Bünde. Heute vor 59 Jahren kam die erste Barbie-Puppe auf den Markt. Dünn, mit lockigem Pony und Pferdeschwanz in einem trägerlosen Badeanzug, entsprach sie dem damaligen Trend. Sie war eben schon immer modebewusst.
Im Laufe der Jahre hat sie sich immer wieder umgestylt. Trotzdem, oder gerade deshalb, geriet die zierliche Puppe später in Verruf. Man sagt ihr nach, sie würde Kindern ein falsches Frauenbild vermitteln. Schließlich kann eine Frau unmöglich solche Proportionen haben. Die Organe im Bauch hätten nicht genug Platz, und mit einer Oberweite dieser Größe hätte sie bei diesem schmalen Körper sicherlich einen Bandscheibenvorfall. Auch das ständige Laufen auf hochhackigen Schuhen ist gesundheitsschädlich.
Viele Eltern haben inzwischen Angst, ihre Kinder könnten durch den Einfluss der Medien und der Modeindustrie magersüchtig werden. Da scheint es nur allzu verständlich, dass Eltern nicht auch schon ihre Kleinkinder mit einem zu mageren Frauenbild konfrontieren wollen.
Seit 2015 ist mehr Vielfalt eingezogen
Das Unternehmen Mattel stellt die Barbie-Puppe her. Um den besorgten Eltern entgegen zu kommen, zog 2015 mehr Vielfalt in die Welt von Barbie, Ken und Shelly ein. Die Puppen gibt es seither in ganz unterschiedlichen Formaten. Zwar gab es auch schon vor 20 Jahren eine dunkelhäutige Barbie und Puppen mit vielen verschiedenen Berufen zu kaufen.
Aber jetzt sind in den Regalen der Spielzeuggeschäfte Barbies mit allen möglichen Haut- und Haarfarben in verschiedenen Kombinationen zu finden. Zusätzlich hat der Spielzeughersteller auch kleine oder besonders große Barbies auf den Markt gebracht. Sogar eine Puppe mit einer etwas fülligeren Figur gibt es nun. Auch Ken, das männliche Pendant, gibt es mit einer sehr dünnen, normalen und stämmigen Statur. Aber kann das neue Konzept die Eltern wirklich beruhigen?
Die Sozialpädagogin Sylvia Neldner vom Mädchenhaus Femina Vita in Herford sieht das kritisch: „Barbie und Ken erfüllen immer noch die Rollenklischees. Egal welche Hautfarbe oder Statur die Puppe hat, Barbie vermittelt ein sehr konservatives Frauenbild – allein schon durch ihre Kleidung und Schminke." Das bestätigen die Puppen im Bünder Spielwarengeschäft Hornschu: Eine ungeschminkte Barbie ist dort nicht zu finden. Auch eine Hose scheint eine eher untypische Bekleidung zu sein.
"Eltern sollten hellhörig werden"
Die Sozialpädagogin rät, Kindern generell vielfältiges Spielzeug zur Verfügung zu stellen. Das Problem, dass Kinder in bestimmte Rollen gepresst werden, sei nicht das der Barbiepuppe, sondern das von sämtlichen Spielzeugen. Jedes Kind sollte sowohl Spielzeuge für Mädchen als auch für Jungen bekommen. „Eltern sollten hellhörig werden und gegensteuern, wenn ihr Kind die zehnte Barbie haben möchte", sagt Neldner.
Ulrike Gerkensmeier vom Spielwarengeschäft Hornschu fällt auf, dass die Kinder keinen Blick für die Unterschiede der Puppen haben: „Es sind eher die Eltern, die für ihre Kinder die dicke Barbie haben wollen. Den Kindern ist das egal."
Barbie und Ken werden von Kindern genutzt, um Rollenspiele zu spielen. „Es ist für Kinder wichtig, in Rollen zu schlüpfen und Neues auszuprobieren", sagt Sabrina Witte, Leiterin der Kita Holzwurm in Rödinghausen. Damit könnten sie auch Erlebtes verarbeiten. „Das geht allerdings mit anderen Puppen oder einer eigenen Verkleidung noch besser."
Keine Barbie-Puppen in der Kita Holzwurm
Die Kita Holzwurm bietet keine Barbie-Puppen zum Spielen an. Sie seien bei den Kindern nicht mehr so beliebt wie früher und dafür auch zu teuer, sagt Witte. „Wir haben hier einmal pro Woche Spielzeugtag, da können Kinder Sachen von Zuhause mitbringen. Vor zehn Jahren haben die Mädchen noch kofferweise Barbies hergeschleppt. Jetzt bringt nur ganz selten mal ein Kind eine mit."
Das Problem der Barbie sei schließlich immer noch, dass sie sehr unbeweglich ist und ihr Kleider nur schwer an- und auszuziehen sind.