Bielefeld

So spannend ist das Römerlager in Bielefeld

Die sechs Führungen am Wochenende waren alle überlaufen

Von oben: Archäologin Bettina Tremmel zeigt am Grabungsschnitt Laserscan-Aufnahmen und Geländemodelle, bei denen das Ausmaß des römischen Lagers am Menkhauser Bach deutlich wird. Die Teilnehmer der Führungen lauschen interessiert und stellen Fragen. | © Sibylle Kemna

13.05.2019 | 13.05.2019, 11:01

Bielefeld. Ein Römerlager bei Haus Neuland in Sennestadt – diese Entdeckung macht die Menschen neugierig. Die sechs Führungen am Wochenende waren überlaufen. Familien, Paare, Hobbyhistoriker: alle strömten zum Feldzuglager aus römischer Zeit.

Bettina Tremmel ist erschöpft. „Ich rede seit elf Uhr ununterbrochen", sagt die wissenschaftliche Referentin für provinzialrömische Archäologie in Westfalen. Von dem großen Ansturm der Menschen auf die Führungen ist sie überrascht. „Es wird eng werden", sagt sie angesichts der mehr als 500 Menschen.

„Was das Sensationelle hier ist: dass das Lager nahezu komplett erhalten ist", erläutert die Archäologin. „Leider ist der Wall durch die Bewaldung und den Bodenbewuchs nicht zu sehen, aber diese Faktoren haben auch dazu geführt, dass alles bewahrt blieb." Kein Pflug hat hier die Wallstrukturen zerstört und vermutlich auch nicht der durchaus verbreitete Plaggenstich. „Wenn hier umfangreich Boden abgetragen worden wäre, wäre der Wall nicht erhalten geblieben."

"Jeder musste nur einen Meter graben"

Tremmel schildert anhand der aktuellen Grabung, wie die Römer und ihre Vasallen auf dem Feldzug Lager bauten und mit Wällen absicherten. „1.400 Meter Erdwall hört sich viel an, aber wenn 1.400 Mann vorgeschickt wurden, musste jeder nur einen Meter graben – das war zu schaffen."

Man wollte sich gegen die germanischen Partisanen absichern. Immer wieder machte Tremmel deutlich, dass das Sennestädter Lager etwas Besonderes ist. Die sogenannten Clavicula-Tore seien zum Beispiel nördlich der Alpen außer hier nur noch in Haltern nachgewiesen.
Anschaulich verdeutlicht Tremmel, wie die 20.000 Mann starke Truppe („als hätte sich ganz Sennestadt auf den Weg gemacht") sich durch das schmale Menkhauser Bachtal geschlängelt hat.

Die Legionäre hätten dabei ihren eigenen Proviant in Form von Korn mitgeschleppt und auch auf Mulis Mühlsteine dabeigehabt. „Das Schlagwort ist Frischegarantie", meint sie schmunzelnd.

Brotfladen in Feldbacköfen gebacken

Mit dem gemahlenen Korn haben sie in Feldbacköfen selbst Brotfladen gebacken. „Einen solchen würde ich gerne noch ausgraben", sagt Tremmel auf Anfrage eines Besuchers. Sie wünscht sich, dass der Ort in Denkmalpädagogik eingebunden wird und freut sich, dass mit Haus Neuland gleich eine Bildungsstätte vor Ort ist. Den „militärischen und kulturellen Zusammenprall von Römern und Germanen" könne man als Gegensatz „hervorragend in politische Bildung einbauen".

Hier werde auf keinen Fall umfangreich gegraben, betont Tremmel. „Nur in kleinen Bereichen mit einer Fragestellung." Wobei sie sicher ist: Arminius hätte sich geärgert über sein kleines Denkmal vor „Hermanns Küche": Er ist derjenige, der Varus die Suppe versalzen hat und dann steht er da noch nicht mal lebensgroß."