Bielefeld. Der Lockdown trifft vor allem die Kinder. Sie dürfen nicht mehr in ihren Vereinen Sport treiben. Das sorgt für großes Unverständnis. Auch verstehen sie nicht, warum der Schulsport erlaubt war, der Vereinssport jedoch nicht. Manche Eltern haben für diese Entscheidung auch nur wenig Verständnis. Doch die Sprösslinge werden kreativ und suchen sich Alternativen.
Nikola ist zehn Jahre alt und spielt eigentlich in der E 1 des VfL Theesen. Seit kurzem auch für die Kreisauswahl. Und er liebt Fußball. „Ich glaube, mit drei Monaten hatte er das erste Mal einen Fußball in der Hand“, erzählt seine Mutter Daniela Kalicanin. Seit Wochen hört sie von ihrem Sohn den immer wiederkehrenden Satz: „Mama, ich will wieder trainieren und Fußball spielen.“ Da blutet das Mutterherz dann schon etwas, weil Kalicanin ihrem Sohn nicht sagen kann, wann er wieder mit seinen Kumpels auf dem Theesener Sportplatz ran darf.
Doch Nikola ist kreativ. Er geht täglich auf einen nahe gelegenen Schotterplatz, bewaffnet mit seinem treuen Begleiter – dem Fußball. „Da trainiert er dann entweder allein oder mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Novak“, erzählt Kalicanin. Nikola hat das Ballhochhalten für sich entdeckt und schafft es mittlerweile, das runde Leder 1.004 Mal in acht Minuten zu jonglieren. Nikolas Traum ist es, Profifußballer zu werden.
»Mit deinem Kopf und deinem Herzen spielen«
Sein größter Motivator ist Nikolas Vater. „Papa sagt immer: Ich kann nicht für dich spielen, du musst aufs Spielfeld gehen und mit deinem Kopf und deinem Herzen spielen“, sagt Nikola.
Für Daniela Kalicanin ist es schwierig, ihrem Sohn zu erklären, warum in der Schule normaler Sportunterricht erlaubt war, Vereinssport jedoch untersagt ist. „Ich habe auch mal Nikolas Sportlehrerin gefragt, sie konnte es mir aber auch nicht beantworten“, so Kalicanin. Dem entgegen stellt sich Janis Theermann, Sportlehrer an der Martin-Niemöller-Gesamtschule in Schildesche: „Seit Sommer hatten wir die Vorgabe, dass auch Schulsport ausschließlich kontaktlos stattfinden darf.“
"Es geht um Verringerung der Querverbindungen"
Der ehemalige Spieler des TuS Dornberg, des VfL Theesen und des VfB Fichte musste sich ohne Vollkontaktsportarten wie Fußball, Handball oder Basketball Unterrichtsinhalte einfallen lassen. „Tischtennis, Badminton, Elemente aus dem Turnen oder einfach auch mal Sport in der Theorie“, erklärt Theermann. Der 37-Jährige, der heute nur noch für die Dornberger Ü 32 kickt, hat auch eine Erklärung für das Verbot des Vereinssports: „Es geht um die Verringerung der Querverbindungen bei den Kontakten. Eine Schulklasse ist eine soziale Gruppe, in den Vereinen würden sie dann aber auch mit anderen Gruppen in Kontakt kommen. Genau das soll vermieden werden.“
Theermann hat insgesamt kaum Veränderungen an den Kindern festgestellt. „Ich kann nicht sagen, dass sie jetzt irgendwie unausgeglichener sind.“ Dennoch sagt er auch, dass der Schulsport alleine nicht ausreichen würde.
Bleibt Nikola also nur, auf einen schnellen Re-Start zu hoffen. In der Zwischenzeit schaut er sämtliche Spiele der Profis, obwohl er nicht versteht, warum die spielen dürfen und er nicht. Als BVB-Fan dürfte das jüngste 2:2 gegen die TSG Hoffenheim seine Stimmung auch nicht verbessert haben.