Nach Messerangriff in Bielefeld: Es ist trotzdem richtig, die Pokalparty zu feiern

Bielefeld. Die Stadt kann es kaum noch erwarten. An diesem Wochenende steigt endlich das große Pokalfinale zwischen Arminia Bielefeld und dem VfB Stuttgart. An jeder Ecke kann man die Vorfreude spüren, überall entdeckt man Arminiaschals, -trikots oder -banner. Es ist das Wochenende des Jahres für eine ganze Region. Und doch feiern die Menschen nicht so unbeschwert und losgelöst, wie man es vor einem solchen Fußballfest gehofft hätte. Denn das erschütternde Ereignis vom vergangenen Wochenende wirft seine Schatten auf die Pokalparty: Vor der Bielefelder Szene-Bar &bdquo;Cutie“ hat ein 35-jähriger Syrer offenbar wahllos Menschen angegriffen. Fünf Personen wurden verletzt, vier von ihnen schwer, zwei befanden sich vorübergehend in Lebensgefahr. Mittlerweile wurde der Tatverdächtige gefasst. Es besteht der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert und als Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verstehen ist. Zu den Opfern gehören auch Bielefeld-Fans. Ein 26-jähriger Armine gilt als Lebensretter der Menschen, die vor dem &bdquo;Cutie“ angegriffen wurden, weil er den mit Messer und Stockdegen bewaffneten Angreifer als Erstes attackierte, um ihn von den Feiernden abzubringen. Er tat das, obwohl er selbst schon am Bein schwer verletzt war. Im Liveticker: Die Fanparty in Bielefeld und Berlin rund um das Pokalfinale Der Schock in Bielefeld sitzt tief Glücklicherweise sind mittlerweile alle Verletzten außer Lebensgefahr. Doch auch wenn sie körperlich auf dem Weg der Besserung sind: Das schockierende Ereignis hallt nach, sowohl für die direkt Betroffenen, als auch für die Stadt und die gesamte Fangemeinde. Die größte Arminia-Ultragruppe &bdquo;Lokal Crew“ schrieb in einem Fanbrief: &bdquo;Wir sind noch alle geschockt. Die Geschehnisse vom Wochenende am ,Cutie’ in Bielefeld werden uns noch lange beschäftigen.“ Am ursprünglichen Plan in Sachen Unterstützung und Jubel wollen die Ultras nun, da alle Opfer außer Lebensgefahr sind, festhalten. Vielen Bürgern der Stadt geht es ähnlich, sie bleiben unsicher und verängstigt zurück. Am Wochenende stehen in Bielefeld während des Pokalfinales große Public Viewings am Samstag und die Feier der Meisterschaft und eines möglichen Pokalsieges am Sonntag an. Allein am Rathaus rechnen die Organisatoren am Sonntag mit 50.000 Besuchern. Wie geht man vor dem Hintergrund der Tat mit einer solchen Mega-Veranstaltung unter freiem Himmel um? Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen ist sich der herausfordernden Lage bewusst. &bdquo;Wir sind erschüttert und in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien.“ Über Social Media sei er umgehend aufgefordert worden, die Aufstiegsfeier abzusagen. Doch das sei trotz des Ereignisses nicht der richtige Weg: &bdquo;Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir uns nicht unsere Freiheit nehmen lassen.“ Mehr zum Thema: Public Viewings in Bielefeld – Hier können Sie am Samstag das Arminia-Pokalfinale verfolgen Die Pokalparty ist ein richtiges Zeichen Er wisse, dass es so etwas wie eine hundertprozentige Sicherheit nicht geben könne. Also wird gefeiert. Diese Entscheidung wird sich der Oberbürgermeister nicht leicht gemacht haben. In dieser Situation, die von Unsicherheit und Angst geprägt ist, ist es aber genau das richtige Signal. Wir dürfen uns diesen historischen Moment durch so eine Tat nicht nehmen lassen. Doch es geht um weit mehr als nur das Pokalwochenende und die Feiern in der Innenstadt. Schon jetzt instrumentalisieren Rechtsradikale die Tat. Unter dem Motto &bdquo;Anteilnahme für die Opfer vom 18. Mai und Remigration“ wollen sie am Samstag durch die Stadt marschieren. Das Bielefelder &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ und weitere Organisationen haben bereits Gegenprotest angemeldet. Lesen Sie auch: 50.000 feiern am Sonntag Bielefelder Mega-Party nach Berliner Arminia-Pokalfinale Sicherheit wird ein wichtiges Thema für die Kommunalwahl Es wäre absolut falsch, die Ängste der Bielefelder Bürger einfach abzutun und damit den Rechten in die Hände zu spielen. Denn die Sorge um die Sicherheit ist bei vielen vorhanden. Bei der ersten Debatte der Oberbürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten – organisiert von der Bezirksschülervertretung – war der Messerangriff für die Schüler das entscheidende Thema. Sie machen sich Sorgen um die Sicherheit in Bielefeld. Auch die Umfragen auf nw.de, die zwar nicht repräsentativ sind, aber doch ein gutes Stimmungsbild abgeben, machen deutlich: Die Frage nach der Sicherheit überlagert alle anderen Probleme der Stadt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sie das entscheidende Thema bei der Kommunalwahl im September werden könnte.

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