Berlin

Lifeline-Kapitän sagt aus Protest Teilnahme an Hayali-Talkshow ab

"Wir sehen keinen Sinn darin, auch noch in Talkshows Menschenrechte zu verteidigen", so die Lifeline-Crew. "Das tun wir in der Praxis bereits täglich."

Dunja Hayali talkt ab sofort einmal im Monat im ZDF. Der Kapitän der "Lifeline" wollte nicht kommen. | © ZDF, Svea Pietschmann

Matthias Schwarzer
19.07.2018 | 20.07.2018, 06:42

Berlin. Dunja Hayali hat sich viel vorgenommen. In ihrer Talkshow, die künftig einmal im Monat im ZDF läuft, will die Moderatorin mit Menschen reden, "die uns berühren", heißt es in einem Werbetext. Einer allerdings wollte am Mittwoch nicht mit Dunja Hayali reden: Flüchtlingsretter Claus-Peter Reisch.

Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch. - © dpa
Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch. | © dpa

Einige Stunden vor der Ausstrahlung der Sendung sagte das Team der "Lifeline" den Auftritt seines Kapitäns ab. Als Grund nannten die Flüchtlingsretter die Gästeauswahl der Sendung: Mit dem Politikberater Gerald Knaus und dem stellvertretenden Bild-Chefredakteur Nikolaus Blome wolle man sich nicht zusammen in eine TV-Talkshow setzen.

"Die menschenverachtende Position von Herrn Blome ist des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nicht würdig", so die "Lifeline" auf ihrem Twitter-Account. "Wer Lager fordert, hat die europäische Geschichte nicht verstanden. Wir haben unmittelbar nach Bekanntwerden der Personalie abgesagt."

Kritik am EU-Türkei-Deal

Das Team der "Lifeline" spielt mit seiner Kritik auf einen Kommentar des Bild-Redakteurs an. In dem Text "Not und Ziel" schreibt Blome, dass Menschen zwar aus Seenot gerettet werden, sie aber nicht auch automatisch an das Ziel ihrer Wünsche gebracht werden müssten. In diesem Zusammenhang nennt er als vermeintliches Positiv-Beispiel den EU-Deal mit der Türkei. Dabei werden Flüchtende nach Ankunft in Griechenland wieder zurück in die Türkei gebracht. Gerald Knaus von der "European Stability Initiative" hatte das Flüchtlingsabkommen seinerzeit eingefädelt.

Die "Lifeline" dazu: "Der Türkei-Deal und das australische Modell sorgen für Tote und die Aushöhlung des Asylrechts. Wir sehen keinen Sinn darin, gegen deren Erfinder Gerald Knaus und Verfechter Nikolaus Blome auch noch in Talkshows Menschenrechte zu verteidigen. Das tun wir in der Praxis bereits täglich."

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Wir bieten an dieser Stelle weitere externe Informationen zu dem Artikel an. Mit einem Klick können Sie sich diese anzeigen lassen und auch wieder ausblenden.
Wenn Sie sich externe Inhalte anzeigen lassen, erklären Sie sich damit ein-verstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden.
Weitere Hinweise dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

In Ihrer Sendung ging Dunja Hayali nicht näher auf die Kritik des Kapitäns ein. Die "Welt", die wie die Bild-Zeitung zum Springer-Verlag gehört, urteilte am Donnerstag in ihrer TV-Kritik: Claus-Peter Reisch sei das Thema "zu heiß" gewesen.

Mehr Tote im Mittelmeer denn je

Reisch und seine Lifeline-Crew hatten durch ihre Rettungsaktionen im Mittelmeer bundesweite Bekanntheit erlangt. Das private Schiff war vor einigen Wochen auf Malta festgesetzt worden. Der Vorwurf: Das Schiff sei nicht ordnungsgemäß registriert worden. Der Kapitän kam zunächst mit Zahlung einer Kaution auf freien Fuß und muss sich bald auf Malta vor Gericht verantworten. Moderator Jan Böhmermann sammelte daraufhin weit über 200.000 Euro für die Prozesskosten der Crew.

In den vergangenen Wochen hatte auch die italienische Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega immer wieder Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen wurde die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt. Allein im Juni ertranken deshalb deutlich mehr Menschen auf dem Mittelmeer als in den vergangenen fünf Jahren.

Erst in dieser Woche hatte die libysche Küstenwache offenbar drei Menschen auf dem Wasser auf einem kaputten Schlauchboot sterben lassen. Claus-Peter Reisch sprach angesichts des Vorfalls von "Mord".