Elmar Brok: Blair fordert zweites Referendum über den Brexit

Berlin/Bielefeld. Die Stimmen prominenter britischer Politiker, die ein zweites Referendum über einen möglichen Brexit fordern, werden immer lauter. Jetzt hat sich erneut der ehemalige britische Premier Tony Blair in diese Debatte eingeschaltet. Er sprach in Berlin beim J. P. Morgan International Council und traf dabei auch mit dem Bielefelder Europaabgeordneten Elmar Brok zusammen. "Blair will, dass Großbritannien in der EU bleibt" "Blair ist dafür, dass Großbritannien in der EU bleibt und will dafür ein zweites Referendum in seinem Land abhalten", fasst Brok die Quintessenz der Äußerungen Blairs zusammen. Nach Blairs Ansicht gebe es im britischen Unterhaus derzeit keine Mehrheit für einen Ausstiegsvertrag, egal, wie dieser letztlich aussehen werde. Vor wenigen Tagen erst hatten in London rund 700.000 Menschen in London ebenfalls für ein zweites Referendum in der Brexit-Frage demonstriert. "Das muss bis Ende Februar 2019 gelaufen sein" Broks Einschätzung zufolge müssten aber erst Neuwahlen in Großbritannien ausgerufen werden, um ein solches Referendum überhaupt durchsetzen zu können. "Ich sehe niemanden im Unterhaus, der für ein Referendum die Führung übernimmt", schätzt Brok die innenpolitische Lage in London aktuell ein. Auf jeden Fall müsse eine zweite Volksabstimmung "bis Ende Februar 2019 gelaufen sein". Denn das Austrittsdatum Großbritanniens aus der EU sei mit dem 29. März 2019 um 24 Uhr "unabänderlich - es sei denn, es gab zuvor ein zweites Referendum oder wir haben einen Austrittsvertrag mit einer Übergangsregelung". Brexit-Befürworter auf Distanzzu Nordirland und Schottland Gebe es beide genannten Voraussetzungen nicht, sei ein harter Brexit wahrscheinlich, so Brok. Mittlerweile seien sogar Strömungen unter den harten Brexit-Befürwortern auf der britischen Insel wahrzunehmen, die auf Distanz zu den beiden dem Brexit gegenüber kritisch eingestellten Landesteilen Nordirland und Schottland gingen. Die Frage einer möglichen harten Grenze zwischen der Republik Irland und der zu Großbritannien zählenden Provinz Nordirland ist aktuell einer der größten Streitpunkte in der Debatte über einen Austrittsvertrag zwischen der EU und Großbritannien. Beobachter befürchten unter anderem ein Wiederaufflammen des Irland-Konflikts. In Schottland spitzt sich unterdessen die Brexitdebatte im dortigen Regionalparlament weiter zu. Dort waren beim Referendum 2016 rund 62 Prozent der Stimmen für einen Verbleib Schottlands in der EU abgegeben worden, nur 38 Prozent hatten für den Brexit gestimmt. Schottland will Parlamentsentscheid vor London Der schottische Verfassungsminister Michael Russell sagte vor dem Regionalparlament in Edinburgh, die schottischen Abgeordneten würden noch vor einer politischen Entscheidung im Londoner Unterhaus über ein mögliches Brexit-Abkommen befinden. "Wenn die britische Regierung die Option auf den Tisch legt, im Binnenmarkt und in der Zollunion zu bleiben, werden wir das unterstützen. Jede andere Option als in der EU zu bleiben, lehnen wir ab", sagte Russell. Zwar hätte ein solches Votum keine bindende Wirkung für das Parlament in London, doch der Druck auf die britische Premierministerin Theresa May würde sich weiter deutlich erhöhen. Dabei hat May derzeit innenpolitisch schon genug Ärger, ist doch ihre konservative Minderheitsregierung auf das Wohlwollen der irischen Kleinstpartei DUP im Unterhaus angewiesen. Die DUP verfügt dort über lediglich zehn Mandate. DUP-Parteichefin Arlene Foster hatte May mehrfach vor einem "zwielichtigen Deal" in der Brexitfrage gewarnt. Es dürfe keine harte Grenze zwischen Nordirland und der zur EU gehörenden Republik Irland geben, weil dies die nordirische Wirtschaft auf lange Sicht schächen werde, sagte sie.

Meistgelesen