Gekaufte Siege und Zwangsabstieg: Arminia im Bundesliga-Skandal

Bielefeld. Am kommenden Dienstag treffen sie mal wieder aufeinander: Arminia Bielefeld und der FC Schalke 04. Für den DSC ist das Duell mit dem designierten Absteiger aus Gelsenkirchen im Kampf um den Klassenerhalt von großem Stellenwert. Dass es allerdings eine auch historisch so bedeutsame Begegnung wird wie jene beider Klubs vor exakt 50 Jahren, ist nicht zu erwarten: Das Aufeinandertreffen am 17. April 1971 markierte den Anfang des sogenannten Bundesliga-Skandals. Arminias erster Aufstieg in die Eliteklasse im Sommer 1970 löste nicht nur bei den Fans große Erwartungen aus. &bdquo;Ein Bundesligaverein ist wichtig für Bielefeld, da das Image einer so relativ kleinen Stadt dadurch wächst", urteilte Bürgermeister Herbert Hinnendahl. Sein Appell lautete daher: &bdquo;Steigt bloß nicht gleich wieder ab!" Doch für die kaum verstärkte Mannschaft bedeutete der Klassenerhalt trotz gelegentlicher Höhepunkte wie den Siegen gegen Bayern München und beim späteren Meister Borussia Mönchengladbach eine Herkulesaufgabe. Bald war Arminias Vorständlern um Präsident Wilhelm Stute und Trainer Egon Piechaczek klar, dass es weniger auf die Taktik auf dem Feld ankam. Vor dem Spiel bei Schalke 04 starteten sie den ersten Bestechungsversuch. Torwart Burdenski lässt Arminia verzweifeln Verteidiger Waldemar Slomiany, in der Vorsaison noch für die Schalker am Ball, wandte sich im Auftrag des DSC-Vorstands an acht seiner ehemaligen Mitspieler. Die willigten ein, die abstiegsbedrohte Arminia für gerade mal 40.000 Mark siegen zu lassen. So kam es am 17. April 1971 vor 15.000 Besuchern in der Glückauf-Kampfbahn zu kuriosen Szenen, weil die Bielefelder es trotz der Absprache lange nicht fertigbrachten, den nicht eingeweihten und immer wieder großartig parierenden Schalker Schlussmann Dieter Burdenski zu überwinden. Der bekam bald von einem Mitspieler zu hören: &bdquo;Mensch Budde, geh zur Seite!", verstand aber überhaupt nicht, was gemeint war. Schließlich traf Gerd Roggensack kurz vor Schluss doch noch zum Bielefelder 1:0-Sieg. &bdquo;Die Schalker haben uns ständig überlaufen, aber statt querzupassen oder zu schießen, haben sie plötzlich zurückgespielt zu Rolf Rüssmann, der an der Mittellinie stand. Da haben wir gemerkt: Hier stimmt was nicht", erinnert sich Arminias Mittelfeldspieler Uli Braun, der wie die meisten seiner Mitspieler von nichts wusste. Trotz des aufgekommenen Verdachts bestach Arminia in den folgenden Wochen munter weitere Gegner. Mit Erfolg – außer in einem Fall: Beim MSV Duisburg waren nur drei Kicker eingeweiht, die Bielefelder Dilettanten verloren 1:4 und forderten ihr Geld zurück. Kater nach der Party Nachdem Arminia die letzte Partie der Saison bei Hertha BSC wie alle gekauften Spiele mit 1:0 gewonnen hatte, war der Klassenerhalt perfekt. Den Feierlichkeiten im Ostseebad Travemünde folgte aber schnell ein schwerer Kater: Schon am Morgen nach dem letzten Spieltag legte der Präsident der abgestiegenen Offenbacher Kickers, Horst Gregorio Canellas, mit Tonbändern von mitgeschnittenen Telefongesprächen Beweise für die Manipulation mehrerer Begegnungen vor. In den Ermittlungen der Sportgerichtsbarkeit stellte sich laut DFB-Chefankläger Hans Kindermann heraus, dass zehn der 18 Bundesliga-Klubs in den Skandal involviert, aber &bdquo;kein Verein in einem solchen Ausmaß an Manipulationen beteiligt war wie Arminia". Präsident Stute legte ein Geständnis ab und trat zurück, das Sportgericht verurteilte den DSC im Februar 1972 zunächst zum Abstieg in die oberste Amateurliga. Sämtliche Spiele der laufenden Bundesliga-Saison wurden für den Gegner gewertet. Nach einer Begnadigung durfte Arminia ab Sommer 1972 dann doch in der Regionalliga, der damals zweithöchsten Liga, antreten. Auch die zunächst lebenslange Sperre gegen Trainer Piechaczek, den die Bielefelder schnell gefeuert hatten, wurde abgeschwächt. Neben den beiden Arminen Slomiany und Jürgen Neumann, der als Geldbote vor dem Hertha-Spiel fungiert hatte, erhielten 50 weitere Bundesliga-Spieler Strafen. Viele Menschen wandten sich angewidert von der Bundesliga ab, in der Saison 1972/73 sank die Gesamtzuschauerzahl um 20 Prozent. Einen Imageschaden wie diesen konnte der Deutsche Fußball-Bund kurz vor der WM 1974 im eigenen Land nicht gebrauchen. Doch schon in der Spielzeit vor dem großen Turnier strömten schon wieder so viele Menschen in die Stadien wie vor der Affäre, die Entfremdung des Publikums hielt also nicht lange an. Und doch ist der Bundesliga-Skandal auch 50 Jahre danach noch unvergessen.

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