass unter anderem ein zweijähriges Kind von einem psychisch kranken Flüchtling erstochen wurde, sei natürlich schlimm, sagt auch Strotmann. Aber die Grenzen zu schließen, sei keine Lösung. Die Arbeit der Behörde müsse besser werden. Und die Hilfe für psychisch Kranke.
Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
Ziel des Protestzugs ist die Alte Synagoge an der Turnerstraße. Dort gibt es anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar bereits am Sonntag eine Gedenkminute. „Wir hatten erst überlegt, die Demo genau an dem Tag zu machen, haben uns dann aber doch für das Wochenende entschieden“, sagt Strotmann.
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