Bester Torjäger im Team

Nur zwölf Minuten Eingewöhnung - So wurde Karolis Antanavicius zum Topspieler bei GWD Minden

Karolis Antanavicius hat keine drei Monate gebraucht, um bei GWD Minden zum Topspieler zu werden. Der Litauer ist bester Torschütze des Teams, hinten eine feste Größe – und noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung.

Der Litauer Karolis Antanavicius ist der Top-Zugang von GWD Minden und wurde gleich zum besten Torschützen des Aufsteigers. | © Angela Metge

28.10.2025 | 28.10.2025, 20:09

Minden. Dass Karolis Antanavicius das Zeug für die Handball-Bundesliga hat, war den Verantwortlichen von GWD Minden klar. Dass er nach etwas mehr als drei Monaten schon ein Topspieler ist, hat aber alle überrascht. „Ich bin als No-Name gekommen und habe gezeigt, dass ich etwas kann“, sagt der 27-Jährige Litauer. Das klingt forscher, als es gemeint ist. Denn große Worte sind eigentlich eher nicht sein Ding.

Viel lieber stellt sich Antanavicius in den Dienst seiner Mannschaft und stürzt sich in die Trainingsarbeit: „Ich muss noch viel lernen und mein Spiel verbessern.“ Der Blick auf die Zahlen des ersten Saisondrittels zeigt dennoch seinen großen Wert für GWD. Mit 52 Toren, alle aus dem Feld erzielt, ist er bester Schütze des Teams vor Ian Weber (43/3). Hinzu kommen elf Assists. Dass die Topleute auf seiner Position Wurfquoten um die 70 Prozent haben, zeigt, dass der Zugang zwar noch Luft nach oben hat. Trotzdem ist er auf Anhieb angekommen in der neuen Liga.

„Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so schnell geht“, sagt der Litauer. Nach den Anfängen in seinem Heimatland spielte er vier Jahre beim Alpla HC Hard und war einer der torgefährlichsten Spieler der HLA-Meisterliga in Österreich. Der Schritt nach Deutschland war trotzdem groß – und das spürte Antanavicius. „Hier geht es körperlich ganz anders zur Sache, auch spielerisch ist es schneller.“ Trotzdem dauerte seine Eingewöhnung nur zwölf Minuten.

In seinen ersten Bundesliga-Minuten zahlte Karolis Antanavicius Lehrgeld. Beim Saisonauftakt gegen Göppingen wurde er früh ausgewechselt - und kam beeindruckend zurück. - © Angela Metge
In seinen ersten Bundesliga-Minuten zahlte Karolis Antanavicius Lehrgeld. Beim Saisonauftakt gegen Göppingen wurde er früh ausgewechselt - und kam beeindruckend zurück. | © Angela Metge

So lange stand der neue Mann im ersten Spiel gegen FA Göppingen auf dem Feld, bis er eine Zwangspause bekam: „Wir mussten ihn rausnehmen und vor sich selbst schützen“, erklärt Trainer Aaron Ziercke. Ballverluste, Fehlwürfe und zwei Zeitstrafen: Zu viel war dem 27-Jährigen bei seinen ersten Schritten auf der großen Bühne in kurzer Zeit misslungen. Doch er kam schnell zurück. „Ich habe mir gesagt, dass ich jetzt alles geben muss, sonst kann ich zu Hause bleiben.“ Antanavicius steigerte sich in der zweiten Halbzeit, warf beim 28:28-Remis noch vier Tore und legte den Grundstein für die Entwicklung der folgenden Wochen.

„Leute wie er werden überall gesucht“

Schon im Auswärtsspiel bei den Rhein-Neckar Löwen warf er sieben Tore und verbesserte auch seine Abwehrleistung. Längst ist der 1,94-Meter-Mann vorne wie hinten eine feste Größe bei GWD und hat auch manchen Experten überrascht. „Er kann auf Halblinks und im Innenblock spielen – solche Leute werden überall gesucht“, sagt Ziercke über den Stellenwert der Mindener Entdeckung: „Da hat sich unser Scouting ausgezahlt.“ Auch darüber hinaus hat der Litauer die Erwartungen mehr als erfüllt. „Niemals aufgeben, immer kämpfen bis zum Schluss“, beschrieb er im Sommer nach den ersten Tagen in Minden seinen Stil. Und der ist seitdem bei jedem seiner Einsätze zu sehen: „Er gibt uns genau das, was wir erwartet haben“, sagt Ziercke: „Er marschiert und bringt immer hundert Prozent Einsatz.“

Gegner am Boden, Arme in die Luft: Karolis Antanavicius feiert eine gelungene Abwehraktion beim Heimsieg gegen Hannover. - © Angela Metge
Gegner am Boden, Arme in die Luft: Karolis Antanavicius feiert eine gelungene Abwehraktion beim Heimsieg gegen Hannover. | © Angela Metge

Dabei ist Karolis Antanavicius nicht nur zuverlässiger Arbeiter, sondern manchmal auch lautstarker Antreiber. Etwa, wenn er nach einem Tor entschlossen jubelt oder auch, wenn er sich nach einer gelungenen Abwehraktion auf die Brust schlägt und das Publikum aufpeitscht. „Das kommt im Spiel von selbst und gehört zu unserem Sport“, sagt er über emotionale Ausbrüche auf dem Feld.

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Paradeübung ist der Sprungwurf

Daneben ist er eher ruhig und spricht bescheiden über seine Rolle im Team: „Ich will mein Bestes geben, das ist nicht nur Tore werfen. Auch Dinge wie Abwehr, Körpersprache oder Entscheidungen treffen gehören dazu.“ Tore machen dem Rechtshänder aber besonders viel Spaß, am liebsten erzielt er sie mit seinem gewaltigen Sprungwurf: „Anlauf nehmen, schauen, was der Torwart macht und dann aus acht, neun Metern schießen“, beschreibt Antanvicius seine Paradeübung.

Der Ausfall seiner Positionskollegen Morten Hempel Jensen (rechts) und Alexander Weck (Mitte) führten dazu, dass Anatanivius viel Spielpraxis bekam. - © Angela Metge
Der Ausfall seiner Positionskollegen Morten Hempel Jensen (rechts) und Alexander Weck (Mitte) führten dazu, dass Anatanivius viel Spielpraxis bekam. | © Angela Metge

Dass er so schnell eine zentrale Rolle bei GWD eingenommen hat, war auch ein Zufall. „Wir hatten nicht viel Auswahl auf meiner Position“, sagt der 27-Jährige über die Ausfälle von Morten Hempel Jensen und Alexander Weck. Antanavicius nutzte die Chance, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen: „Ich hatte weniger Druck und musste nicht nach ein, zwei Fehlern wieder auf die Bank. Das ist für den Kopf einfacher.“ Die Rückkehr seiner Rückraumkollegen sieht er trotzdem positiv: „Das ist wichtig für die Mannschaft.“

Die genießt in der Länderspielpause ein paar freie Tage, Antanavicius verbringt sie bei der Familie in Vilnius. Dann geht er mit seinem Team die wichtige Phase bis zum Jahreswechsel an, in der weitere Punkte für den Klassenerhalt gesammelt werden sollen. „Wir haben gezeigt, dass wir in dieser Liga spielen können“, betont der Litauer über das Team und sich selbst. Das bringt eine neue Herausforderung mit sich: „Die Gegner haben jetzt gesehen, wie ich spiele, und sind auf mich vorbereitet. Darauf muss ich vorbereitet sein.“

>>> GWD Minden - Handball

Die anderen Zugänge

Daniel Astrup: In der Vorbereitung machte der Däne einen starken Eindruck. Dann zog sich der Kreisläufer beim Spielo-Cup einen Abriss der Bizepssehne zu und wird noch bis zum Beginn der Rückrunde fehlen.

Malte Donker: Der 27-Jährige wurde von Trainer Aaron Ziercke gleich zum Kapitän bestimmt. „Er sucht den Austausch, ist klar und überlegt“, begründete der Coach. Rein sportlich wächst Donker in die Führungsrolle noch hinein.

Morten Hempel Jensen: Aufgrund einer Ellenbogenverletzung verpasste der Däne die ersten Saisonspiele. „Er ist dabei, reinzukommen“, sagt GWD-Geschäftsführer Nils Torbrügge.

Tibor Ivanisevic zeigte schon starke Leistungen im GWD-Tor. - © Angela Metge
Tibor Ivanisevic zeigte schon starke Leistungen im GWD-Tor. | © Angela Metge

Tibor Ivanisevic: Der serbische Torhüter zeigte vor allem mit 16 Paraden am zweiten Spieltag bei den Rhein-Neckar Löwen seine Qualitäten. Mittlerweile ist aber Malte Semisch wieder die Nummer eins.

Jakub Sterba: Nach einer Muskelverletzung gab der tschechische Rechtsaußen am neunten Spieltag sein Debüt. „Er hat aufblitzen lassen, was er kann“, sagt Torbrügge. Zuletzt quälte den 29-Jährigen ein Hexenschuss.

Azat Valiullin: Aufgrund der vielen Ausfälle wurde der russische Abwehrspezialist im September nachverpflichtet. Seitdem entlastet er das Team vor allem im Innenblock. (kül)

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