Gesundheit

Wie ein Roboter im Klinikum Bielefeld im OP hilft

Bereits einen Tag nach seiner Knie-Operation kann Alfons Buch wieder laufen. Wie das geht? Wir haben direkt im Operationssaal Antworten gesammelt.

Präzise analysiert der Roboter das Kniegelenk. | © Jan-Philipp Adams

Julia Fahl
29.08.2019 | 29.08.2019, 20:22

Bielefeld. Klack. Klack. Die Krücken fest in der Hand geht Alfons Buch über den Klinikflur. Vorsichtig setzt der 79-Jährige nacheinander seine Füße auf den Boden. An seinem rechten Bein prangt ein Verband, gut zu sehen unter der kurzen Hose. Vorbei geht’s an den Rollstühlen. Die braucht Alfons Buch nicht. Obwohl er erst am Vortag an seinem rechten Knie operiert wurde und ein künstliches Kniegelenk eingesetzt bekommen hat.

Dass er schon jetzt, nur 24 Stunden nach der Operation, wieder auf den Beinen sein kann, grenzt an ein kleines Wunder. Möglich macht das seit Oktober ein neuer Mitarbeiter im Klinikum Bielefeld: Mako. Das ist ein Roboterarm, der bei Knie-Operationen assistiert. Dank seiner Unterstützung können die Ärzte noch präziser operieren.

Die Operation beginnt

Prof. Dr. Ludger Bernd führt mit Roboter Mako die Operation durch. - © Jan-Philipp Adams
Prof. Dr. Ludger Bernd führt mit Roboter Mako die Operation durch. | © Jan-Philipp Adams

Ein kleiner Zeitsprung zum Vortag: Im OP-Saal 5 liegt Alfons Buch um kurz vor halb neun morgens bereits narkotisiert auf dem OP-Tisch, sein rechtes Knie wird vom grellen Licht der OP-Lampen ausgeleuchtet. Neben ihm steht Ludger Bernd, Professor und Chefarzt der Klinik für Orthopädie. Er leitet die OP. „Skalpell." Bernd setzt den ersten Schnitt. „Auch bei einer OP mit Mako wird das Kniegelenk erst ganz konventionell geöffnet", erklärt er.

Nur wenige Minuten dauert es, schon ist die Kniescheibe beiseitegeklappt – und der Blick auf das Gelenk darunter frei. „Gut zu sehen ist nun die Arthrose", sagt Bernd und zeigt auf eine sogenannte Knorpelglatze. „Stellenweise ist gar kein Knorpel mehr vorhanden oder nur noch beschädigter Knorpel." Hinzu kommt, dass Alfons Buch ein O-Bein hat. Dieses – und damit die Stellung der Bänder – soll in der OP korrigiert werden. „Er wird das Bein nach der OP wieder gerade strecken können", verspricht Bernd.

Jetzt kommt der Roboter zum Einsatz

Eine halbe Stunde nach Beginn wird Mako an den OP-Tisch gerollt. Doch was genau macht der Roboterarm eigentlich? „Mithilfe von Mako wird bereits vor der OP ein dreidimensionales Bild von dem Kniegelenk erstellt." Grundlage dafür ist eine Computertomographie (CT). „Mit diesem 3D-Bild wissen wir ganz genau, wie die knöchernen Verhältnisse im Kniegelenk sind." Die Mediziner planen daraufhin, wie sie das Kunstgelenk in dem Knochen optimal verankern können. „Der Roboter hilft bei der exakten Ausführung dessen, was wir geplant haben. Hat Mako alle nötigen Informationen, arbeitet er wie ein GPS-System."

Der Chef im OP ist aber nach wie vor der Operateur – und nicht Mako. „Ich sage dem Roboter, was er zu tun hat." Und so sägt Mako, geführt von Ludger Bernd, in sechs Schnitten Knochenfragmente weg, damit das neue Gelenk optimal eingesetzt werden kann. Präzisionsarbeit, die eine menschliche Hand nicht leisten kann.

Auf dem Monitor ist zu sehen, wie eine grün gefärbte Knochenfläche Schnitt für Schnitt verschwindet. „Unser Ziel ist immer, dass wir möglichst wenig Knochen entfernen", sagt Bernd. „Auch dabei hilft uns Mako." Weitere Vorteile: „Die Patienten verlieren weniger Blut, ihre Schmerzen verschwinden nach der OP schneller als bei der herkömmlichen Methode und die Funktion des Gelenks tritt schneller ein", zählt Bernd auf.

Mit dem Roboter wird millimetergenau operiert

Währenddessen arbeitet der Roboterarm nicht nur sehr genau, sondern auch nur in einem ihm vorgegebenen Radius. Schon bei einer Abweichung von weniger als einem Millimeter stoppt das Gerät. „So verletzen wir nicht versehentlich Nerven, Venen oder Arterien."

„Roboter fertig!" Mako wird nach etwa einer Stunde beiseite gerollt. Jetzt ist wieder Handwerk gefragt. Das offene Knie wird gereinigt, damit der Zement, der künftig das Kunstgelenk an Alfons Buchs Knochen binden wird, besser haftet. In nur 12 bis 15 Minuten härtet er aus, beigefügt wird ihm ein entzündungshemmendes Antibiotikum, und er hält bis zu 20 Jahre.

Aus einem Karton entnimmt Bernd ein steriles Gelenkimplantat, trägt darauf Zement auf und befestigt es schließlich mit einigen Schlägen an seinem Bestimmungsort. „Das wird noch dauern, bis der Roboter auch das übernehmen kann", erklärt Bernd und hinter seinem Mundschutz ist ein Lächeln zu erahnen. Um 9.45 Uhr ist der Zement ausgehärtet, das Knie wird zugemacht. Um 10.02 Uhr hat Alfons Buch alles überstanden.

So geht es dem Patienten am Tag danach

Zurück im Krankenzimmer am Tag danach: Alfons Buch sitzt nach seinem Ausflug auf der Kante seines Betts. Wie es ihm geht? „Ich fühle mich fast normal. Völlig schmerzfrei", antwortet er. „Ich kann Bewegungen gut ausführen, die vorher gar nicht denkbar waren."