Bielefeld-Coach Mitch Kniat: „Wir werden mit Arminia eine extrem erfolgreiche Zeit haben“

Herr Kniat, vor einem Jahr haben Sie an gleicher Stelle gesagt, dass Sie mit Ihrem Kader zufrieden seien. Haben Sie jetzt, ein Jahr später, andere Eindrücke von Ihrer veränderten Mannschaft? Auch jetzt bin ich mit dem Kader zufrieden. Spieler, bei denen wir gesehen haben, dass sie nicht zu uns passen, sind nicht mehr dabei. Wir haben den Riesenvorteil, frühzeitig mit den Spielern verlängert zu haben, die sich mit Arminia identifizieren und sehr gut zu uns passen. In diesem Jahr wird es so sein, dass wir wissen, dass ganz viele Spieler funktionieren werden, weil sie es schon ein Jahr unter Beweis gestellt haben. Bei den Charakteren der Neuzugänge sind wir uns sicherer, weil wir frühzeitig Gespräche führen konnten und keinen Zeitdruck hatten. Nach dem Abschied von Fabian Klos hat das Team keinen Star mehr in seinen Reihen. Sehen Sie das als Vor- oder Nachteil? Ich würde es als Vorteil sehen. Mehrere Leute werden die Option nutzen, in diese Fußstapfen zu treten. Aber ich glaube auch, dass in diesem Jahr eher das Team der Star ist, weil es mehrere gibt, die auch in jungen Jahren schon Verantwortung übernehmen müssen, aber das auch wollen. Zu der Zeit, in der Fabi noch da war, war es viel schwieriger, so eine Rolle anzunehmen. Lesen Sie auch: Arminias neuer Stürmer will als Nummer 9 in Klos’ Fußstapfen treten Klos hat viel für den Verein getan. Trotzdem hatte man das Gefühl, dass er nicht mehr zu einhundert Prozent in Ihr System gepasst hat. War für Sie der Umgang damit schwierig, gab es womöglich auch Reibereien? Der Umgang war vom ersten Tag bis heute sehr gut. Es war immer ehrlich und direkt. Wir haben bis heute ein super Verhältnis, schreiben und telefonieren immer noch. Wir wussten, dass, wenn er Gas gibt, er ein Top-Drittligaspieler ist. Und er wusste, dass er sich richtig quälen musste. Es war ein Geben und Nehmen. Und in den schwierigen Phasen hat er ganz viel auf sich genommen, was auch nicht selbstverständlich ist. Klos war tatsächlich eine absolute Identifikationsfigur, der in schlechten Phasen vieles aufgefangen hat. Trauen Sie der Mannschaft zu, dieses Vakuum ausfüllen zu können? Mael Corboz hat die Position als Kapitän eingenommen. Das sofort zu klären, war mir wichtig, damit er Zeit hat, auch mit den Medien umzugehen, denn der Kapitän ist immer gefragt. Er geht vorneweg. Im Mannschaftsrat wurde Christopher Lannert bestätigt, mit André Becker kam ein Neuer dazu, Jonas Kersken wächst auch gerade in eine Führungsrolle rein. Lesen Sie auch: Diese Spieler bilden den neuen Mannschaftsrat der Arminia Mit Aygün Yildirim, Gerrit Gohlke und Semi Belkahia, der gerade verletzt ist, sind einige Akteure ins Hintertreffen geraten, die einen anderen Anspruch haben. Wäre ein Vereinswechsel für diese Spieler nicht besser? Wenn man unzufrieden ist, ist es völlig normal, dass man an die Sportliche Leitung herantritt oder an seinen Berater. Wir sind nicht böse, wenn sie bei uns bleiben, aber wir sind auch nicht böse, wenn sie sich umgucken. Aygün hat jetzt wieder ein gutes Testspiel gemacht. Gerrit war krank und verletzt, hat das Trainingslager verpasst, deswegen ist er ein bisschen hinten dran. Aber wir sind in dem Stadium, dass sich beide immer wieder zeigen können. Auf welchen Positionen sehen Sie noch Verstärkungsbedarf? Auf der Außenbahn rechts oder links könnten wir noch etwas machen. Da geht es um einen anderen Spielertyp, damit wir etwas variabler wechseln können. Damit wir, wenn es nicht so läuft, mit ein paar anderen Spielertypen, ohne das System zu ändern, das Spiel verändern. Nicklas Shipnoski, der zu Waldhof Mannheim gewechselt ist, hat kürzlich in einem Interview gesagt, in Bielefeld habe das Spielsystem nicht gepasst. Wie reagieren Sie auf solche Kritik? Wenn Spieler den Verein verlassen, dann werden sie Gründe haben. Ich halte mich immer raus, über Spieler zu reden, die mal bei mir waren. Ich wünsche ihm alles Gute und hoffe, dass er wieder seine Quote erreicht, die er schon mal hatte. Apropos Kritik: Sie haben sich immer sehr deutlich zur Arminia bekannt, haben immer gesagt, dass es Ihr Herzensverein ist. Trotzdem haben die Fans &bdquo;Kniat raus“ gerufen. Was hat das mit Ihnen gemacht? Ich wusste nicht, was diese Rufe mit mir machen. So heftige Kritik gab es für mich zum ersten Mal. Ich bin sehr standhaft geblieben, war immer von der Sache überzeugt, habe mich aber auch immer selber hinterfragt und an Stellschrauben gedreht. Ich bin aber bis heute immer davon überzeugt, dass wir mit Arminia eine extrem erfolgreiche Zeit haben werden. Wenn man seine Fehler einsieht und sie nicht noch einmal macht, ist es naheliegend, dass man erfolgreicher wird. Es gab Momente, in denen Sie mit zwei Siegen auch ins obere Drittel hätten aufsteigen können. Dann wurde es aber mit einigen Niederlagen Abstiegskampf. Haben Sie zu jedem Zeitpunkt der Saison damit gerechnet, dass es für Sie weitergehen wird? Nach der 1:2-Niederlage im Januar in Münster wusste ich, dass es ganz bitter ist, so aus der Winterpause zu kommen. Danach habe ich ein paar Mal gedacht, dass es sehr eng wird, wenn wir weitere Spiele verlieren. Aber da hat sich auch der Charakter der Mannschaft gezeigt. Wir waren immer bei einhundert Prozent und haben die wichtigen Spiele, wie gegen Freiburg II oder Dortmund II gewonnen. Auch das wichtige 0:0 gegen Halle haben wir uns erarbeitet. Aus der Liga sind mit Münster und Ulm zwei Teams aufgestiegen, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hatte. Das heißt im Umkehrschluss, dass zwei Favoriten vom vergangenen Jahr dringeblieben sind. Hinzu kommen Traditionsklubs mit Wucht, wie Aachen oder Rostock. Wie schätzen Sie die Liga ein? Man kann zehn, zwölf oder 13 Teams zu den Favoriten zählen. Es wird entscheidend sein, dass man keine Negativserie über fünf, sechs Spieltage hat. Nach Siegen darfst du dich nicht zu sehr feiern lassen, sondern musst bei dir bleiben. Und auch mit Niederlagen darfst du dich nicht zu sehr beschäftigen. Zum Auftakt geht es zum Aufsteiger nach Cottbus, dann kommt der BVB II. Wie bewerten Sie das Programm? Ich bin mit dem Auftaktprogramm zufrieden. Ich spiele lieber früh gegen die Amateurmannschaften, weil sich die jungen Spieler extrem entwickeln und am Ende des Jahres ein Jahr älter, aber auch ein Jahr besser sind. Lesen Sie auch: Arminia startet in Cottbus in die nächste Drittligaspielzeit Spüren Sie nach dem Plakat der Ultras in München (&bdquo;38 Spiele standen wir bedingungslos hinter euch, nächste Saison zählt nur der Erfolg“) und der unbefriedigenden vergangenen Saison besonderen Druck, direkt liefern zu müssen? Wir haben in jedem Spiel Druck, weil wir uns den auch selber machen. Wir wollen eine erfolgreiche Saison spielen und einiges besser machen als im vergangenen Jahr. Aber wir haben die Botschaft auf dem Plakat verstanden. Sie kommen aus Eschweiler, einem Vorort von Aachen, haben inzwischen aber mit Wiedenbrück (als Spieler), Paderborn, Verl und Bielefeld offensichtlich OWL als Ihre sportliche Heimat entdeckt. Ist das Zufall, oder haben Sie sich auch ein wenig in die Region verguckt? Ich fand die Region immer schön, weil es hier nicht zu verrückt und wild ist. Ich habe auch mal in Berlin gewohnt, dagegen ist OWL entspannt. Ich mag es im Privatleben etwas ruhiger. Ich wohne auch nicht direkt in Paderborn, sondern etwas außerhalb. Aber die ganze Region OWL würde ich als meine Heimat bezeichnen. Vom Privatmann Mitch Kniat weiß man nicht so viel, zum Beispiel, ob es eine Ehefrau gibt oder Kinder. Halten Sie Ihr Privatleben bewusst lieber im Hintergrund? Ja. Ich halte das Private komplett raus. Ich bin der Fußballtrainer und möchte als der erkannt werden. In Verl habe ich mein erstes Jahr komplett bei jeder Temperatur im Pulli geleitet, weil ich nicht der Trainer sein wollte, der nur auf seine Tattoos reduziert wird. Man soll mich nach meiner Arbeit als Trainer bewerten, und darum halte ich das Private komplett raus. Sie haben ihre Tattoos angesprochen. Ein Vereinswappen, vielleicht sogar das der Arminia, wie bei Stefan Krämer, einem Ihrer Vorgänger, ist aber noch nicht dabei? Nein, es gibt keine Vereinswappen. Aber ich hätte keine Probleme, wenn etwas ganz Besonderes passiert, da etwas zu machen. Alle meine Tattoos haben für mich eine Bedeutung. Am dichtesten dran war der Blumenthaler SV. Da bin ich zum Fußballtrainer gereift. Spieler von damals sind inzwischen auch Freunde geworden. Auch mit meinem Vorgänger Peter Moussalli telefoniere ich alle zwei, drei Tage. Er hat mich kürzlich auch besucht. Da ist noch ein ganz enger Draht.

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