
Bremen. Das Warten auf die Entscheidung des Videoassistenten in Köln kann sehr gemein sein. Aber diesmal hatte das minutenlange Warten ein erlösendes Ende für den SC Paderborn. Es war eine Millimeterentscheidung, aber Sven Michels Tor in der Schlussminute zählte. Er war erst sechs Minuten auf dem Feld und avancierte dann zum Helden. 1:0 gewannen die Paderborner bei Werder Bremen. Der SCP fuhr damit nicht nur den ersten Auswärtssieg ein, sondern gab auch die Rote Laterne in der Tabelle an die Kölner ab.
„Ich war mir erst unsicher. Ich könnte schon im Abseits gewesen sein. Aber als der Schiri mir sagte, dass es sehr, sehr knapp sei, hatte ich ein gutes Gefühl", analysierte Michel recht trocken sein Tor. Von Streli Mamba kam der Ball etwas glücklich zu ihm und er staubte cool ab zum 0:1. Sofort zeigte der Schiedsrichter an, dass es Abseits sei – der Videoassistent sah es aus Paderborner Sicht zum Glück anders.
Baumgart: "Ein glücklicher Sieg"
Trainer Steffen Baumgart wollte sich nicht so richtig über den Dreier freuen – zumindest äußerlich. „Wenn man vier Minuten auf dem Platz steht und auf die Entscheidung ob Tor oder nicht warten muss, ist die Freude irgendwann vorbei", so Baumgart, der betont: „Wir haben nicht ganz das gespielt,was wir eigentlich können. Wir haben viele Spiele besser gemacht. In diesem Spiel hätte es keinen Sieger geben dürfen, es war ein glücklicher Sieg."
Entgegen seiner Ankündigung, einige Umstellungen vorzunehmen, brachte Steffen Baumgart mit Christopher „Jimmy" Antwi-Adjei nur einen neuen Spieler – er übernahm den Part von Gerrit Holtmann auf der linken Außenbahn. Und Antwi-Adjei gab auch den ersten Warnschuss in Richtung Werder-Tor ab, den Pavlenka aber zur Ecke klärte (8.). Das war der Startschuss einer starken ersten Halbzeit der Paderborner.
Wenn der Bremer Trainer Florian Kohfeldt kopfschüttelnd in die Kabine stampft, dann ist das Lob für die Leistung des SCP. Mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe und mehr Torschüsse für die Gäste – den Paderbornern war das Selbstvertrauen, das sie sich durch zwei starke Partien gegen den Borussia Dortmund und Leipzig geholt hatten, anzumerken. Bei den Bremern hingegen schien der 3:2-Sieg in Wolfsburg nach zuvor acht sieglosen Siegen in Folge, noch nicht der erhoffte Brustlöser gewesen zu sein. Es war vieles nur Stückwerk, was die Grün-Weißen auf den Rasen des Weserstadions brachten. Dennoch hatte Bremen die klareren Möglichkeiten. In der 14. Minute wehrte SCP-Keeper Leo Zingerle einen Schuss von Leonardo Bittencourt in die Mitte ab, wo Klaassen abstauben konnte, aber genau auf Zingerle zielte – Glück für den SCP. Und in der 25. Minute hätte sich Maximilian Eggestein an seinem 23. Geburtstag selbst ein Geschenk machen können, aber er zielte nach Doppelpass mit Osako knapp am rechten Pfosten vorbei – wieder hatte Paderborn Dusel.
Wenn die Paderborner das nötige Quäntchen auch beim Torabschluss gehabt hätten, dann wäre durchaus eine Führung möglich gewesen. Einen Gewaltschuss von Sebastian Vasiliadis aus gut 25 Metern lenkte Werders Torwart mit Mühe über die Latte (29.) und die anschließende Ecke hätte Werder-Kapitän Moisander, der nach langer Verletzungspause erstmals wieder spielte, fast im eigenen Tor versenkt. Und einen Konter über Antwi-Adjei und Collins klärten die Bremer nur mit Mühe zur Ecke (33.).
Mehr Druck bei Werder durch Pizarro
Nach dem Seitenwechsel zeigte sich der SCP weiterhin präsent. Kai Pröger wuselte sich frech über links durch und zielte aufs kurze Eck, den anschließenden Eckball köpfte Klaus Gjasula knapp drüber (57.). Kurz darauf spielte der eingewechselte Cauly Oliveira Souza Antwi-Adjei frei, doch der vergab durch eine unsaubere Ballannahme die Chance. Nach einer Stunde ging ein Ruck durchs Stadion. Ein blond gefärbter 41-jähriger Stürmer sorgte dafür. Claudio Pizarro kam ins Spiel und zog auch die Heimmannschaft sogleich mit.
Werder machte nun merklich mehr Druck, aber herausgespielte Chancen konnte die Kohfeldt-Elf nicht bieten – lediglich Ecken brachten Gefahr, aber die Defensive stand sicher und vor allem Luca Kilian räumte an diesem Abend ab wie ein Großer. Fast hätten sich die Bremer für eine schwache und einfallslose Leistung in der Schlussphase noch belohnt. In der 85. Minute hatte Bittencourt freie Schussbahn von halbrechts, aber er machte seinem Ruf als vor dem Tor wenig abgezockter Spieler alle Ehre. Und dann kamen Sven Michel und der Video-Assistent.
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