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"Genshin Impact" im Test: Was ist dran am chinesischen Erfolgshit?

Das kostenlose Online-Rollenspiel ist ein echter Überraschungserfolg. Es lockt mit einer farbenfrohen Welt und einer tollen Story. Doch wie problematisch ist das Finanzierungsmodell?

Am Anfang der Story können Spieler aussuchen, ob sie lieber einen männlichen (r.) oder weiblichen (l.) Hauptcharakter haben wollen. | © miHoYo

Judith Gladow
17.10.2020 | 14.09.2022, 10:45

Das neue Rollenspiel Genshin Impact hat gerade einen rekordverdächtigen Erfolgsstart hingelegt. Mehrere Millionen Downloads in wenigen Tagen, zahlreiche Gamer streamen am laufenden Band live. Und es bringt seinem chinesischen Entwicklungsstudio einen echten Geldsegen. Die Kosten, die die Firma miHoYo in das Spiel investiert hat, waren laut eines Berichts von PC Games in nur zwei Wochen wieder drin.

Nun soll es wohl bald auch für die PS5 erscheinen. Wieso hat das Spiel einen solchen Hype ausgelöst? Und wie problematisch ist das System hinter der Finanzierung für das kostenlos spielbare Japano-RPG?

Information
  • Genshin Impact ist am 28. September offiziell erschienen.
  • Es kann auf PC und PS4 sowie mobil gespielt werden. Sowohl für iOS als auch für Android sind Versionen verfügbar.
  • Hinter dem Spiel steht die chinesische Firma miHoYo.

Zunächst einmal: Genshin Impact macht ziemlich viel Spaß. Es gibt eine riesige Welt, die zur Erkundung einlädt, und die ähnelt auch noch dem Switch-Hit "The Legend of Zelda: Breath of the Wild". Sie soll mit weiteren Updates sogar noch größer werden. Die Charaktere in dem RPG sind liebenswert und jeweils auf ihre eigene Art ein bisschen schräg. Viele von ihnen kann man mit etwas Glück auch ins eigene Team aufnehmen, aber dazu später mehr.

Spannende Story und fantastische Atmosphäre

Die Story ist spannend und das Gameplay am PC geht – zumindest für halbwegs erfahrene Spieler – gut von der Hand. Es ist nicht überfrachtet mit tausenden Fähigkeiten wie manch anderes Online-Rollenspiel. Ein schönes Feature ist auch der Koop-Modus in Genshin Impact, das seinen Fokus ansonsten auf das Solo-Abenteuer legt. Hier können bis zu vier Spieler etwa gemeinsam Bosse besiegen oder an speziellen Events teilnehmen.

Die Spielwelt Teyvat birgt viele Quests und so einige Geheimnisse. - © miHoYo
Die Spielwelt Teyvat birgt viele Quests und so einige Geheimnisse. | © miHoYo

Und dafür, dass das Spiel gerade erst offiziell raus gekommen ist, ist es erstaunlich frei von ärgerlichen Fehlern. Ein paar Kinderkrankheiten hat es zu Beginn noch bei der einen oder anderen Charakterfähigkeit gegeben, die aber die Freude an der farbenfrohen Welt von Teyvat nicht trüben können. Die bezaubert mit fantastischer Atmosphäre und toller Musik.

23 potenziell spielbare Charaktere gibt es schon – mehr sollen im Laufe der Zeit noch dazu kommen. Insgesamt vier können gleichzeitig im Team aktiv sein. Jeder Charakter hat eigene Fähigkeiten und ist einem Element zugeordnet: Feuer, Wasser, Eis, Wind, Erde, Blitz und in Zukunft wohl auch Holz. Zwischen den Elementen gibt es jeweils Wechselwirkungen, mit denen die Gegner sehr schnell viel Schaden abkriegen oder geschwächt werden können.

Der einzige Charakter, der am Ende alle Elemente beherrschen soll, ist der Reisende, aus dessen Sicht der Spieler die Welt erkundet. Auf dieser Erkundung liegt übrigens ein wichtiger Schwerpunkt in Genshin Impact: Eine geöffnete Kiste gibt etwa mehr Erfahrungspunkte als ein besiegter Gegner.

Die Sache mit dem Glücksspiel

Aber bei der Vielfalt seiner Charaktere liegt auch ein möglicher Knackpunkt. Denn das Spiel funktioniert nach dem sogenannten Gacha-System. „Gacha" bezeichnet eigentlich eine Art japanischer Glücksspielautomaten, wurde aber in den vergangenen Jahren zur Bezeichnung für eine spezielle Form der Monetarisierung von Free-to-Play-Modellen.

Auch Drachen gibt es in "Genshin Impact". - © miHoYo
Auch Drachen gibt es in "Genshin Impact". | © miHoYo

Aus einem Pool von Gegenständen oder eben Charakteren werden dabei nach dem Zufallsprinzip welche ausgewählt. Um zu spielen, benötigt man eine spezielle Währung, die man oftmals begrenzt über bestimmte Errungenschaften im Spiel, aber eben auch mit echtem Geld erwerben kann.

Während die meisten wahrscheinlich kein oder nur mal ein bisschen Geld in die Hand nehmen, investieren einige wenige Spieler teilweise mehrere Tausend Euro in diese als Minispiel getarnten Glücksspiele. Diese Spieler werden in der Szene als „Whales" (Wale) bezeichnet. Darum sollten gerade Menschen vorsichtig sein, die dafür anfällig sind. Und bei Minderjährigen sollten definitiv die Eltern ein Auge darauf haben.

Es geht auch ohne Geld

Nun muss man Genshin Impact zu Gute halten, dass es mit seinem Gacha-System nicht so aufdringlich ist, wie manches andere Spiel. Und auch ohne Geld auszugeben, kann man hin und wieder die im Spiel verdiente Währung nutzen.

Dennoch bekommt man die meisten Charaktere eben nur über „Wünsche", wie der Mechanismus hier genannt wird. Und einige der stärksten und beliebtesten Charaktere haben zudem eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit, gezogen zu werden.

Die frei verfügbaren Charaktere reichen aber auch: Drei kommen neben dem Hauptcharakter automatisch ins eigene Team, drei weitere kann man durch aktuelle Events zumindest im Moment noch frei ergattern. Insgesamt können diese alles schaffen, was das Spiel zu bieten hat – bis hin zu besonderen Herausforderungen im höheren Level-Bereich.

Fazit: Großer Spielspaß für Casual-Gamer

Genshin Impact ist auf jeden Fall eine Reise wert. Wer jedoch anfällig für Glücksspiel ist, sollte vorsichtig damit umgehen oder gleich die Finger davon lassen.

Vor allem mit dem Anspruch, möglichst schnell alles zu schaffen und den meisten Schaden zu machen, stößt man irgendwann an Grenzen und ist anfälliger für das Glücksspiel-System.

Am besten funktioniert Genshin Impact, wenn man es locker angeht. Wer die Weiten von Teyvat genießt wie einen guten Wein - in Maßen - hat auch genug zu tun, bis die nächste Region dazu kommt. Für alle Erkunder und Erforscher ist die wunderschöne Landschaft mit zahlreichen Schätzen ohnehin ein Fest.