Paderborns Sportchef im Interview: "Hier sitzt keiner auf dem hohen Ross"

Roldán. Am 2. Januar wurde Benjamin Weber als neuer Sport-Geschäftsführer des SC Paderborn präsentiert. Vier Tage später hatte der ehemalige Co-Trainer des FC Chelsea seinen ersten Arbeitstag in Paderborn. Das Trainingslager im spanischen Roldán bietet dem 39-Jährigen nun ein ideale Gelegenheit, um Spieler, Trainerteam und Mitarbeiter näher kennenzulernen. Im Interview mit "NW.de" spricht Weber über das Trainingscamp, Personalplanungen, Familiäres und seine ersten Eindrücke vom SC Paderborn. Herr Weber, wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf des Trainingslagers? Benjamin Weber: Ich bin sehr zufrieden, wir haben Topbedingungen, eine tolle Gruppe und hervorragendes Wetter. Und ich habe viel Zeit für Gespräche. Und wie bewerten Sie die Trainingsarbeit? Ich bin vom Training beeindruckt. Zudem erkenne ich vieles wieder, was wir im Trainerteam um Thomas Tuchel in den vergangenen Jahren gemacht haben. Viele kleine Felder, viele Kontakte, kurze und intensive Einheiten. Es macht Spaß zuzuschauen und es auch mal aus einer anderen Perspektive zu erleben. Es kribbelt aber gar nicht, selbst wieder als Mitglied des Trainerteams auf dem Platz zu stehen. Ich würde am liebsten auf den Turm hochgehen und es von oben beobachten. Und das Schöne ist, dass auch meine Meinung durchaus erwünscht ist. Sie sind aber vor allem für die Kaderplanung verantwortlich. Was wird sich denn in diesem Winter-Transferfenster noch alles beim SCP tun? Der Markt ist für uns in beide Richtungen offen. Aber es gibt noch nichts Konkretes und ich glaube nicht, dass sich bei uns allzu viel bewegen wird. Ich habe natürlich schon Gespräche mit Beratern geführt. Aber ich sehe bei uns erst einmal keine große Not. Wir haben einen großen Kader, der gute Leistungen gebracht hat. Ich denke, dass wir damit auch eine gute Rückrunde spielen können. Langzeitverletzte wie Kai Klefisch und Sebastian Klaas sind zurück. Dadurch haben wir neue Optionen. Ich sehe keinen akuten Handlungsbedarf. Es sei denn, es eröffnet sich so etwas wie eine Chance of a lifetime. Adrian Gryszkiewicz hat den SCP unlängst verlassen. Werden weitere Spieler folgen? Es gibt natürlich schon Spieler, die weniger zum Einsatz gekommen sind. Da wird dann schon mal von Beraterseite gefragt. Und es kann durchaus auch etwas ins Rollen kommen. Aber es gab abgesehen vom Gryszkiewicz-Transfer noch keine Konstellation, die uns zugesagt hat. Könnte es denn noch Abgänge auf der Torhüterposition geben? Ich gehe davon aus, dass ein Spieler auf mich zukommt, wenn er unzufrieden ist. Aber das war bis dato auch auf der Torhüterposition nicht der Fall. Ich finde es persönlich sehr gut fürs Training, wenn du vier Torhüter hast. So kannst du mehr Konstellationen durchspielen. Droht die Gefahr, dass der FC Schalke 04 seinen Leihspieler Marvin Pieringer schon in diesem Winter aus Paderborn zurückholt? Schließlich hat Schalke Personalprobleme im Angriff. Nein, da kam nichts von Schalker Seite. Marvin wird Stand heute in der Rückrunde für uns performen. Und was macht das Thema Vertragsverlängerungen? Beispielsweise, was die Innenverteidiger Jannis Heuer und Uwe betrifft? Jannis Heuer ist ein sehr wichtiger Spieler. Und ich werde alles dafür tun, dass wir wichtige Spieler bei uns halten. Uwe Hünemeier ist so entspannt, da gibt es keinen Zeitdruck. Er ist ehrlich und schlau genug, selbst einschätzen zu können, ob er noch ein Jahr dranhängen will und wie er es will. Hüne hat ein unheimlich hohes Standing im Verein – sportlich wie menschlich. Er ist ein guter Typ und ein Leader. Ich bin froh, dass ich mit ihm einen guten Austausch habe. Sie waren in den vergangenen Jahren in Frankreich und England tätig. Wird nun auch die Transferstrategie des SC Paderborn internationaler? Jeder hat sein eigenes Netzwerk. Ich denke schon, dass sich etwas ändert, denn ich habe meinen eigenen Pool, auf den ich zurückgreifen kann. War die Suche nach einem Wohnhaus in Paderborn schon erfolgreich? Und wann wird Ihre Familie an die Pader ziehen? Ich hatte erste Besichtigungen, aber leider haben wir noch kein Haus gefunden. Meine Familie wohnt weiter in London. Ein kurzfristiger Umzug ist ohnehin nicht geplant, weil meine fünfjährige Tochter dort zur Vorschule geht. Zumindest bis zu den Ferien wird meine Familie daher in London bleiben. Und dann schauen wir mal, wann der richtige Moment ist, um umzuziehen. Apropos Familie. Sie stammen aus dem kleinen 300-Seelen-Ort Hegewiese aus der Gemeinde Schmitten im Taunus. Wie heimatverbunden sind Sie? Sehr heimatverbunden. Meine Eltern und mein Onkel leben in Hegewiese. Und nun wohne ich ja zum Glück wieder näher an der Heimat. In zweieinhalb Stunden wäre ich da. Stimmt es, dass Sie in Ihrer Heimat auch schon Benefizspiele organisiert haben? Ja, das stimmt. Ich hatte viel Glück in meinen Leben und versuche immer wieder mal, etwas zurückzugeben. Wir haben Benefizspiele und Benefiz-Golfturniere veranstaltet und die Initiative &bdquo;Schmitten bewegt“ gegründet. Da habe ich meine Fußballkontakte genutzt. Haben Sie ihre Frau eigentlich auch durch den Fußball kennengelernt? Schließlich ist sie die Tochter des ehemaligen Waldhof-Mannheim-Profis Jochen Müller? Nein, das kam nicht durch den Fußball. Meine Frau ist Sängerin, ich habe sie auf einem Konzert in Dortmund kennengelernt. Dass der Papa Fußballprofi war, wusste ich nicht. Er hatte beim Waldhof unter Klaus &bdquo;Schlappi“ Schlappner gespielt. Zu seinen Teamkollegen gehörte Dieter Hecking, der ja eine Paderborner Vergangenheit hat. >>>Vor Ort in Spanien: Der Ticker zum SCP-Trainingslager Ihre ersten Schritte im Fußball haben Sie beim FSV Mainz 05 gemacht. Dort erlebten Sie die Anfänge von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel, die nun zu den besten Trainern der Welt gehören. War es Zufall, dass gleich zwei solche Trainer aus Mainz stammen? Der entscheidende Faktor war der Mainzer Sportchef Christian Heidel. Er hat den Trainern vertraut und sie arbeiten lassen. Von ihm konnte ich mir schon damals viel abgucken. Die Art und Weise, wie er den Verein geführt hat, war besonders. Er hatte ein Gespür dafür, wer als Trainer zum Klub passt. Und diese Trainer waren dann frei in ihren Entscheidungen, so dass sie sich sehr gut entwickeln konnten. Das ist in Mainz ja nun auch wieder bei Christian Heidel und Bo Svensson der Fall. Dann lassen Sie auch ihrem Trainer Lukas Kwasniok eher die lange Leine? Wenn du einen guten Cheftrainer hast, solltest du ihm auch vertrauen. Und Lukas macht einen richtig guten Job. Da sollte er schon das Gefühl haben, dass er in seinen Handlungen sehr kreativ sein kann. Gibt es Parallelen zwischen Mainz und Paderborn? Ich denke schon. In Mainz sind immer alle gemeinsam gewachsen. Auch ich durfte dort neue Dinge anstoßen und Ideen einbringen. Dieses Gefühl habe ich auch hier in Paderborn. Hier sitzt keiner auf dem hohen Ross, schaut auf den anderen herab und erzählt, wie alles funktioniert. Jeder darf hier den nächsten Schritt machen.

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