Was hinter dem Vorschlag zum Handel mit kommunalen Daten steckt

Bielefeld. Skandal um Datenleck bei Facebook, Adressenhandel einer Post-Tochterfirma im Wahlkampf und ab Mai gilt die neue Datenschutzgrundverordnung: In diese Lage wirft der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) eine Idee für eine zukünftige Einnahmequelle von Kommunen. Daten seien das Öl des 21. Jahrhunderts und mit ihnen ließen sich wichtige Einnahmen erzielen, sagt Gerd Landesberg. Im Mittelpunkt stehen vielfältige Daten, die von Kommunen erfasst werden. Die Kritik an dem Vorstoß ließ nicht lange auf sich warten. "Die Städte betreiben keinen Handel mit Daten", erklärte der Hauptgeschäftsführer des zweiten Spitzenverbandes, dem Deutschen Städtetag, Helmut Dedy. Außerdem sei der Schutz personenbezogener Daten ein kostbares Gut für die Städte. Unabhängig von der rechtlichen Grundlage müsse gefragt werden, ob die Weitergabe persönlicher Daten zu privatwirtschaftlichen Zwecken zum Geschäftsmodell werden solle, wendet Linken-Chefin Katja Kipping ein. Auch der Grüne Konstantin von Notz äußert Kritik in diese Richtung. Allerdings darf man den Vorschlag nicht zu eng mit den aktuellen Datenskandalen verweben. Bei den Facebook-Daten geht es um Informationen, die jeder Nutzer freiwillig angegeben hat und über die Geschäftsbedingungen des Unternehmens auch einer möglichen Weitergabe zugestimmt hat. Problematisch ist, dass das soziale Netzwerk die Nutzer nicht über die Art der Weitergabe informiert hat. Dazu ist die Überprüfung zum Hintergrund der App, mit der die Daten abgerufen wurden, im Hause Facebook nachlässig verlaufen. Darin begründet sich der Skandal. Adressdaten als Ware Kein Skandal dagegen ist, dass ein Tochterunternehmen der deutschen Post im Wahlkampf anonymisierte Daten an Parteien verkauft hat. Es gibt einen Markt dafür, dort tummeln sich nicht nur Parteien im Wahlkampf. Besonders Anbieter und Interessenten aus dem Bereich Marketing, Vertrieb und Direktvermarktung sind dort aktiv. Angereichert werden die Daten mit statistischen Werten, die es ermöglichen, Zielgruppen genauer bestimmten zu können. Dabei besteht jedoch eine recht große Unschärfe. Die Daten erhalten Firmen unter anderem durch das Anbieten von Gewinnspielen oder Zukauf. Möglich ist dies nur, wenn der Kunde einer Weitergabe seiner Daten zugestimmt hat. Eine Abfrage von Meldedaten bei Städten und Gemeinden ist grundsätzlich für jeden Bürger möglich. Allerdings lohnt sich dieses für Werbe- und Adressunternehmen in der Regel nicht, da die Kosten für die Bearbeitungsgebühr in der Regel zu hoch sind. Ein direkter Zugriff auf Meldedaten durch Unternehmen ist nicht zulässig. "Datenschutz hat bei Gemeinden eine hohe Priorität", bestätigt Bielefelds Datenschutzbeauftragter Klaus-Dieter Girsch. Personenbezogene Daten besonders geschützt Hinsichtlich personenbezogener Daten oder in anderer Art und Weise schutzwürdiger Daten solle es keine Ausnahmen von den bestehenden Datenschutzregeln geben, bestätigt DStGB-Pressesprecher Alexander Handschuh auf Nachfrage. "Es geht ausschließlich um anonymisierte Daten, die keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen erlauben." Das Besondere an den Informationen der Städte und Gemeinden sei die Vielfalt an Rohdaten aus den unterschiedlichsten Bereichen. Diese könnten über Apps aufbereitet und entsprechend vermarktet werden. Die Städte sollten bei kostenpflichtigen Angeboten die Chance haben, von der Verwertung ihrer Daten zu profitieren, erläutert Handschuh. Über Open-Data-Projekte stellen viele Städte bereits Rohdaten frei zur Verfügung. Beispielsweise bietet Köln Rohmaterial rund um den Karneval an, diese können beispielsweise mit Kartendiensten verknüpft werden. Auch die Stadt Bielefeld (Mitglied im Verband Städtetag) bietet freien Zugang zu ihren Behördendaten. Klaus-Dieter Girsch reagiert verhalten auf den Vorstoß des DStGB. Besonders hinsichtlich der Umsetzung einer angedachten Konzessionierung von Unternehmen sieht er ein großes Aufgabenfeld für Kommunen, die eine solche Idee in Erwägung ziehen wollten. Städte und Gemeinden sollen Wahlfreiheit für Daten behalten Im Fokus der Stadt Bielefeld stünde aktuell definitiv Open Data und der Endspurt, das Konzept mit der ab Mai geltenden Datenschutzgrundverordnung in Einklang zu bringen. Ein anderes Spannungsfeld sieht Girsch darin, dass die Kosten der Datenerhebung bereits über Steuermittel abgedeckt sei. DStGB-Sprecher Handschuh betont, man wolle den Kommunen eine große Handlungsfreiheit im Umgang mit ihren Daten ermöglichen. Die Entscheidung über kostenpflichtige oder kostenfreie Verfügbarkeit solle vor Ort liegen. Entwicklungen, wie sie in einigen Bundesländern bereits deutlich würden, Bundesrichtlinien in diesem Bereich zu übernehmen und auf Kommunen herunterzubrechen, sieht man beim DStGB kritisch. Bundesbehörden sind über Richtlinien verpflichtet ihre Daten öffentlich und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

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