
Berlin. 20 Minuten vor dem Anpfiff hallte am Samstagmittag ein ohrenbetäubender „Fußballgott"-Schlachtruf durch das mit 20.789 Zuschauern gefüllte Stadion An der Alten Försterei. Die bekannt lautstarken Fans des 1. FC Union Berlin huldigten damit dem Trainer des Gegners: Steffen Baumgart. Und der schlug dann mit dem SC Paderborn an alter Wirkungsstätte gnadenlos zu. Die Baumgart-Schützlinge siegten verdient mit 3:1 (1:0) und sorgten somit dafür, dass Union erstmals seit 429 Tagen wieder ein Heimspiel verlor. Konsequenz: Paderborn liegt als Tabellenvierter nur noch drei Zähler hinter dem Relegationsplatz, auf dem eben jene Unioner rangieren.
„Das ist für mich ein besonderer Tag. Heute sind viele Wünsche in Erfüllung gegangen", sagte Steffen Baumgart nach Spielschluss. Seine Ehefrau Katja und die drei gemeinsamen Kinder, mit denen der SCP-Coach nur einen Kilometer von der Alten Försterei entfernt wohnt, waren ohnehin live dabei. Und auch seine Eltern saßen erstmals bei einem Spiel, bei dem ihr Sohn als Trainer an der Linie steht, auf der Tribüne. Hinzu kamen zahlreiche weitere Familienmitglieder und Freunde, die ihrem Steffen nach 96 äußerst intensiven Minuten zu einem gelungenen Husarenstreich gratulieren konnten.
Nationalspieler-Trio erhält eine Erholungspause
Dabei hatte es in der Anfangsphase eher danach ausgesehen, als sollte Eisern Union die imposante Heimserie weiter ausbauen. Die aggressiven Köpenicker erzwangen zahlreiche Ballgewinne und hatten schon nach 53 Sekunden die erste Topchance durch Mané. SCP-Trainer Baumgart hatte derweil seine drei Nationalspieler Jamilu Collins, Mohamed Dräger und Bernard Tekpetey auf die Bank beordert. Schließlich hatten sie anstrengende Partien und Reisestrapazen in den Knochen. Und an diesem Dienstag, 2. April, wartet ja schon das DFB-Pokal-Viertelfinalspiel gegen den Hamburger SV (Anstoß 18.30 Uhr, Benteler-Arena).
Daher durften Lukas Boeder und Tobias Schwede auf den Außenverteidiger-Positionen ran. Beide hatten anfangs ihre Probleme, fuchsten sich dann aber ebenso wie ihre Teamkollegen in die Partie. „Das zeichnet die Mannschaft aus. Die Jungs sind immer bei sich geblieben und haben konsequent ihren Stiefel runtergespielt", lobte Baumgart sein Team. Dieses gewann nach 15 Minuten zunehmend die Kontrolle und spielte gerade nach der Pause seine fußballerischen Qualitäten aus. Die Führung gelang jedoch schon vor dem Wechsel: Christopher „Jimmy" Antwi-Adjei marschierte in der 41. Minute durchs Mittelfeld und erzielte per Flachschuss sein viertes Tor in den vergangenen drei Spielen. „Irgendwie bin ich der klassische Rückrundenspieler. Ich sollte demnächst aber mal früher mit dem Toreschießen anfangen", scherzte „Jimmy", der bereits in der vergangenen Spielzeit sieben seiner acht Treffer erst in der Endphase der Saison markiert hatte.
Michel beißt auf die Zähne und trifft
Nach der Pause vergab der SCP zunächst diverse gute Kontermöglichkeiten, während Union eigentlich nur noch einen gefährlichen Zulj-Freistoß (85.) verbuchen konnte. Der beste Spieler auf dem Platz sorgte dann für die Entscheidung: Sven Michel traf in der 87. Minute zum 2:0. Und obwohl er sich schon in der ersten Hälfte eine schmerzhafte Fußverletzung zugezogen hatte, hatte er am Ende (mal wieder) die meisten Kilometer abgespult. „Es hat schon ordentlich gezwirbelt. In der Halbzeit hatte ich in der Kabine kurz überlegt, ob ich überhaupt weiterspiele", berichtete Michel. In dessen linken Spann, der extrem stark anschwoll, hatten sich die Stollen eines Gegenspielers eingebohrt. „Aber wir haben ja gute Physios", ist der SCP-Stürmer mit Blick auf das HSV-Spiel guter Dinge. So ließ sich Michel am Sonntag intensiv behandeln.
SCP-Tor Nummer drei ging derweil aufs Konto von Philipp Klement, der in der 90. Minute zum 0:3 traf, ehe Union-Torjäger Sebastian Polter bei seinem Comeback kurz vor dem Abpfiff zum 1:3 einnetzte. Und während die SCP-Akteure den Auswärtssieg im Bus feierten, gönnte sich Steffen Baumgart mit seinen Liebsten einen schönen Familienabend bei seinem Stammitaliener „Antonio" in Köpenick. Doch schon am Sonntag um 10 Uhr stand er in Paderborn wieder auf dem Trainingsplatz. Getreu dem Motto: Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.