
Von
Hartmut Braun
14.09.2015 | 17.09.2015, 16:57
Stern der Woche
Stiftung Ahlers lädt nach Hannover ein
Hannover/Herford. „Malen“, sagte Gabriele Münter über sich, „ist wie plötzlich in tiefes Wasser springen, und ich weiß vorher nie, ob ich werde schwimmen können.“ Wie unbefangen und experimentierfreudig die in Herford aufgewachsene Künstlerin (1877-1962) zu Beginn des letzten Jahrhunderts in die Welt der Kunst eintauchte, zeigt eine Ausstellung in Hannover.
Hier sind 50 Gemälde, 30 Zeichnungen und Grafiken sowie Arbeiten männlicher Weggefährten ausgestellt. Kurator Christian Torner hat den Grundstock dafür in der von ihm betreuten Herforder Sammlung Ahlers (ahlers collection) vorgefunden, diese jedoch durch Stücke aus zahlreichen Museen und Privatsammlungen ergänzt. Die Schau erzählt auch von der Freundschaft des jungen Jan Ahlers zu der Künstlerin. In der Kunstgeschichte wird die Tochter eines Zahnarztes bis heute gern auf ihre Rolle als Freundin von Wassily Kandinsky und Mitglied des Blauen Reiters beschränkt.
Die Schau in den Räumen der Stiftung Ahlers pro Arte zeigt, wie verkürzt diese Perspektive ist. Sie gibt einen Einblick in alle Schaffensperioden und offenbart dabei eine große stilistische Bandbreite und hohe Eigenständigkeit der Künstlerin.
Die Anregung hatte der vor anderthalb Jahren verstorbene Unternehmer und Sammler Jan Ahlers gegeben. Er hatte die Künstlerin als junger kunstbegeisterter Geschäftsmann in München und Murnau persönlich kennen gelernt; sie widmete ihm unter anderem eine hübsche Zeichnung mit Blumenvase „Dackel für Jan“.
Seine Tochter Stella („Ich bin mit diesen Bildern aufgewachsen“) berichtete bei der Eröffnung, dass die Münter immer wieder ihre besondere Bindung an Herford hervorgehoben habe. Als sie Kandinsky zu einem gemeinsamen künstlerischen Aufenthalt in Herford und OWL überreden wollte, schwärmte sie von dunkel-braun-roten Häusern, der Hügellandschaft mit zum Teil gemähtem Korn, das so schön in Haufen steht und den großen Laub- und Nadelwäldern, „in denen es so kühl und duftend ist“.
Kandinsky blieb dann doch in München. OWL hat ihn nicht inspirieren können – wohl aber die Münter. In Hannover kann man es besichtigen. Den Organisatoren und dem Kurator Christian Torner verleihen wir für diese erhellende und inspirierende Ausstellung einen Stern der Woche.
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