Paderborn. Im Oktober 2013 hatte sich Klaus Gjasula im Fußball-Regionalligaspiel zwischen Offenbach und Kassel einen Jochbeinbruch zugezogen. Der 1,92-Meter-Mann ließ sich daraufhin einen Spezialhelm anfertigen, der längst zu seinem Markenzeichen geworden ist. Denn den besagten Kopfschutz trägt Gjasula noch immer. Nun sorgte der Erstliga-Kicker vom SC Paderborn für Schlagzeilen, weil er angeblich eine Helmpflicht für Profifußballer gefordert hat. Gjasula korrigierte zwar seine Aussage, die Diskussionen über Sinn und Unsinn einer solchen Helmpflicht aber bleiben.
„Ich fände es sinnvoll, wenn alle Spieler einen Helm tragen würden. Das würde vielleicht auf dem Platz komisch aussehen, aber es wäre definitiv für die Gesundheit aller das Beste", wird Gjasula in einem Interview mit dem Internetportal t-online.de zitiert. Eine Helmpflicht habe er dabei aber nicht im Sinn gehabt, beteuert der 29-Jährige gegenüber dieser Zeitung. „Ich wollte nur sagen, dass es für Spieler, die schon einmal ernsthaftere Kopfverletzungen hatten, sinnvoll sein könnte, einen Helm zu tragen", so Gjasula.
Neurologe Claus Reinsberger hält Helmpflicht im Fußball für unsinnig
Über das Thema Kopfverletzungen bei Sportlern hat der SCP-Profi mit Claus Reinsberger bereits das ein oder andere Gespräch geführt. Reinsberger ist Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Universität Paderborn und arbeitet derzeit unter anderem an einer groß angelegten Studie über die Auswirkungen von Kopfbällen auf die Gehirne von Fußballspielern.
Von einer Helmpflicht im Profifußball hält der Neurologe jedoch nichts. „Man muss sich fragen, welche Helme den Kopf überhaupt vor Schädel-Hirn-Verletzungen schützen könnten. Ein Helm wie ihn Klaus Gjasula trägt, schützt sicherlich Schädelknochen und ist unter Umständen bei akuten Verletzungen sehr sinnvoll. Doch es wäre kein prophylaktischer Schutz fürs Gehirn", betont Reinsberger. Dafür müssten schon Helme wie beim American Football her. „Und das wäre im Fußball ein ziemlicher Unsinn", so der Paderborner Neurologe.
"Sensibilisierung für Schädel-Hirn-Verletzungen ist wichtiger"
Weitaus wichtiger sei die zunehmende Sensibilisierung des Profi- und Amateursports für Schädel-Hirn-Verletzungen. „Hier hat sich schon einiges getan", lobt Reinsberger und verweist unter anderem auf das so genannte Baseline-Screening. Hierbei müssen sich die Erst- und Zweitliga-Fußballer alljährlich auf mögliche Hirnverletzungen untersuchen lassen. Und eine adäquate medizinische Versorgung sei ohnehin das A und O – auf und neben dem Platz. Dazu gehöre es auch, den Sportlern die Möglichkeit zur Regeneration zu geben. Die Zeiten, in denen benommene Akteure einfach weiterspielen, sollten der Vergangenheit angehören.
„Wenn ich bei etwas sofort reagiere, dann bei Kopfverletzungen. In diesem Bereich sind wir sehr sensibel. Wir wissen, was passieren kann", sagt SCP-Chefcoach Steffen Baumgart. Von einer Helmpflicht aber hält auch Paderborns Erfolgstrainer nichts. „Das würde unseren Sport zu sehr verändern." Jede Menge Aufklärung sei laut Reinsberger aber wohl im Amateurbereich vonnöten. „Wir haben leider keine Zahlen. Aber es ist zu befürchten, dass wir da ein größeres Problem haben und solche Verletzungen noch zu oft bagatellisiert werden", sagt der Sportmediziner.
"Ein Helm kann eine psychologische Wirkung haben"
Das Tragen von Helmen jedoch sei nur in Einzelfällen sinnvoll. „Und da muss man auch den psychologischen Aspekt betrachten. Ob bei Klaus Gjasula oder auch bei Torwart Petr Cech – der Helm vermittelt diesen Spielern Sicherheit", erklärt Reinsberger.
Und so wird Klaus Gjasula auch an diesem Samstag im SCP-Heimspiel gegen den SC Freiburg wieder seinen Kopfschutz aus Karbon und Schaumstoff aufsetzen. Und der hat offenbar eine lange Haltbarkeit. „Das ist immer noch der erste Helm aus dem Jahr 2013", berichtet Gjasula.
Pro und Contra zur Helmpflicht
Pro: Andreas Elsner, Mannschaftsarzt des DSC Arminia Bielefeld, bezeichnet die Anregung von SCP-Profi Klaus Gjasula als „nachvollziehbar" und erklärt: „Die Gefahren, die bei einer Kopfverletzung im Spiel ausgehen, wurden in der Vergangenheit unterschätzt. Seitens der Mannschaftsärzte und der Berufsgenossenschaft, also dem Unfallversicherer, ist diese Thematik in der letzten Saison deutlich in den Vordergrund getreten. Zu Recht. Die Entwicklung einer Helmpflicht ist daher durchaus denkbar. In meinen Augen ist die Form und die Beschaffenheit eines etwaigen Schutzes wichtig, um die Akzeptanz seitens der Spieler zu gewährleisten. Hier gibt es aber bestimmt noch Optimierungsmöglichkeiten, die wir in den nächsten Jahren sehen werden."
Contra: Ludger Bernd, Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Bielefeld, sieht die Notwendigkeit des präventiven Tragens eines Helmes nicht: „Erfahrungsgemäß sind schwere Kopfverletzungen bei Fußballern extrem selten. Die Torhüter sind hier noch eher gefährdet als Feldspieler, weil sie auch regelmäßig am Boden liegen und daher eher dem Gefahrenbereich etwa durch Tritte ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu beispielsweise Zweiradunfällen oder Unfällen in Risikosportarten wie Skifahren sehe ich objektiv keinerlei Begründung für einen permanenten Schutz bei Fußballern."