Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Okay, das ist die arg vereinfachte Version dessen, was Männer mit ihren Kindern erleben. Weil seine Frau Faye das Zeitliche gesegnet hat, bleibt der schweigsame Göttertöter Kratos zurück - und erlebt und erleidet in einem packenden Abenteuer mit seinem Sohn, was es heißt, zusammen erwachsen zu werden.
Ist das eigentlich noch God of War, haben sich nicht wenige Spieler vor und nach dem Release gefragt. Bisher bestand die Serie vor allem daraus, in spektakulär brutalen Sequenzen Monster und Götter des Olymps mit dem "Geist Spartas" zu verhackstücken. Für eine tiefergehende Geschichte blieb meist wenig Platz. Und dieses Mal?
Serienfans bekommen in jedem Fall reichlich knackige Kämpfe geboten. Doch was den neuen Teil tatsächlich ausmacht, ist die Tatsache, dass er sich von den Haudrauf-Mechaniken der Vorgänger emanzipiert - und eine Vater-Sohn-Geschichte erzählt, die der Post-Metoo-Ära würdig ist.
Der Sohn? Erstmal im Weg
Kratos ist zu Beginn des Spiels reichlich gealtert und mit Haut und Haaren ergraut. Mit seinem Sohn Atreus lebt er in einem Wald in den Nordlanden - und verbrennt als erste Amtshandlung seine verstorbene Ehefrau. Ihre Asche wollen die beiden Hinterbliebenen auf dem höchsten Berg der Gegend verstreuen.
Blöd nur, dass die nordischen Götter da gewaltig was dagegen haben - und ein ungutes Interesse an Atreus zu haben scheinen. Überstürzt muss Kratos aufbrechen, seinen vielleicht zehnjährigen Sohn im Gepäck. Dem kraftstrotzenden Axtschwinger ist anzumerken, wie sehr er den Jungen zu Beginn als Last empfindet. Erst nach und nach wachsen die beiden zusammen, akzeptieren auch die vermeintlichen Schwächen des anderen.
Atreus tut alles dafür, seinem Vater zu beweisen, dass er nicht der schwache Ballast ist, für den der ihn zu halten scheint. Kratos hingegen lernt erst mit den Herausforderungen, denen er sein Kind aussetzt, wie er ihm ein guter Vater sein kann.
"Verschließe dein Herz"
Ein Beispiel: Als Atreus zum ersten Mal einen Menschen töten muss, um selbst zu überleben, landet der tote Körper direkt auf ihm, die leeren Augen starren Atreus an. Als Kratos endlich bei seinem Sohn ist, schafft der es nur kurz, die Tränen zurückzuhalten. Doch statt Atreus anzubrüllen, wie er es zuvor getan hat, lässt Kratos ihm einen Moment, die Hand auf seiner Schulter. Dann gibt er ihm die Lektion, die die Welt ihn selbst nach zahllosen Schlachten gelehrt hat: "Verschließe dein Herz davor."
Das Ganze veranschaulicht noch etwas: Kratos ist trotz seiner Trauer nicht zum gefühlsduselnden Philosophen geworden. Er ist er selbst, im Grunde nur ein Krieger, dem seine übermenschliche Kraft im Umgang mit seinem Kind rein gar nichts bringt. Eine spannende Ausgangslage.
All das soll vor allem eines sagen: Den Entwicklern ist erzählerisch ein Meisterstück gelungen. Die detailreiche und wunderschöne Spielwelt bildet dazu die mehr als angemessene Kulisse. Und obendrauf ist das Spielgefühl durch zahlreiche schlaue Neuerungen noch immer der Reihe würdig.
Kämpfen, Erkunden, Sammeln
Kämpfen tut Kratos nämlich mit einer Axt, die er mit starken oder schnellen Angriffen führen kann - oder er wirft sie eben. Das eröffnet im Zusammenspiel mit Schild-Konterattacken, Runenzaubern und dem Bogen von Sohnemann Atreus einen Haufen Möglichkeiten - die wir im Kampf gegen die unterschiedlichen, teilweise riesigen Monster auch brauchen. Manchen fügt unsere Axt nämlich gar keinen Schaden zu, wir müssen Sie von Atreus betäuben lassen und dann mit bloßen Händen vermöbeln.
Zusätzlich dürfen wir mit erbeuteten Gegenständen unsere Rüstung und Waffen verbessern und unseren Kampfstil mit neuen Fähigkeiten anpassen. Das Kampfgefühl hat Entwickler "Santa Monica Studio" hervorragend hinbekommen, die Axt fühlt sich angenehm schwer an, die Treffer damit umso krachender.
Haufenweise Sammelquests laden in den Kletter- und Erkundungspassagen zum genauen Hingucken ein, auch wenn wir uns von ihnen etwas mehr Abwechslung erhofft hätten. Insgesamt entsteht so, gepaart mit der tollen Geschichte, ein Spielfluss, der für das Action-Adventure-Genre Maßstäbe setzt. Den Controller aus der Hand zu legen fällt uns regelmäßig sauschwer. Eine klare Kaufempfehlung also!
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