Die fast perfekte Rückkehr: Paderborns Conteh trifft in seiner alten Heimat

Hamburg. Sirlord "Sissi" Conteh trottete am Samstag nach dem 2:2 (0:1) beim FC St. Pauli als letzter Spieler in die Kabine des SC Paderborn. Der 26-jährige Stürmer plauderte nach dem Schlusspfiff noch mit zahlreichen Familienmitgliedern und Freunden. Schließlich ist Hamburg seine Heimatstadt, in der Conteh nur knapp an einer perfekten Rückkehr vorbeigeschrammt war. Denn in der zweiten Minute der Nachspielzeit hatte der pfeilschnelle SCP-Angreifer das 2:1 für die Gäste erzielt, ehe die Paderborner im Gegenzug den bitteren Ausgleich kassierten. "Leider mussten wir noch dieses eine Tor schlucken. Aber letztlich ist das auch ein gerechtes Ergebnis", bilanzierte der SCP-Neuzugang, der schon vor dieser denkwürdigen Nachspielzeit ein Wechselbad der Gefühle erlebt hatte. Denn bereits in Minute 85 hatte Conteh bei einem der wenigen gelungenen Gäste-Konter das vermeintliche 1:2 markiert. Dieses wurde jedoch nach VAR-Check aberkannt. Paderborns Angreifer hatte hauchdünn im Abseits gestanden. "Ich hatte das schon geahnt, da war ich irgendwie einen halben Schritt zu schnell", sagte Conteh, der dennoch vor dem Fanblock der Hausherren jubelte und dabei seine rechte Hand zum Gruß an die Stirn führte. Das kam bei den Anhängern des Klubs, für den er von 2015 bis 2019 in der U23 gespielt hatte, gar nicht gut an. Und so entschuldigte sich Conteh nach dem Schlusspfiff gleich mehrmals inständig bei den Pauli-Fans. Kwasniok bedauert einen Sprint Der besagte Unmut beruhte allerdings auf einem Missverständnis. "Jeder, der Sissi kennt, weiß, dass er niemals provozieren möchte. Er hat sich auf St. Pauli immer sehr wohl gefühlt. Sissi wollte mit dem Jubel eine Verwandte grüßen. Das macht er immer, wenn sie im Publikum sitzt - egal, in welcher Stadt er trifft", erklärte St. Paulis Cheftrainer Timo Schultz. "Ich möchte dazu eigentlich nichts mehr sagen", ergänzte der stets ein wenig schüchtern wirkende Conteh, der bei seinem Treffer in der Nachspielzeit dann gar nicht mehr dazu kam, Richtung Pauli-Kurve zu rennen. Der SCP-Edeljoker wurde vielmehr umgehend unter einer Traube von Teamkollegen begraben. Obendrauf lag Cheftrainer Lukas Kwasniok, der von der Bank aus zum Torschützen gelaufen war. "Ich habe mich zu einem Sprint verleiten lassen. Es sollte zumindest ein Sprint sein. Vielleicht war es das falsche Signal an die Mannschaft, nach dem Motto: Das Spiel ist durch", sagte Paderborns Coach. Denn die Partie hatte noch eine Pointe parat, die den Gästen gar nicht schmeckte. Im Gegenzug erhielt St. Pauli eine Ecke, die Innenverteidiger David Nemeth zum 2:2-Endstand einköpfte. Der Trainer redet Klartext Ein Sieg des Zweitliga-Spitzenreiters wäre aber auch des Guten zuviel gewesen. Denn die Hausherren waren vor den 29.269 Zuschauern am Millerntor die bessere Mannschaft gewesen. "In der ersten Hälfte haben wir die Aggressivität und Intensität des FC St. Pauli nicht kontrollieren können. Wir sind kaum in Spielsituationen gekommen, in denen wir uns wohlfühlen", sagte SCP-Coach Kwasniok. Nichtsdestotrotz führte sein Team zur Pause durch einen Treffer (44.) von Marvin Pieringer mit 1:0. "Bei so einer Halbzeitführung kannst du den Jungs schon mal die Wahrheit ins Gesicht sagen. Das habe ich getan: Es war mit Abstand unsere schlechteste Leistung, weil wir mutlos agiert haben", so Kwasniok. Doch auch in einer deutlich ereignisreicheren zweiten Hälfte kam die SCP-Offensive nicht richtig auf Touren. Außer einer Leipertz-Doppelchance (52.) und den eingangs erwähnten Blitzangriffen über den eingewechselten Conteh standen keine zwingenden Torgelegenheiten auf der Habenseite. Andererseits wurde auch St. Pauli selten gefährlich, weil Paderborn leidenschaftlich verteidigte. Zudem hielt Jannik Huth (mal wieder) einen Elfmeter, denn der SCP-Keeper parierte in Minute 51 den Schuss von Pauli-Kapitän Leart Paqarada. Doch als Abwehrchef Uwe Hünemeier rund zehn Minuten vor Schluss wegen einer Platzwunde am Kopf ausgewechselt werden musste, schlugen die Kiezkicker doch noch zu. Die Ansprüche sind gestiegen Joker Etienne Amenyido traf zum 1:1 (84.) und läutete damit eine extrem spektakuläre Schlussphase ein. Am Ende stand ein gerechtes Remis zu Buche, mit dem Paderborn den ersten Platz verteidigte. Lukas Kwasniok war dennoch unzufrieden. "Mir geht's immer zuerst um die Bewertung der eigenen Leistung. Und da war ich mit vielen Elementen nicht einverstanden. Wir waren in vielen Situationen etwas kindlich und inkonsequent", bemängelte der SCP-Trainer. Sein Urteil zeigt, dass die Ansprüche in Paderborn deutlich gestiegen sind. "Das gebe ich den Jungs ja auch jeden Tag mit auf den Weg: Wir wollen besser werden", so Kwasniok. Und die hohen fußballerischen Qualitäten konnte sein Team am Millerntor diesmal nur selten abrufen. Davon kündet auch eine für Paderborner Verhältnisse ziemlich niedrige Passquote von 75 Prozent. Dass es bei heimstarken Paulianern, die eine richtig gute Partie ablieferten, dennoch fast zu einem Sieg gereicht hätte, sagt einiges über das aktuelle Potenzial des SCP aus. Nun wartet am kommenden Samstag, 3. September, das Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg (13 Uhr, Home Deluxe Arena). Sirlord Conteh könnte dann wieder als einer der letzten SCP-Spieler in die Kabine kommen. An Gesprächspartnern dürfte es ihm jedenfalls nicht mangeln. Schließlich hatte er in den vergangenen drei Jahren für Magdeburg gespielt.

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