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Scharfe Tortilla-Chips: "Challenges machen nicht cooler"

Auf Plattformen wie TikTok und Instagram verbreiten sich derzeit verschiedene Mutproben – und erreichen Tausende Minderjährige. Sie bezahlen für diese Aufmerksamkeit teils mit ihrem Leben.

Für Kinder und Jugendliche sind zahlreiche "Challenges" gefährlich. | © AFP

Wiebke Wellnitz
12.09.2023 | 12.09.2023, 10:29

Altersrichtlinien braucht es normalerweise nur für Alkohol und Zigaretten, nicht aber für Chips. Doch der Mais-Tortilla "Hot Chip Challenge" wird als so scharf eingestuft, dass ihn nur Erwachsene ab 18 Jahren kaufen dürfen. Dass die Einschätzung nicht unbegründet ist, zeigt nun ein Vorfall in Euskirchen. Auslöser war eine TikTok-Challenge. Doch das ist nicht der einzige Trend in den sozialen Medien, der gefährlich ist.

Tödliche "Hot Chip Challenge"

Auf der Videoplattform kursieren derzeit zahlreiche Videos der "Hot Chip Challenge". Die Herausforderung: Beim Essen des extrem scharfen Chips keine Miene zu verziehen. Diese Mutprobe wollten auch Gesamtschüler in Euskirchen bestehen – mit fatalen Folgen. 15 Schülerinnen und Schüler mussten ärztlich behandelt werden, ein Mädchen sogar im Krankenhaus. Unter anderem berichtet "Forbes", dass ein 14-Jähriger nach dem Verzehr eines Tortilla Chips des US-Herstellers Paquí am vergangenen Freitag gestorben ist.

Die Autopsie müsse noch die genaue Todesursache des Jungen aus Worcester Massachusetts klären. Laut seiner Mutter hat Harris an der "One Chip Challenge" teilgenommen. Das Produkt enthält "Carolina Reaper" - die laut Guinness-Buch schärfste Chili der Welt - und "Naga Viper"-Chili-Pfeffer. Sie musste ihn nach der Schule abholen, weil er ohnmächtig geworden war, nachdem er den Chip gegessen hatte. Zu Hause sei er nochmals bewusstlos geworden. In der Notaufnahme sei er dann gestorben. Die Familie hat gefordert, dass das Produkt nicht länger verkauft wird. Paquí hat nun reagiert und wird die Chips in Zusammenarbeit mit dem Handel aus den Sortimenten nehmen lassen. Auch wenn sich die Challenge explizit an Erwachsene richte, habe das Unternehmen zunehmend beobachtet, dass "Teenager und andere Personen die Produktwarnungen nicht beachten." Unter anderem sollten auch Schwangere keinesfalls diese Produkte verzehren. US-Verbraucher können bereits gekaufte Packungen zurückgeben und den Preis erstattet bekommen.

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Thomas Müller, Leiter der Gesamtschule Euskirchen, warnt ausdrücklich vor der Hot-Chip-Challenge. "Die Chips sind sehr, sehr scharf. Ältere nehmen es sicherlich anders wahr, aber gerade für Jüngere kann der Verzehr gefährlich sein. Bei uns haben die Kinder sehr heftig reagiert.“ Er spricht von Panikattacken, Atemwegs- und Hautreizungen sowie Magenproblemen. „Einige haben sich übergeben.“

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat an Jugendliche appelliert, sich nicht an gesundheitsgefährdenden Mutproben zu beteiligen. „Nicht jeder absurde Trend, der Klicks verspricht, muss nachgeahmt werden“, sagte Reul. Diese wahnwitzigen Challenges machten einen nicht cooler, und witzig seien sie auch nicht, so der Minister. „Alles was wehtut, sollte nicht nachgemacht werden. Ich appelliere da nicht nur an den Selbsterhaltungstrieb jedes Einzelnen, sondern an den gesunden Menschenverstand“, sagte Reul weiter.

Dass das nicht nur Jugendlichen so ergeht, zeigen entsprechende Videos. Auch Erwachsene kämpfen mit extrem tränenden Augen, Erbrechen und Magenkrämpfen. Kein Wunder: Der in Deutschland verkaufte Chip ist mit dem „Carolina Reaper Pepper“, der für rund 1,8 bis 2,2 Millionen Scoville-Einheiten (Tabasco-Sauce hat etwa 5.000 Scoville) sorgt, versetzt.

"No water"

Wer zu heiße oder zu scharfe Lebensmittel isst, versucht häufig mit dem Trinken von Wasser gegenzusteuern. Im Falle des "Hot Chip Challenge" wäre das wohl aussichtslos. Ein Instagram-Trend spricht dem Trinken von Wasser allerdings jegliche Wirkung ab. Influencer weisen unter #nowater auf die gesundheitsschädliche Wirkung des Wassers hin und werben dafür, nur noch Flüssigkeiten aus Früchten zu sich zu nehmen.

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Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung warnt vor dem Trend. Denn die Folgen der fehlenden Flüssigkeit seien die Unterversorgung von Muskel- und Gehirnzellen mit Sauer- und Nährstoffen. Dadurch entstünden Kopfschmerzen, eine verringerte Leistungsfähigkeit und Verstopfung.

"Blackout Challenge"

Ist schon der Verzicht auf Wasser ein erhebliches Gesundheitsrisiko, so ist es diese "Mutprobe" umso mehr. Die TikTok-Challenge kostete bereits mehrere Minderjährige das Leben. Bei der "Blackout Challenge" strangulieren sich Teilnehmer bis zur Bewusstlosigkeit und filmen sich dabei mit dem Handy. Eltern zweier verstorbener Mädchen in den USA klagen nun gegen die Plattform.

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"Sleepy Chicken Challenge"

Um besser einschlafen zu können, wird Hähnchenfleisch in Kombination mit dem Fiebersaft "Nyquil" angebraten. Doch dadurch wird die Mahlzeit hochgefährlich, wie die "Rheinische Post" berichtet. Denn durch das Erhitzen verdampfe Wasser und Alkohol, übrig blieben vor allem die restlichen Wirkstoffe in einer gesteigerten Konzentration.

"Benadryl Challenge"

Ähnlich gefährlich ist die „Benadryl Challenge“. Das an sich harmlose Antiallergikum wird in großen Mengen eingenommen, um Halluzinationen hervorzurufen. Doch die Wirkung ist vor allem für Minderjährige lebensgefährlich oder sogar tödlich.

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