
Bielefeld/Essen. Drei Klassen tiefer, so gut wie keine Zuschauer vor Ort: Für Regionalligist Rot-Weiss Essen stehen die Chancen vor dem DFB-Pokalduell mit Arminia Bielefeld nicht sonderlich gut. RWE-Trainer Christian Neidhart gibt sich vor Anpfiff aber noch nicht geschlagen. „Das Spiel muss zu einem Pokalspiel werden", sagt er. „Je länger es zu Null steht, desto besser." Ohne die entsprechende Atmosphäre müsse man „sofort in jeden Zweikampf rein". Chancenlos sieht er seine Mannschaft, die individuell allemal schon Drittliga-Qualität besitzt, nicht.
Gegen Wiedenbrück „schöne Breitseite bekommen"
Taktisch hat sich Essen auf seinen Erstrunden-Gegner bereits eingestellt, lief beim Saisonauftakt gegen Viertliga-Neuling SC Wiedenbrück am vergangenen Samstag im 4:1:4:1-System auf – nahezu eine Kopie des DSC-Systems mit einem Sechser und zwei Achtern davor. Sowie Stoßstürmer Simon Engelmann, der mit seinen 114 Regionalliga-Toren eine ähnliche Trefferquote und Stellenwert besitzt wie sein Gegenüber Fabian Klos. Psychologisch ungünstig war der späte 1:1-Ausgleich der Wiedenbrücker in der Nachspielzeit per Distanzschuss. „Da haben wir gleich eine schöne Breitseite bekommen", sagt Neidhart.
Es hilft ja nichts: Das Spiel ist abgehakt, alles konzentriert sich auf den Montagabend. Eine Terminierung des DFB, mit der man in Essen nicht ganz glücklich ist: RWE verpasst so gleich zwei der 42 Regionalliga-Spieltage, reist am Wochenende danach zum vielleicht ärgsten Titelrivalen – der Reserve von Borussia Dortmund. Hätte die dann bereits neun Punkte aus drei Spieltagen auf dem Konto, RWE aber nur das Auftakt-Remis und acht Zähler Rückstand: „Dann hätten wir gleich eine ordentliche Drucksituation", sagt Neidhart. Das erwartungshungrige Umfeld an der Hafenstraße kennt er spätestens seit den missmutigen Fan-Reaktionen auf sein Ligadebüt genau.
RWE beobachtete Arminia in Groningen vor Ort
Nicht nur per Taktik- und Videostudium, sondern auch mit persönlicher Anwesenheit hat sich Rot-Weiss auf Arminia Bielefeld vorbereitet. „Wir haben sie in Groningen vor Ort gesehen", verrät Neidhart. Und glaubt: „Das war noch nicht die komplette erste Bielefelder Elf." Rechts vorne sowie in der Innenverteidigung vermutet der RWE-Chefcoach noch Veränderungen. Dennoch gelte für ihn: „Arminia ist total eingespielt, hat sein System verinnerlicht und kommt mit der breiten Brust eines Aufsteigers. Das macht sie brutal stark." Neidhart erinnert sich an das Auswärtsspiel in Osnabrück nahe seiner Heimat Hasbergen-Gaste, das er sich persönlich angeschaut hatte. Der DSC dominierte und gewann mit 1:0. „Wie sie den Ball haben laufen lassen, war schon stark", sagt Neidhart.
Arminia als Favorit, Essen als Außenseiter – beide Teams werden ungewohnte Rollen annehmen. „Das ist eine sehr interessante Konstellation für beide Mannschaften", sagt Neidhart. „Es wird darauf ankommen, wer im Kopf besser umschalten kann." Wobei zumindest dem DSC das Bespielen defensiver Gegner aus der vergangenen Saison noch bekannt vorkommen wird. Essen ist dagegen seit Jahren in nahezu jedem Regionalliga-Spiel favorisiert und kennt es kaum, mit vorrangig spielerischen Mitteln von einem nominell stärkeren Gegner bearbeitet zu werden.
Kein ganz normaler Viertligist
Neidhart hatte sich im Sommer nach sieben Jahren vom Drittligisten SV Meppen verabschiedet – ein Wechsel, den nicht jeder verstanden hat. Tatsächlich aber genießt der 51-Jährige in Essen sogar etwas Entlastung. War er in Meppen abseits der Trainerrolle auch maßgeblich in die sportliche Verantwortung eingebunden, kann er dies nun an Sportdirektor Jörn Nowak delegieren. Er spüre den Unterschied zwischen den Ligen nicht, sagt Neidhart. „Auch bei uns wird zweimal am Tag trainiert, wir haben sehr professionelle Bedingungen hier." Rot-Weiss Essen ist eben kein ganz normaler Viertligist – das soll, geht es nach dem Ruhrgebietsverein, nun auch Arminia spüren.
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