Bielefelder Unternehmen rettet 20 Tonnen Lebensmittel pro Tag

Bielefeld. Rund 20 Jahre lang hatte er im Obst- und Gemüsegroßhandel gearbeitet und dabei die Strukturen und Arbeitsweise der Branche bis ins Detail kennengelernt. Dabei fiel Erhan Berse im Laufe der Zeit vor allem eines auf: Die unfassbar große Menge eigentlich noch guter Lebensmittel, die auf den Müll geschmissen wird. &bdquo;Irgendwann habe ich mir gesagt: Da muss doch einer was gegen tun“, sagt Berse. Vor rund einem Jahr fasste er dann einen Entschluss: Er selbst sollte dieser eine sein - und er gründete am Bielefelder Großmarkt das Unternehmen &bdquo;WE Fresh“ und damit die Initiative &bdquo;Obst verbindet – Liebe auf den zweiten Blick“. Seit dem haben er und seine Mitarbeiter Tausende Tonnen eigentlich schon abgeschriebenes Obst und Gemüse doch noch an den Kunden gebracht. &bdquo;Und das ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Erhan Berse. In den ersten Wochen von &bdquo;Obst verbindet“ waren es pro Tag nur ein paar Dutzend Kisten Obst und Gemüse, die der Startup-Gründer sogar noch höchstpersönlich durch die Gegend gefahren hatte. Gerettet werden dabei nicht die Lebensmittel, die in Supermärkten übrig bleiben. &bdquo;Da würde viel zu wenig zusammenkommen“, sagt Berse. Win-Win für Bauer und Kunde Statt dessen nutzte der 43-Jährige dafür seine guten Kontakte zu ehemaligen Kollegen und Händlern, die ihm aus Zwischenlagern Überkapazitäten und nicht verkaufte Ware veräußern – für einen möglichst hohen Preis, wie der Unternehmer betont. &bdquo;Der Produzent soll schließlich auch etwas für das Obst und Gemüse bekommen“, sagt Berse. So entstehe eine Win-Win-Situation: Der Kunde von &bdquo;Obst verbindet“ bekommt Lebensmittel zu einem günstigen Preis und der Bauer geht nicht leer aus. Und das Konzept hat offenbar überzeugt: Innerhalb eines Jahres haben sich die Bestellungen vervielfacht. Inzwischen sind zu Spitzenzeiten rund 60 Mitarbeiter in der 2.500 Quadratmeter großen Lager- und Kühlhalle sowie in den Transportern aktiv, täglich werden bis zu 20.000 Kilogramm Lebensmittel vor dem Abfalleimer gerettet. Die &bdquo;Retter“ lassen sich ihre Kisten entweder liefern oder sie selbst ab – entweder am Großmarkt an der Oldentruper Straße oder aber an einem der zahlreichen Verteilpunkte ab, die inzwischen in ganz Ostwestfalen-Lippe und auch darüber hinaus angefahren werden. &bdquo;Wir haben auch vor, noch weiter zu expandieren“, sagt Erhan Berse. &bdquo;Die Nachfrage ist enorm.“ Sowohl die unfassbare Menge an geretteten Lebensmitteln als auch das Konzept des von &bdquo;Obst verbindet“ ist inzwischen nicht nur den Kunden in der Region, sondern auch dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgefallen. Die Initiative wurde daher von einer Jury um die ehemalige Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, für den siebten &bdquo;Zu gut für die Tonne!“-Bundespreis nominiert. Ausgewählt wurden &bdquo;herausragende Projekte, Ideen und Einrichtungen, die sich aktiv für mehr Lebensmittelwertschätzung engagieren“, heißt es in der Begründung. "Überraschend, wie frisch die Ware noch ist" Die Gewinner werden im Rahmen der Ende September beginnenden Aktionswoche &bdquo;Deutschland rettet Lebensmittel!“ bekannt gegeben, die Preisverleihung ist dann am 21. Oktober. Erhan Berse ist optimistisch, dass &bdquo;Obst verbindet!“ den Preis in der Kategorie &bdquo;Handel“ gewinnen wird - und dass dann vielleicht noch mehr Leute auf den Geschmack kommen, sich auf den zweiten Blick in Obst und Gemüse zu verlieben. Denn viele nehmen noch immer an, dass das, was von seinen Mitarbeitern in Kisten verpackt wird, eigentlich schon auf den Kompost gehört. &bdquo;Die sind dann überrascht, wie frisch die Ware ist und wie gut sie aussieht“, sagt Erse. Und das hat sich inzwischen auch bei Unternehmen herumgesprochen: Namhafte Bielefelder Firmen hätten bei ihm für Kooperationen angeklopft, von Rabatten für Mitarbeiter über Lieferungen für Kantinen bis zur Einrichtung von weiteren Verteilerpunkten sind viele Ideen im Spiel. Auch die Verwertung von Lebensmitteln ist im Gespräch. Immerhin können bei &bdquo;Obst verbindet“ auch weitere Produkte wie Gebäck, Fertiggerichte, Blumen oder Getränke im Angebot - es gibt praktisch nichts, was nicht vor dem Abfall gerettet werden könnte.

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