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Tatort aus Ludwigshafen: Gut gemeint, schlecht gemacht

Lena Odenthal und Johanna Stern ermitteln im rechtsextremen Milieu. Wir lernen: Die Nazis von heute tragen immer noch Bomberjacke und Springerstiefel.

Die Ludwigshafener Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, l.) und Johanna Stern (Lisa Bitter) ermitteln am Sonntag, 14. Februar wieder. | © SWR/Jacqueline Krause-Burberg

Sebastian Beeg
14.02.2021 | 08.04.2021, 17:30

Bielefeld. Die Handlung des neuen Tatorts "Hetzjagd" (So., 14. Februar um 20.15 bei ARD) aus Ludwigshafen klingt zunächst vielversprechend. Der Konzertveranstalter Till Meinecke (Tom Sommerlatte) wird morgens beim Joggen erschossen. Meinecke engagierte sich mit Konzertprojekten gegen Rechts, wurde von der rechtsextremen Szene bedroht und hatte sogar bei Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) Polizeischutz beantragt.

Bei der anschließenden Fahndung geht der Polizei Ludger Rehns (Daniel Noël Fleischmann) ins Netz, der Mitglied einer rechtsextremen Gruppierung ist. Rehns hatte einen Anschlag auf Meinecke vorbereitet, streitet aber ab, etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Lena Odenthal und ihre Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) nehmen die Ermittlungen auf.

"Hey Kollege, auf ein Wort."

So spannend sich das Szenario auch liest, beim Zusehen stellt sich rasch Enttäuschung ein. Denn dieser Odenthal-Tatort ist nicht gut. Und das hat zwei Gründe. Zum einen sind es handwerkliche Probleme. Stern ist nicht mehr als eine bloße Stichwortgeberin, die Dialoge wirken abgehackt. Wenn zudem Lena Odenthal einen jungen Polizisten mit den Worten „Hey Kollege, auf ein Wort" anspricht, dann wirkt das arg hölzern und gestellt.

Außerdem wird auch hier wieder Polizeiarbeit hanebüchen dargestellt. Maria (Anna Herrmann), die Freundin des Opfers, darf den Toten noch am Tatort beweinen und anfassen. Danach fahren die Kommissarinnen mit ihr durch halb Ludwigshafen. Vorher wird das Verhör noch schnell in die Wohnung des Opfers verlegt, wo dann auch Verfassungsschutzmann Leonhardt (Oliver Stritzel) unvermittelt erscheint. Von Seelsorge oder Opferschutz keine Spur.

Das Klischee vom "Einzeltäter"

Zum anderen ist da das Thema Rechtsextremismus, das der Film behandeln will. Rehns ist blond, über und über mit Nazisymbolen tätowiert. Er ist beseelt davon, den „Volksverräter" Meinecke zu töten und glaubt selbst noch in der Zelle, dass der Endsieg nah ist. Und obwohl Rehns Mitglied einer rechtsextremen Gruppe sein soll, ist er im Prinzip der berühmte „Einzeltäter". Genauso wie „Einzeltäter" den Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 verübt haben. Oder ein „Einzeltäter" Walter Lübcke, den Regierungspräsident von Kassel 2019 erschossen haben. Oder der NSU aus „Einzeltätern" bestand.

Dabei gibt es im Verlauf des Films eine Szene, durchaus gut gemacht, deren Potenzial aber nicht entfaltet wird. Die Ermittlerinnen sind beim Kriminaltechniker Peter Becker (Peter Espeloer), der Spuren gesichert hat. Neben den Schuhabdrücken von Rehns wurden noch weitere Fußspuren gefunden. Schuhe einer amerikanischen Fitnessmarke."Nicht gerade der rechtsextreme Style, oder?", fragt Becker. Und Stern erwidert: „Gibt’s den überhaupt noch, den rechtsextremen Style?". Das hätte Anlass gegeben, sich dem Thema zu nähern, tiefer in die Szene einzutauchen und dazugehörige Strukturen zu beleuchten.

"Das war nicht genug."

Doch diese Chance wurde vertan. Stattdessen begnügt sich der Film damit, neben Rehns vor allem seine Freundin Hedwig (Anne-Marie Lux) zu zeigen, in Bomberjacken und Springerstiefeln. Dazu ein paar Allgemeinplätze zur Demokratie und schon ist das Thema abgehandelt. Der Rechtsextremismus dient allenfalls nur als Mittel, um gewollt Spannung zu erzeugen und die dünne Story auf etwa 80 Minuten Länge zu strecken.

In den ersten Minuten, als die beiden Kommissarinnen zum Tatort kommen, da erzählt Odenthal ihrer Kollegin, dass der Ermordete aufgrund seines Engagements gegen Rechts um Polizeischutz gebeten habe, der, trotz Odenthals Einsatz, nicht gewährt worden ist. Stern sagt: „Du hast alles getan. Alles, was in deiner Macht stand." Odenthal entgegnet darauf: „Das war nicht genug. Vermutlich." In Bezug auf diesen Tatort müsste Letzteres durch „Tatsächlich" ersetzt werden.

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Tatort Ludwigshafen