
Kaum ein Studio hat die Zombie-Action so geprägt wie Techland – und mit „The Dying Light: The Beast“ feiert die Reihe nicht nur eine technisch aufgemotzte, sondern auch emotional aufgeladene Heimkehr. Es ist das langerwartete „dritte“ Kapitel, das die Serie statt nach Harran oder das dystopische Villedor ins alpine Grenzland der Castor Woods schubst. Rund 13 Jahre nach den Ereignissen von „The Following“ kehrt Protagonist Kyle Crane als wandelnde Ikone zurück ins Genre, gefoltert und getrieben von Rache – und einem beängstigenden Hunger nach Gerechtigkeit.
Es geht um mehr als um die Apokalypse: Die Serie zelebriert hier die eigene DNA, ist aber gleichzeitig sensibel genug, den Überlebenskampf als politische Parabel für Isolation, Schuld und die fatalen Auswirkungen scheinbar menschengemachter Katastrophen zu lesen.
Was aber bleibt nach dem hype-verseuchten Social-Media-Vorglühen und dem Ringen um Fanservice? Der ambitionierte Versuch, mit einer mutigen Neuausrichtung der Spielwelt – abseits von Urbanität, hin zum Psychothriller im Wald – die Spielerinnen und Spieler neu zu packen.
Aus dem Archiv: „Dying Light 2“ im Test: Aufgeblasene Apokalypse
Worum geht’s in „The Dying Light: The Beast“?

„The Dying Light: The Beast“ setzt die Zombie-Saga fort und verlagert die Action in die verwinkelte Wildnis von Castor Woods. Hauptfigur Kyle Crane, einst in Harran gefangen, wird nun zum düsteren Racheengel, der nach Jahren illegaler Experimente aus einer geheimen Forschungseinrichtung ausbricht. Die Spielwelt, ein alpines Resort am Ende der Zivilisation, ist überlaufen von Untoten, tödlichen Mutationen („Chimären“) – und einem paramilitärischen Syndikat unter Führung des Pharmatycoon „Der Baron“.
Neue, coole Mechanik: Kyle kann das mutierende Chimären-Blut extrahieren, um seine Beast-Modus-Kräfte zu steigern. Diese Power-ups sind zentraler Fortschrittsmotor – je mehr Blut, desto stärker seine Transformation und Fähigkeiten.
Die Missionen wechseln zwischen offenen Survival-Aufgaben, dichten Storysträngen und optionalen Nebenquests, die teilweise erstaunlich viel Wert auf emotionale Tiefe und das Leid der Überlebenden legen. Auch die Hintergrundgeschichte legt zu: Von Podcast-Fundstücken über Zeitungsfetzen bis hin zu geheimen Asyl-Akten spinnt das Spiel eine dystopische Welt voller Schrecken und schmerzhafter Erinnerungen.
Die größte strukturelle Neuerung: Weniger map-überladene Sammelaufgaben (endlich!), mehr punktuelle, erzählgetriebene Survival-Momente mit starkem Fokus auf psychologische Konflikte.
Lesen Sie auch: „Days Gone Remastered“ im Test: Endlich das Spiel, das wir 2019 verdient hätten
Was hat uns gefallen?
Das Kampfsystem in „The Dying Light: The Beast“ ist ein kompromissloser Genuss für Action-Fans. Jeder Hieb mit improvisierten Waffen wird durch knackiges Treffer-Feedback und eine erstaunlich realistische Gore-Darstellung verstärkt, der Splatter bleibt ultrabrutal, ohne beliebig zu wirken.
Mit dem Alpen-Setting wagt Techland einen Bruch mit Serienkonventionen. Statt versmogter Urbanität bestimmen verfallene Ferienressorts, morastige Waldstücke und verlassene Siedlungen das Bild. Die Umgebungen wirken atmosphärisch dicht, dynamisches Wetter und Tag-Nacht-Rhythmus verleihen der Open World echtes Survival-Flair.
Das könnte Sie auch interessieren: „Luto“ im Test: Ist der Hype um das neue Horrorspiel berechtigt?
Überraschend viel Wert legt das Spiel auf emotionale Nebenquests. Die Figuren am Rand, mit denen Hauptcharakter Kyle Crane interagiert, wirken weniger wie Füllmaterial, als vielmehr wie kleine, eigenständige Geschichten – von Verzweiflung bis Hoffnung, von Schuld bis Trotz. Hier beweist das Writing neue Qualität und lässt sich Zeit für leise, nachdenkliche Töne.
Echter Clou bleibt aber die Beast-Modus-Mechanik: Nach Jahren missratener Experimente aktiviert Kyle eine Art Berserkerzustand, wächst über sich hinaus, heilt und mutiert für kurze Zeit. Das System verleiht dem Gameplay strategische Tiefe, fordert zum Risiko heraus und bringt in entscheidenden Situationen eine willkommene Härte und Erleichterung.
Doch nicht nur solo: Die Ko-op-Funktion erlaubt es, die gesamte Story mit bis zu vier Spielern durchzuspielen – ohne Frust über Progressionsverluste. Dazu gesellt sich das wieder erstarkt brillante Parkour-System: Fast alles ist kletter- und erkundbar, die Bewegungen wirken physisch stimmig und lassen keine Verzögerungen zu.
Was hat uns nicht gefallen?

Die Hauptstory von „The Dying Light: The Beast“ bleibt weitestgehend formelhaft, Freunde großer Twists oder origineller Gegenspieler werden hier eher enttäuscht. Antagonisten und Figuren des Schauspiels wirken oft wie Klischees, die Dialoge wiederholen Stereotype aus dutzenden Genrefilmen. Der erzählerische Mittelweg zwischen B-Movie-Charme und echter Charaktertiefe wird leider selten überschritten.
Das Parkour-System und der Enterhaken erfahren zwar Detailverbesserungen, bleiben aber stellenweise hakelig; nicht selten kommt Frust auf, weil manche Passagen mit Timing und Präzision eher nerven als fordern.
Lesen Sie auch: „Out of Sight“ im Test: Indie-Horror, der mit cleveren Ideen überzeugt
Auch die neuen fahrbaren Fahrzeuge sorgen eher für Ernüchterung: Sie dienen zwar als praktische Fortbewegung über die weite Map, das Fahrgefühl selbst bleibt aber steif, die Steuerung wenig inspirierend, und wirklich genutzt werden die Autos vor allem zum Überfahren von Untoten, nicht aber als eigenständiges mechanisches Highlight.
Echte Schwächen zeigt das Spiel sofort beim Spielbeginn beim Tutorial und den Einsteigerhilfen: Viele Systeme werden oberflächlich, andere sogar überkomplex erklärt; Neulingen kann das den Zugang ziemlich erschweren.
Visuelle und technische Macken gibt’s auch: Hier und da gehen Physikobjekte durch Wände, manchmal regnet es im geschlossenen Raum, gelegentlich tauchen Clipping-Fehler auf. Sie stören dank der flüssigen Performance nur selten den Spielfluss, aber im Kontext des Spielejahres 2025 bleibt die Optik zurück. Wir haben das Spiel auf der PS5 Pro getestet und hätten Raytracing oder modernere Lichtsysteme erwartet. Dafür gibt es native HDR-Unterstützung, die wir jedoch nach einigen Momenten deaktiviert haben, weil sie uns zu krass war.
Zum Schluss: Kämpfe gegen menschliche Gegner geraten schnell zur Routine – sie fühlen sich mit klassischen Deckungsshooter-Mechaniken austauschbar an und überzeugen im Gegensatz zu den packenden Auseinandersetzungen mit den Untoten wenig.
Noch mehr Spiele-Tests gibt’s auf unserer Themenseite: Game-Reviews & Game-News
Unser Fazit zu „The Dying Light: The Beast“
„The Dying Light: The Beast“ ist weder die radikale Erneuerung noch der innovative Quantensprung, aber als knallhartes Horror-Sandbox-Spiel funktioniert es besser denn je. Die Mischung aus brutalem Nahkampf, verstörender Mutationsmechanik und einer melancholischen, fast literarisch erzählten Open World macht das Game zum bislang besten Teil der Reihe – gerade, weil Techland auf Fan-Nähe setzt, repetitive Map-Aufgaben zurückfährt und die emotionale Tiefe nicht aus den Augen verliert.
Wer kluge Storyführung, Überraschungen oder komplexe Rollenspielentscheidungen sucht, wird enttäuscht – dafür gibt es im Blutrausch gegen 1.000 Untote so viel Adrenalin und Survival-Spannung wie seit dem ersten Serienteil nicht mehr.
Technische Mängel und erzählerische Mittelmäßigkeit werden durch unvergessliche Horror-Atmosphäre, brillant inszenierte Kämpfe und den Mut, auf das Wesentliche zu fokussieren, mehr als ausgeglichen. Die Bestie ist zurück – und so kompromisslos, wie Fans es erhofft haben.
„The Dying Light: The Beast“ ist seit dem 18. September 2025 erhältlich für Playstation 5, Xbox Series und PC. Das Spiel ist ab 18 Jahren freigegeben und kostet 60 bis 70 Euro.