Arminia Bielefeld und der Preis des Löcherstopfens

Es ist ein hypothetischer Gedanke. Aber vielleicht kam Fußball-Zweitligist Arminia Bielefeld diese Oberschenkelverletzung von Torwart Stefanos Kapino sogar ganz gelegen, das neuerliche Nachrüsten simpel begründen zu können. Offensichtlich war ja: Beim Griechen passte bis dato auch die Leistung nicht, in dieser Form wäre er auch im fitten Zustand über eine ganze Saison kaum tragbar. Mit der Wahl von Martin Fraisl - starke Mentalität, gesundes Ego, unbequem auf der Ersatzbank - gibt der DSC ein klares Zeichen: Kapino kriegt nicht nur Konkurrenzkampf, er wird sich nach der Genesung wohl sogar unterordnen müssen. Fraisl kommt, um zu spielen, und das vorweg: Diese Verpflichtung ergibt Sinn, sie erschien sogar dringend notwendig. Aber sie hat auch Folgen. Arne Schulz, eines der größeren Talente im DSC-Kader, droht die Rolle als Nummer drei. Die Frage, ob er in seiner Heimat langfristig an der richtigen Adresse ist, ist da nur legitim - zumal für Schulz die Begründung der Fraisl-Verpflichtung schwere Kost ist. Wie soll der 19-Jährige schließlich in Bielefeld jene Profi-Erfahrung erlangen, die nun für den frisch transferierten Österreicher spricht, wenn nicht in Phasen, in denen sein bis zuletzt einziger Konkurrent Kapino schwächelt? Und doch finden sich ja auch für die Gegenposition Argumente: Schulz im Kellerduell gegen Braunschweig zu nominieren ginge mit der Gefahr einher, ihn zu verbrennen. Es ist davon auszugehen, dass die Arminia-Verantwortlichen auf das Wort vom so erfahrenen Torwartcoach Marco Kostmann hören - und dieser den Entwicklungsstand des Youngsters treffend einschätzen kann. Das Ergebnis von Fehleinschätzungen und Korrekturen Der neunte Sommertransfer des DSC ist derweil der vierte, der in die Kategorie "Löcherstopfen nach Saisonbeginn" fällt. Die Qualität des ursprünglich zusammengestellten Kaders hat den Realitätscheck im Wettkampf bislang nicht bestanden. Dies gilt für die Mittelfeldachse, die rechte sowie mit Abstrichen die linke Abwehrseite, wo schon nachgerüstet wurde. Aber auch für die Offensive, bei der das Kosten-Nutzen-Verhältnis bis dato in auffälligem Missverhältnis steht. Und natürlich für die Position zwischen den Pfosten, auf der sich Arminia ursprünglich zum Duo Kapino/Schulz mit A-Junior Nils Hahne in der Hinterhand bekannt hatte. Im Wissen, dass schon ein einziges Leistungsloch oder eine Verletzung diese dünne Besetzung schwer treffen würde, war die Entscheidung gewagt. Nun hat sich beides eingestellt. Bastian Oczipka, Lukas Klünter, Ivan Lepinjica und nun Fraisl: Jeder aus diesem Quartett kann die Bielefelder kurzfristig besser und stabiler machen. Jede Verpflichtung für sich ist schon deshalb schlüssig, weil Arminias sportliche Leitung nun als allerersten Auftrag das Sichern der 2. Bundesliga hat. Die Summe aus unglücklichen Personalentscheidungen und dem wiederholten Korrekturbedarf ergibt das aktuelle Bild eines zusammenreparierten, mit 28 Spielern überbesetzten Kaders. Einer, der sich mit allen Neuankömmlingen nun zügig aufraffen muss, um homogen und erfolgreich zu werden. Der Weg hin zu all den längst eingespielten Teams von Heidenheim über Darmstadt bis Paderborn wird weit. Was Arminia Bielefeld auch in anhaltend schweren Zeiten nicht vergessen darf, sind Signale langfristiger, sportlicher Werte. Im Sinne der Jungprofis, von denen so viele stagnieren, auch weil ihnen der Weg zu Einsatzminuten mit jedem Neuzugang - und ohne Wiederaufnahme der seit Jahren diskutierten U21-Mannschaft - erschwert wird. Und im Sinne einer fußballerischen Philosophie, die mit jeder notwendig gewordenen Flickmaßnahme ein wenig an Kontur verliert.

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