So dramatisch schildern die Arminia-Fans das Einlass-Chaos beim Pokalfinale in Berlin

Bielefeld. Die Vorfälle lassen sich nicht mehr rückgängig machen. Was sich am 24. Mai vor dem Südtor des Berliner Olympiastadions abgespielt hat, ist inzwischen umfassend dokumentiert. Allein den DSC Arminia Bielefeld erreichten nach eigener Aussage mehr als 600 E-Mails mit Schilderungen enttäuschter Fans, die sich um das &bdquo;Jahrhunderterlebnis DFB-Pokalfinale“ betrogen sahen. Auch in dieser Redaktion gingen Dutzende Nachrichten ein, die einen Eindruck davon gewinnen lassen, wie dramatisch sich die Situation in der angestauten Fan-Masse darstellte. Der Vorplatz des Stadions mündete in zwei trichterförmigen, zu beiden Seiten abgesperrten Zugängen zu je sieben Drehkreuzen. Im Trichter wurde die Menschenmenge durch schlangenförmig aufgestellte Absperrgitter geleitet. Ein 78-jähriger Mann stand fast zwei Stunden in der Einzäunung. Er klagt: &bdquo;Es kamen zwei Lautsprecherdurchsagen: Man sollte ein anderes Eingangstor benutzen. Durch die Schlangenführung der Gitter gab es keine Möglichkeit, zu einem anderen Eingang zu kommen.“ Feuerwehrmänner unter den Fans begriffen den Ernst der Lage In der Masse standen auch Profis, die einen Blick für sich zuspitzende Lagen haben: &bdquo;Wären hier durch das Gedränge Zuschauer über die Gitter gestolpert, hätte es erste Verletzte gegeben beziehungsweise wären durch den Druck der rückwärtigen Massen weitere Zuschauer auf diese gestürzt. Eine schnelle Versorgung durch den Rettungsdienst wäre in diesem Chaos nur erschwert bis gar nicht möglich gewesen“, schildert ein Berufsfeuerwehrmann und Notfallsanitäter mit 25 Jahren Berufserfahrung. Ein weiterer Berufsfeuerwehrmann und Rettungssanitäter stand mit einem Kollegen ebenfalls in der Schlange. Er sagt: &bdquo;Wir hatten uns mental schon darauf eingestellt, dort arbeiten zu müssen, sobald Leute wegen der Temperatur und zweieinhalb Stunden Am-Stück-Stehens umkippen oder es sogar zu einem Gedränge beziehungsweise einer Panik kommt.“ Lesen Sie auch: Jetzt äußert sich die Berliner Polizei zum Einlass-Skandal vor Arminias Finale Was die Lage offenbar noch schlimmer machte, war die lose Verankerung der Gitter. Ein Fan sah: &bdquo;Eine halbe Stunde vor Anpfiff wurden teilweise die Gitter durch den Ordnungs- und Sicherheitsdienst geöffnet und die Schlange verlagerte sich nach links und rechts. Was zu vermehrten Drängeleien führte.“ Eltern sahen die Angst ihrer Kinder Ein Familienvater bemerkte ebenfalls zur schlangenförmigen Wegführung: &bdquo;Die Zäune waren nicht befestigt, sie gaben immer wieder nach, wurden verschoben.“ Der Mann beschreibt die Angst seiner 11-jährigen Tochter, die mit ansah: &bdquo;Personen haben Kreislaufprobleme bekommen, Sanitäter kamen nicht durch, wie auch? Wir haben nach Sanitätern gerufen – nichts! Nach ein paar Minuten kamen vier Polizisten und quetschten sich nach vorne durch die Menschenmassen.“ Ältere und Kinder standen häufig hilflos im Gedränge. Väter berichten, wie sie ihren Nachwuchs über Absperrungen gehoben haben, um sie vor dem Druck zu schützen. Ein 45-Jähriger beobachtete: &bdquo;Es haben Menschen vor Angst geweint, viele hatten Schmerzen, da sie von der nachrückenden Menschenmenge gegen die zusammengeschobenen Wellenbrecher gedrückt worden sind. Neben mir ist ein älterer Herr halb bewusstlos weggeknickt. Es waren einige Kinder dabei, denen (sowie auch deren Begleitung) die Angst sehr deutlich anzusehen war.“ Lesen Sie auch: Stadiongesellschaft reagiert: Fans von Arminia Bielefeld nach Einlass-Chaos weiter verärgert Der Vater eines siebenjährigen Kindes gibt an: &bdquo;Eine unzureichende Beschilderung sowohl zu den Zugängen als auch zu einem wohl vorhandenen Familieneingang führte dazu, dass wir mehr als anderthalb Stunden ohne Wasser in der prallen Sonne vor den Eingängen standen. Pöbeleien musste ich mir noch gefallen lassen, da ich mich dann irgendwann vorgedrängelt habe, da mein Sohn sich fast in die Hose gemacht hätte.“ Immer wieder Berichte über Schwächeanfälle Auch ein Mitarbeiter unserer Zeitung, der privat das Spiel anschauen wollte, beobachtete: &bdquo;Möglicherweise gab es da Hinweise, dass an anderen Toren der Einlass schneller geht. Aber die Angst, dort dann ganz hinten wieder zu stehen, hat niemanden gehen lassen. Die Stimmung seit 19 Uhr wurde zunehmend aggressiv. Arminia-Fans gingen andere Arminia-Fans verbal an, weil sie Sperrgitter geöffnet hatten, um so vorzudrängeln. Für meinen Sohn (11) eine eher beängstigende Situation gepaart mit der Angst, nicht rechtzeitig reinzukommen.“ &bdquo;Ich gehe seit Jahrzehnten zu Fußballspielen und habe noch nie einen so unorganisierten und gefährlichen Einlass erlebt. Meine Frau hatte in dem Gedränge am Tor Todesangst, ich habe versucht, sie abzuschirmen. Anderen ging es genauso“, sagt ein ehemaliger Manager einer Sportmarketingagentur. &bdquo;NW“-Mitarbeiter berichtet: So erlebte ich das Chaos vor Arminias DFB-Pokalfinale Fans, die in Flaschen urinierten, und immer wieder Schwächeanfälle, so sah es ein weiterer Fan: &bdquo;In der dicht gedrängten Menge kollabierten Menschen, es kam zu besorgniserregenden Szenen, da selbst Sanitäter nicht zu den Betroffenen vordringen konnten. Glücklicherweise konnte einer kollabierten Person in meiner unmittelbaren Nähe durch einen anwesenden fachkundigen Fan geholfen werden.“ DFB will &bdquo;Wahrnehmungspunkte und Lösungsansätze“ besprechen Da es nicht zur Katastrophe kam, gibt es keinen Grund für die Staatsanwaltschaft, zu ermitteln. Auch Schadenersatzforderungen haben nur geringe Erfolgschancen. Die Frage nach Gründen und der Verantwortung für das Chaos ist allerdings noch nicht hinreichend beantwortet. Deutscher Fußballbund (DFB), Stadiongesellschaft und Polizei sind gefragt. Der DFB hat als Veranstalter &bdquo;mit Hochdruck“ Aufklärung versprochen. Der Verband, der von dieser Redaktion einen weiteren Fragenkatalog zum Thema erhalten hat, verwies in einer Antwort auf sein Statement vom 28. Mai. Außerdem heißt es: &bdquo;Im nächsten Schritt werden die Wahrnehmungspunkte und Lösungsansätze zunächst mit den beteiligten Institutionen und Organisationen abschließend besprochen und Handlungsoptionen für die Zukunft abgeleitet.“ Vielleicht sind die Schilderungen der Betroffenen, die auch der DSC dem Verband zukommen lassen wird, &bdquo;Wahrnehmungspunkt“ genug. Viele geschockte Fans warten weiterhin auf Ergebnisse der Untersuchung.

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