Bielefeld. Wenn ihre Mitspielerinnen nach dem Training oder dem Spiel nach Hause fahren, ist der Arbeitstag für Sarah Repohl noch lange nicht beendet. Fast jeden Abend hat Repohl noch einen weiteren Job zu erledigen. Die Torfrau des Handball-Verbandsligisten TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck ist angehende Physiotherapeutin. Das Praxisjahr – Repohl nimmt es wörtlich. Drei Sportmannschaften vertrauen ihren heilenden Händen.
Eine Klassenkameradin der Ludwig-Fresenius-Schule für Physiotherapie in Minden stellte einst den Kontakt zum Fußball-Bezirksligisten TuS Dornberg her. Nachdem der TuS Jöllenbeck sie auf dem Siegerfoto der Hallenfußball-Stadtmeisterschaften 2019 entdeckte hatte, bekam sie einen weiteren Job angeboten. Und: Den Handball-Landesligisten HCE Bad Oeynhausen betreut die Auszubildende auch. Nur am Dienstagabend nimmt sich Repohl einen Abend frei. „Ich möchte möglichst viele Erfahrungen sammeln", sagt siel. Ob sie wegen der vielen Aufgaben Abstriche machen müsse? „Ja, beim Feiern. In der Examensvorbereitung werde ich mein Engagement drastisch reduzieren müssen", ahnt Repohl. Perspektivisch möchte sie eine hochklassige Sportmannschaft intensiv physiotherapeutisch betreuen. „Dann soll es aber ein Handballteam sein", sagt die 21-jährige.
»Ich weiß nicht, was da in meinem Kopf vorging«
Noch knetet die Torfrau des TuS 97 aber die Muskeln der Amateursportszene. „Fußballern zwickt meistens die Wade", erklärt Repohl. Dazu kämen Verletzungen des Oberschenkels. Im Handball sei die Sachlage schwieriger: Schulterprobleme, Tapeverbände, Bänderrisse und Rückenbeschwerden, skizziert sie. „Handball ist ein komplexer Sport, entsprechend komplex sind auch die Verletzungen der Spieler."
Jobangebote annehmen, das ist für die angehende Physiotherapeutin offensichtlich kein Problem. Schwieriger sei ihr der Tapetenwechsel bei der sportlichen Karriere gefallen: Für die gebürtige Heeperin, die in der Jugend der TSG Altenhagen-Heepen groß wurde, war der Wechsel ins Handballdorf Jöllenbeck ein schwerer Schritt. In ihrem dritten Jahr kann die Torhüterin behaupten: „Ich fühle mich in Jöllenbeck wohl." Die Zeiten, in denen sie im roten TSG-Pullover auf der Bank sitzen musste, sind lange vorbei. Inzwischen ist Repohl dermaßen integriert, dass sie während der Siegerehrung des Kreispokals 2020 auch das Kuvert für die im Finale unterlegene Landesligamannschaft entgegennahm – versehentlich. „Ich weiß bis heute nicht genau, was da in meinem Kopf vorging. Ich brauchte wohl einfach das Geld", scherzt Repohl. Das Gegenteil wird selbstredend der Fall sein. Für diesen Fauxpas wird Repohl die Mannschaftskasse füttern müssen. Nur eines stört die talentierte Torhüterin: „Ich bin immer noch die Jüngste", klagt Repohl, die für ihre Mitspielerinnen (kleine) unangenehme Aufgaben erledigen muss.
Eine Regel gilt aber für Repohl wie in den Stein gemeißelt: „Eigene Spiele gehen vor. Wenn es zeitlich passt, bin ich Sonntag aber immer in Bad Oeynhausen", sagt Repohl. An diesem Sonntag wird die Torhüter ihre rettenden Hände gebrauchen: Im Verbandsliga-Topspiel empfängt der Tabellendritte TuS 97 den Tabellenführer TuS Brockhagen (15 Uhr, Realschule). „Wir liegen zwei Punkte dahinter und können aufschließen", sagt sie über die Ausgangslage. Ihre heilenden Hände, das hofft die Keeperin, wird sie erst am Montag wieder benutzen müssen: „Unser Kader ist schon so klein – wir haben nicht mehr viele, die ich flicken könnte."