Fridays for Future

Luisa Neubauer: Das Gesicht der Klima-Bewegung

Aktivistin Luisa Neubauer ist inzwischen so etwas wie der Star der Szene. Mit Konzernbossen und Ministern diskutiert sie auf Augenhöhe. Jetzt auch auf dem Städtetag in Dortmund.

Luisa Neubauer ist das deutsche Gesicht der Fridays-for-Future-Bewegung und das könnte erst der Anfang ihrer Karriere sein | © picture alliance / Eventpress

Lothar Schmalen
06.06.2019 | 06.06.2019, 13:39

Dortmund. Als sie neben dem an Körpergröße deutlich überlegenen Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) steht, wirkt sie eher schüchtern. Doch als sie das Wort ergreift, ist nach wenigen Augenblicken ihre argumentative Stärke und emotionale Kraft spürbar. Luisa Neubauer ist rhetorisch den anderen Podiumsteilnehmern an diesem Nachmittag auf dem Städtetag in Dortmund weit überlegen.
Ob in der Aktionärsversammlung des Braunkohle-Konzerns RWE, in TV-Talkshows wie „Anne Will", ob in zwei Wochen auf dem Evangelischen Kirchentag oder jetzt beim Deutschen Städtetag – die Sprecherin der deutschen „Friday-for-Future"-Bewegung ist in diesen Wochen längst eine der gefragtesten Gesprächspartner in Deutschland.

Das „Gesicht von „Fridays for Future" in Deutschland, die „deutsche Greta Thunberg", auch wenn Luisa Neubauer diese Bezeichnungen gar nicht mag, so ist sie dennoch in kürzester Zeit zu einer echten Prominenten geworden, die auf Augenhöhe von Ministern und Industriebossen spricht.

Erste Begegnung
 mit Greta Thumberg 
in Kattowitz

Tatsächlich war die erste persönliche Begegnung der deutschen Luisa mit der schwedischen Greta im Dezember 2018 auf der Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz der Beginn der neuen deutschen Klimaschutzbewegung. Luisa Neubauer war als Jugenddelegierte der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen in Kattowitz, Greta Thunberg, weil sie vor den Delegierten der 176 Länder über Klimaschutz sprechen sollte. Nach dem Treffen mit Thunberg am Rande der Konferenz begann Neubauer, in Deutschland zusammen mir Freunden Schüler-Demonstrationen unter dem Thunberg-Motto „Fridays for Future" zu organisieren.

Und dennoch ist Luisa Neubauer anders als Greta Thunberg. Während die junge Schwedin monatelang allein für ihr Klima-Anliegen demonstrierte, setzte Luisa Neubauer von Anfang an auf Massenproteste. Mit Erfolg: Inzwischen gibt es die Schüler-Demonstrationen in fast jeder größeren deutschen Stadt, an manchen Freitagen kommen Zehntausenden von jungen Leuten zusammen und schwänzen dafür die Schule.

Prominenz hilft der Klimaschutzbewegung

Dass sie inzwischen so prominent ist, gefällt nicht allen. Doch mit der Kritik, dass sie so oft im Fernsehen zu sehen ist, muss sie leben. Kann sie auch, denn es nutzt bislang vor allem – der Klimaschutzbewegung selbst. Luisa Neubauer selbst betont, dass sie nur eine Aktivistin von vielen ist, und dass sie keine offizielle Funktion bei „Fridays for Future" hat. Und doch ist es immer wieder sie, die von den Veranstaltern angefragt oder von den Journalisten um Interviews gebeten wird. Die Medien brauchen ein sympathisches Gesicht, und sie brauchen intelligent und professionell vorgetragene Argumente. Beides liefert Luisa Neubauer.

Die 23-Jährige erfüllt viele Klischees der neuen Klimaschutzbewegung. Ihr Elternhaus steht im wohlhabenden Hamburger Elbvorort Iserbrook. In Tansania hat sie Entwicklungshilfe geleistet, in einer Krankenstation mitgearbeitet. Nach einem Einser-Abitur hat sie in Göttingen ein Geografie-Studium begonnen. Es wird finanziert von einem Stipendium der den Grünen nahe stehenden Heinrich Böll-Stiftung.

Sanfte Stimme - eisenharte Inhalte

Die Stimme der jungen Frau ist meistens sanft, auch in der Diskussion auf dem Städtetag, doch, was sie sagt, ist eisenhart. „Es geht nicht um die Interessen der jugendlichen Demonstranten, sondern schlicht um das Überleben der Menschheit." Oder: „Viele haben noch nicht die Dramatik erkannt, wie sehr die Menschheit mit dem Feuer spielt." Auch ihre politischen Forderungen sind alles andere als sanft: Schneller Braunkohle-Ausstieg bis 2030, und: die großen Städte müssten beim Klimaschutz vorangehen, es gehe schließlich darum bis Mitte der 30-er Jahre klimaneutral zu werden.

Und als der Oberbürgermeister einer sächsischen Kleinstadt, ein älterer Herr, von ihr und ihren jungen Mitstreitern mehr Respekt vor dem Alter einfordert, kontert sie eiskalt: „Wir haben Respekt vor dem Alter, aber wir fordern auch mehr Respekt vor der Jugend."

Neubauer ist inzwischen Mitglied der Grünen. Und dürfte damit sicher zu deren größten Talenten gehören. Es wäre keine Überraschung, wenn sie auf kurz oder lang auch dort in der ersten Reihe auftauchen würde. Mit ihrer emotionalen Kraft und rhetorischen Brillanz.