Tennis-Weltmeisterin mit bewegter Karriere

Bielefeld. Nach filmreifen Tagen in Hamburg lebt die gebürtige Rumänin Florentina Curpene seit 1989 in Deutschland. In Jöllenbeck fühlt sich die aktuelle Damen-50-Weltmeisterin, die zuvor lange beim TV Concordia Enger arbeitete, nicht nur auf dem Tennisplatz heimisch. &bdquo;Ist das nicht herrlich hier?“, fragt Florentina Curpene. Dass ihre Frage rhetorischer Natur ist, machen die ausgebreiteten Arme und ich Lächeln sofort klar. Nach den charakteristischen 43 Stufen hinab auf die Clubanlage des TuS Jöllenbeck schweift ihr Blick über Court 1 hinweg auf die vielen sonnendurchfluteten Baumkronen, die die Tennisplätze vom benachbarten Naturstadion trennt. &bdquo;Wenn ich hier bin, habe ich immer das Gefühl, zu Hause zu sein“, sagt die ehemalige Profispielerin. Es ist das wohl das größtmögliche Kompliment an seine Umgebung, das jemand machen kann, dessen Geburtsort fast 2.000 Kilometer entfernt ist.Mit 20 Jahren die Beste in Rumänien Florentina Curpene wuchs in Pitesti, 120 Kilometer nord-westlich von Bukarest gelegen, auf. Dort spielte sie als Kind zum ersten Mal die kleine gelbe Filzkugel mit dem Tennisschläger – und das ziemlich gut: Schnell spielte sich die heute 54-Jährige die landesinternen Bestenlisten hinauf. Mit 20 Jahren gab es keine bessere Spielerin in Rumänien als sie. &bdquo;Ich war dort zwei Jahre die Nummer eins, aber ich durfte wegen der Ausreisbeschränkungen nicht auf internationale Turniere fahren“, erklärt Florentina Curpene. Dann der Sommer 1989. Wenige Monate vor dem politischen Umsturz in ihrem Heimatland war es einer Delegation von einer Handvoll rumänischen Spielerinnen erlaubt, zu einem Tennisturnier in Hamburg zu reisen. In diesen Tagen in der Elbmetropole reifte in ihr der Entschluss, nicht in ihre Heimat zurückzukehren. &bdquo;Ich wollte in Freiheit leben“, erläutert Curpene. Sie setzte sich ab. Doch wie sollte sie sich das neue Leben in Deutschland finanzieren? &bdquo;Ich hatte drei Schläger und eine pinke Tasche“, sagt die Rechtshänderin. 900 Mark als Startkapital Dass sie diese Anekdote heute lachend erzählen kann, lag am sportlichen Erfolg, den sie in dieser Situation zwingend brauchte. Curpene spielte sich beim Turnier in Hamburg-Harburg durch bis ins Finale. Noch wichtiger als der sportliche Achtungserfolg waren die 900 Deutsche Mark Preisgeld für den zweiten Platz. &bdquo;Das war mein Startkapital“, erläutert sie, deren Talent einem Tennis-Manager aus Schweinfurt nicht verborgen geblieben war. Dort lebte und trainierte sie anderthalb Jahre, ehe sie zufällig bei einer Zugreise auf Landsmann Ion Geanta traf. Der in Ostwestfalen bestens bekannte Rumäne arbeitete als Trainer erst in Halle, später in Versmold und unterhält seit 2017 eine Tennisakademie in Gladbeck. &bdquo;Ion und seine Frau haben mich damals aufgenommen. Ich konnte bei ihnen wohnen, trainieren und erste Erfahrungen als Trainerin sammeln“, sagt Curpene. 1991 erreichte die damals 22-Jährige unter ihrem neuen Trainer direkt das Halbfinale bei einem Turnier in Rheda-Wiedenbrück.In zwei Jahren auf Platz 200 der Welt &bdquo;Innerhalb von zwei Jahren habe ich mich auf Platz 200 der Weltrangliste gespielt“, erklärt sie. Was sie erst auf Nachfrage erklärt: Das alles gelang ihr nur mit Turnieren in Deutschland. Da Florentina Curpene zu dieser Zeit noch keinen deutschen Pass hatte, war sie – wie in Rumänien – erneut nicht ausreiseberechtigt. &bdquo;Man weiß nie, wie weit man unter anderen Umständen gekommen wäre. Ich muss aber ganz klar sagen, dass ich sehr zufrieden bin, wie es gelaufen ist“, erläutert Curpene, die mit 26 Jahren ihre Profikarriere beendete und sich mehr und mehr auf ihr zweites Standbein, Trainerin zu sein, konzentrierte.&bdquo;Das war ein tolles Leben: Montag bis Mittwoch habe ich Trainerstunden gegeben und Donnerstag bis Sonntag bin ich auf Preisgeldturniere gefahren“, sagt Curpene. Heute ist Florentina Curpene neben Jöllenbecks Vereins-Ikone Rita Rose die einzige hauptamtliche Trainerin im Klub. Dass sie nebenbei auch noch sehr erfolgreich den Schläger schwingen kann, bewies sie zuletzt bei der Senioren-WM 2021 im kroatischen Umag: Nach zehn Turniertagen holte sie mit dem Team Deutschland den WM-Titel in der Kategorie Damen 50. &bdquo;Das waren unvergessliche Tage“, erklärt Curpene nach dem Triumph mit ihren Teamkolleginnen Gabriele Kirchner, Regina Melosch und Anke Wurst. "Wie als kleines Kind, als du zum Training gegangen bist" Auch in Zukunft kann sich Florentina Curpene vorstellen, für den Deutschen Tennisbund auf den Platz zu gehen. &bdquo;Das ist doch das schöne an unserem Sport, dass man ihn bis ins hohe Alter betreiben kann“, sagt sie, deren Tochter nicht die Begeisterung für die gelbe Filzkugel teilt. &bdquo;Emma hat mir schon mit drei Jahren gesagt: Mama, so wie du das Tennis liebst, liebe ich die Pferde“, erläutert Florentina Curpene schmunzelnd. Und so wird sie auch in diesen Frühlingswochen vermehrt nach Jöllenbeck fahren und viele junge und alte Spieler für und mit dem Sport begeistern.&bdquo;Letztens hatte ich wieder dieses besondere Gefühl, als ich mir die Tasche auf den Rücken geschnallt habe. Da dachte ich: Wie damals als kleines Kind, als du zum Training gegangen bist“, sagt Florentina Curpene, mit der Sonne um die Wette lachend.

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