
Bielefeld. Sie wollte ein heißes Duell. Aber sie musste ein Solorennen abliefern. Die Norwegerin Hilde Aders siegte gleich bei ihrer zweiten Hermannslaufteilnahme in 2:07:05 Stunden mit komfortablem Vorsprung vor Maja Weiffen (2:15:32) und Stephanie Fritzmeier vom Veranstalter TSVE (2:16:18). Die Favoritin Silke Pfenningschmidt sah dem Zieleinlauf von der Sprecherbrücke aus traurig zu.
Die Meldung kam, als noch nicht viele Fans den Weg in den Zielbereich gefunden hatten. "Wir haben gerade erfahren, dass Silke Pfenningschmidt nicht mehr läuft, sondern geht", verkündete ein fast sprachloser Moderator Wolfgang Temme. Der 44. Hermannslauf war erst wenige Minuten alt, als die große Favoritin sich bereits verletzt hatte. Eine alte Blessur war wieder aufgebrochen. Der hintere Oberschenkelmuskel ließ keine rhythmische Bewegung mehr zu. Pfenningschmidt kämpfte noch bis zur Panzerbrücke - dann gab sie auf und ließ sich von einem Freund zum Ziel fahren.
Man darf wohl nach Herzenslust spekulieren, was es ohne diesen Ausfall für einen Schlussspurt gegeben hätte, denn Hilde Aders war in Topform. Und die Norwegerin lief im Angriffsmodus. "Ich wollte mit Silke mithalten. Jetzt musste ich leider alleine laufen", erzählte sie. Auch ohne die erhoffte Konkurrenz steigerte sie ihre Bestzeit aus den vergangenen Jahr gleich um sieben Minuten. Und die 2:07:02 Stunden wären auf den Fersen einer Pfenningschmidt noch ausbaufähig gewesen.
"Als Berge empfinde ich das hier nicht"
Doch auch so strahlte die zierliche Siegerin durch ihren großen Kranz: "Ich bin sehr glücklich. Die letzten Kilometer waren wunderbar. Hier ist es schön und warm. Vor ein paar Tagen in Tromsø waren es noch Null Grad", erzählte sie. Apropos Tromsø: In ihrer Heimatstadt will Hilde Aders den Hermannslauf bekannt machen und hofft, in den kommenden Jahren gemeinsam mit mehr Landsleute starten zu können. Auf das Streckenprofil angesprochen, haute sie noch einen Satz raus, der so manchem "Hermann-Bezwinger" einen Schauer über den Rücken laufen lassen wird: "Das ist ein schöner Waldlauf. Aber als Berge empfinde ich das hier nicht." Der Tönsberg, die Treppen von Lämershagen oder die Steigung zum Eisernen Anton - wo sich der Ostwestfale im Hochgebirge wähnt, fühlt sich die Bezwingerin des Tromsø Mountain Ultra, einem 50 Kilometer langen Alpin-Rennen, pudelwohl. Aders hat übrigens deutsche Wurzeln. Ihr Vater stammt aus Deutschland und ihr Onkel Willi Aders-Zimmermann wohnt sogar in Bielefeld. Klar, dass der mit Norwegenfahne und großer Kamera bewaffnet im Ziel wartete. "Sie hat sich diesmal wirklich gut vorbereitet", verriet der Mann, der wohl ein bisschen Mitschuld daran trägt, dass seine Nichte diesen Erfolg feierte. "På Palene - das sagt man in Norwegen für ?auf dem Treppchen?", erklärt er. Hilde hat es geschafft - sogar ganz nach oben.Die Zweitplatzierte Maja Weiffen verriet: "Ich wusste unterwegs überhaupt nicht, auf welchem Platz ich war." Die ganze Woche, so die Läuferin aus Stemwede, sei sie schlapp gewesen. Am Samstag habe sie sogar noch gearbeitet. "Aber heute habe ich die Energie gehabt. Ich habe mich die ganze Zeit richtig gut gefühlt", sagte sie. Auch sie packte bei ihrer Bestzeit richtig drauf: Knapp sechseinhalb Minuten lief Weiffen schneller als im vergangenen Jahr. "Irgendwo hinter Oerlinghausen habe ich die Zweitplatzierte, Victoria Willcox-Heidner, überholt", glaubt sich Weiffen zu erinnern. In jedem Fall habe sie sich kontinuierlich nach vorne gearbeitet.
Am Anfang viel zu schnell
Das galt auch für Stephanie Fritzmeier, die ab Kilometer 27 von einem ganz besonderen Versprechen angetrieben wurde: "Rudi Ostermann wollte mir einen ausgeben, wenn ich auf das Treppchen komme." Zunächst war die Läuferin vom TSVE viel zu schnell angegangen. Nach drei Kilometern habe sie bereits Atemnot bekommen. Doch die Zuschauer peitschten sie an, riefen ihr ständig ihre Platzierung zu. Am Ende war sie satte neun Minuten schneller als 2014.Silke Pfenningschmidt stand unterdessen im Ziel beim Interview Rede und Antwort und verfolgte den Zieleinlauf der Frauen traurig von der Sprecherbrücke aus. Die Treppe von dort musste sie rückwärts nach unten klettern, weil der schmerzende Oberschenkel keine andere Bewegung zuließ.