DSC-Präsident: Arminias Kaderbudget war so hoch wie Lewandowskis Gehalt

Herr Schütte, vor zwei Wochen saßen wir schon einmal im Stadion zusammen und Sie haben das Ausscheiden von Herrn Rejek zum Jahresende verkündet. Seitdem ist nicht viel passiert, was einen neuen Trainer und neue Spieler angeht. Die Fans in den sozialen Netzwerken werden langsam nervös. Wie weit ist denn die Trainersuche fortgeschritten? Rainer Schütte: Samir (Arabi, Sportchef, Anm. d. Red.) und sein Team führen viele Gespräche, deswegen ist er in Bielefeld auch kaum sichtbar. Wir sind auf einem guten Weg. Das Gleiche gilt für den Nachfolger von Markus Rejek. Wir müssen die Themen in aller Ruhe und Besonnenheit abarbeiten. Wir stellen für beide Bereiche fest, dass Arminia eine gute Adresse geworden ist. Es hat sich etwas bewegt durch die gute Arbeit der vergangenen Jahre. Was draußen anerkannt wird, ist die Ruhe im Verein. Auch auf der DFL-Versammlung haben wir mitbekommen, dass wir im Gegensatz zu anderen Vereinen mit Ruhe und Besonnenheit die Dinge angehen Ist es ein Vorteil für die Nachfolgersuche von Markus Rejek, dass Sie einen Hintergrund in der Wirtschaft haben? Und würde Sie diese Aufgabe selbst reizen? Bei Themen wie Digitalisierung und Internationalisierung, die der Fußball vor der Brust hat, kann man sicherlich keinen 65-Jährigen wie mich nach vorne stellen. Aber es gehört für Maurice Eschweiler und mich zum Tagesgeschäft, in der Funktion als Aufsichtsrat, Geschäftsführer zu suchen oder Verträge mit Geschäftsführern zu machen. Trotzdem ist es hier etwas Besonderes. Wir gehen da in aller Ruhe ran. Wie viel Zeit braucht der Nachfolger von Markus Rejek für die Einarbeitung? Es bedarf schon einer gewissen Zeit, auch das Drumherum des Vereins kennenzulernen. In der Position weiß man etwa nach drei Monaten das meiste. Ideal wäre es, wenn es noch eine Überlappung mit Markus Rejek gäbe. Aber wenn nicht, ist das auch nicht schlimm, denn die Strukturen stehen. Es wäre gut, wenn auch in Zukunft kein Lautsprecher, sondern eine zielgerichtete und fokussierte Person - wie Markus es ist - die Position wieder ausfüllt. Wie sehr schmerzt der Abstieg aus der ersten Liga, wie sehr wirft er Arminia Bielefeld zurück? Arminia muss ligaunabhängig planen, damit meine ich erste und zweite Bundesliga. Ein Abstieg bedeutet immer eine große Herausforderung, weil über Nacht viele Millionen aus den TV-Geldern fehlen. Andererseits sind wir guter Hoffnung, dass die Fangemeinde treu bleibt und wir eine angemessene Zahl von Dauerkarten verkaufen, die wir auch hoffentlich in der kommenden Saison komplett nutzen können. Wir haben wegen Corona gut 20 Millionen Euro Einnahme-Ausfälle gehabt. Trotzdem haben wir ein positives Ergebnis erzielt in der Saison 21/22. Da gibt es nicht viele in unserem Umfeld, die das von sich behaupten können. Also wird es voraussichtlich mehr als eine schwarze Null, weil wir mehr Zuschauer begrüßen durften, als wir in der vorsichtigen Planung berücksichtigt hatten. Wirtschaftlich ist die letzte Saison absolut in Ordnung gewesen. Unser gesamtes Kaderbudget war so hoch wie das Gehalt von Robert Lewandowski. Um mal eine Einordnung zu haben. Bei der Pressekonferenz vor zwei Wochen hatten Sie gesagt, dass Arminia kommende Saison angreifen wolle. Können Sie die Aussage etwas präzisieren? Ich habe zweigeteilt geantwortet. Ich habe gesagt: Jeder von uns kennt die Szenarien, die Erstligisten nach einem Abstieg drohen. Das gilt auch für uns. Unser primäres Ziel ist es, in der 2. Bundesliga erst einmal anzukommen. Wir müssen uns stabilisieren und schauen, wo wir stehen, um dann hoffentlich bald nach oben hin anzugreifen. Wir haben den Wunsch, nach oben zu gucken. Wir wissen alle, dass die zweite Liga sehr gut besetzt ist. Das ist eine Herausforderung, aber eine schöne Herausforderung. Glauben Sie, dass durch die finanzstarken Aufsteiger wie Werder Bremen oder Schalke 04, sich die Chance für Arminia erhöht hat, direkt wieder aufsteigen zu können? Wir wissen, dass Arminia auch in der zweiten Liga kein Krösus ist. Wir befinden uns im guten Mittelfeld der Etats. Es muss vieles passen. Im letzten Jahr hat bei uns vieles nicht gepasst, weshalb wir in der Summe dann zurecht abgestiegen sind. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen in einem solchen Verein, wie wir es sind, viele Dinge ineinandergreifen und funktionieren. Dann haben wir jede Chance der Welt. Die Beraterkosten sind in den vergangenen Jahren extrem in die Höhe gegangen. Wie geht Arminia damit um? Das ist ganz schwierig für Arminia. Das Spiel ist so, wie es momentan ist. Wir haben nicht so viel Liquidität, müssen das Spiel aber irgendwie mitspielen. Aber mein Eindruck ist, dass die Berater ganz genau hinschauen, welche Vereine für den Spieler attraktiv sind. Durch diese Situation kommt ja auch die Tendenz, Verträge auslaufen zu lassen, um Handgelder und Beraterhonorare entsprechend maximieren zu können. Das ist letztendlich das Spiel. Im Übrigen sind das aber häufig kluge Menschen, die nicht nur das Beste für sich, sondern auch für ihre Klienten tun wollen und müssen. Ist Arminia deshalb auf weitere Transfererlöse angewiesen? Nein, die Planung für die Saison ist abgeschlossen. Die Budgets stehen. Das braucht die sportliche Abteilung ja auch für den neuen Trainer und die Neuzugänge. Unsere sportliche Abteilung ist dafür bekannt, dass sie gegen Ende der Transferphase noch gute Deals eintütet. Nun geht die Transferphase bis zum 1. September, wo die Saison schon lange im Gange ist, was uns dann eben unbedingt entgegenkommt. Daher sind wir sind froh, dass wir schon jetzt solch einen Kader zusammen haben. Wir werden noch die richtigen Leute dazubekommen. Ich persönlich glaube, dass zum Ende der Transferperiode womöglich das eine oder andere passieren wird. Wir können nunmal finanziell nicht aus dem Vollen schöpfen. Ein Thema, das die Fans brennend interessiert: Wie können die Profis abseits der Spieltage wieder nahbarer werden? Gibt es im Verein etwa Diskussionen um öffentliche Trainingseinheiten? Was würden Sie gerne mit ankurbeln? Corona hat mit uns allen etwas gemacht. Die Fans sind aus verschiedenen Gründen auf Distanz gegangen. Aber wir brauchen die Nähe. Auch den Spielern hat das gefehlt. Das hat man gemerkt. Sie haben sich durch Corona nur noch in ihren Kreisen bewegt. Der Austausch mit dem Betreuerteam hat nicht so stattgefunden wie in der Vergangenheit, weil man auch dort durch Corona Distanz wahren musste. Wir müssen wieder die Nähe herstellen zwischen uns, die auf der Tribüne sitzen und zuschauen, und denen, die auf dem Platz stehen. Sie sind jetzt seit elf Monaten im Amt. Wenn Sie eine Bilanz ziehen müssten, wie fällt diese aus? Welche Ziele haben Sie schon erreicht? Und wie viel Austausch haben Sie noch mit Ihrem Vorgänger Hans-Jürgen Laufer? Hans-Jürgen Laufer ist präsent, wir sind ständig im Austausch. Der Verein ist viel mehr, als man auf den ersten Blick wahrnehmen kann, und beansprucht auch viel mehr. Die inhaltliche und zeitliche Herausforderung habe ich unterschätzt. Um das bewältigen zu können, braucht man eine Familie, die einem keine Knüppel zwischen die Beine wirft. Auch das eine oder andere Hobby bleibt auf der Strecke. Aber es ist unheimlich bereichernd, weil ich etwa so viele Menschen kennengelernt habe, die sich hier ehrenamtlich einbringen.

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