Wie Arminia Bielefeld und Michael Henke sich fanden - und was sie vorhaben

Scheffau. Golfspielen und Motorradfahren, darauf hatte er sich doch schon eingestellt. 65 Jahre Lebenserfahrung, eine sehenswerte Karriere erst als Zweitliga-Fußballer, danach umso erfolgreicher überwiegend als Assistenztrainer für die größten deutschen Klubs. Wem musste Michael Henke noch etwas beweisen? In diesem Frühjahr war Henke, der sich vor Jahrzehnten ein Eigenheim in Büren gekauft hat, ein selbstzufriedener Mann, glücklich mit dem, was er erreicht hatte. Dann klingelt sein Handy, Arminia Bielefelds Sport-Geschäftsführer Samir Arabi ruft zur Operation am offenen Herzen. Es brauche maximale Erfahrung. "Das kam sehr überraschend. Gerechnet habe ich mit dem Anruf nicht", sagt Henke heute über sein einst spontanes Engagement als Co-Trainer, das kürzlich langfristig ausgeweitet worden ist. Und auch wenn der erste Eingriff fehlschlug: Aufgegeben ist das Projekt noch längst nicht. Henke zum Arminia-Abstieg: "Das hat mich riesig gewurmt" Das gute Verhältnis zwischen Arabi und Henke ist ein offenes Geheimnis. Wenn es die Zeit zuließ, besuchte der Trainerfachmann in der Vergangenheit die Arminia - ob an der Friedrich-Hagemann-Straße oder wie im Vorjahr auf Reisen in Scheffau am Wilden Kaiser. "Da ist immer ein sehr lockerer Draht gewesen", sagt Henke. Er habe gerne wieder in der Bundesliga arbeiten wollen und nicht lange überlegt, Interimstrainer Marco Kostmann nach der Entlassung von Frank Kramer zu assistieren. "Nach Anblick der Konstellation war ich überzeugt davon, dass wir es schaffen. Dass wir eine realistische Chance haben, nicht abzusteigen." Auch dort fehlten Arminia aber bekanntlich die Mittel, enge Spiele für sich zu entscheiden, der Abstieg war nicht zu verhindern. "Und das hat mich riesig gewurmt." Ein Satz wie ein Sinnbild für die Verbundenheit, die Henke schon nach knapp einem Monat zum DSC verspürt hatte. Jenen Verein, bei dem er einst auf den Holzlatten der Nordtribüne stand, den er während des Referendariats am Bielefelder Ceciliengymnasium nicht aus den Augen verlor und in der Zeit als Spieler und Trainer in Paderborn und Gütersloh als Konkurrent besonders aufmerksam verfolgt hatte. Nein, so sollte es nicht enden. Der erste Anruf zwecks weiterer Zusammenarbeit sei kurz nach dem Abstieg aber von Arabi ausgegangen, verrät Henke. "Da habe ich gesagt: Lasst uns erst einmal abwarten, wer Cheftrainer wird. Wenn sich da kein Draht findet, ergibt es keinen Sinn." Der spannte sich zu Uli Forte ("Ein interessanter, total offener Typ") dann schon am Telefon, Henke gab flugs die Zusage. Eine Motorradtour nach Sardinien gönnte sich Henke aber noch, ehe er sich in die Zweitliga-Vorbereitung stürzte. Arminia Bielefeld kann eine gute Rolle spielen Auch Reparieren habe seinen Reiz, meint Henke. Neben sieben Meistertiteln, drei DFB-Pokal- sowie zwei Champions-League-Siegen als schier ewiger Begleiter Ottmar Hitzfelds beim BVB und dem FC Bayern hat er auch diese Fähigkeit schon nachgewiesen, 2021 den FC Ingolstadt als Sportdirektor zurück in die 2. Bundesliga geführt. Nun geht es darum, "etwas aufzubauen und dadurch die Weichen zu stellen, dass Arminia die Chance hat, wieder in die Bundesliga aufzusteigen", sagt Henke. "Am liebsten natürlich in den nächsten zwei Jahren." Er sei kein Hellseher und auch nicht naiv, sondern wisse, wie schwer dieses Unterfangen ist. Das Bauchgefühl stimme aber. Eine "spannende Mischung" sei der Arminia-Kader, und qualitativ trotz Unvollständigkeit schon einer, "der eine gute Rolle spielen kann. Die Frage ist: Wie schnell kriegen wie ein funktionierendes Gebilde ans Laufen?" Wer mit Michael Henke spricht, käme kaum auf die Idee, in ihm nur einen Assistenztrainer zu sehen. Geprägt und gestählt von turbulenten Jahrzehnten, in denen sich zur endlosen Titelsammlung im Eifer des Gefechts auch die ein oder andere Negativschlagzeile gesellte, hat er nicht nur rhetorisch das Potenzial zu einer Ankerfigur der "neuen" Arminia. Nicht von ungefähr wurde Henke vom Verein mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet. Er werde allen beratend zur Seite stehen, die um Hilfe bitten, sagt Henke. "Erfahrung ist nicht alles, aber man kann sie für sich nutzen." Familiäre Bande zum SC Paderborn Und auch innerhalb des Trainerteams ist die Hackordnung ja klar definiert - wobei klare Zuständigkeiten nicht die oberste Maxime sind. "Wir sitzen in einem gemeinsamen Büro, planen zusammen die Woche, arbeiten Hand in Hand", sagt Henke. "Jeder gibt seine Ideen dazu. Es läuft unglaublich unkompliziert." Nochmals Cheftrainer zu werden wie zuletzt 2006 beim 1. FC Saarbrücken, das sei für ihn ohnehin nicht in Frage gekommen. In Büren hat Henke seine persönliche Umgebung beim vielleicht letzten großen Fußballprojekt der Karriere hinter sich, so war es schon immer. "Bei jeder meiner Stationen haben sie mitgefiebert", erinnert sich der Lehrer, die nie in diesen Beruf eintrat. Nichts ist es mit Unkenrufen aus der Nachbarschaft, obgleich mitten im Hoheitsgebiet des SC Paderborn angesiedelt. Zu dem auch familiäre Bande bestehen: Dort spielt - noch ohne Einsatz bei den Profis - Neffe Justus Henke (21). Henke senior nimmt das OWL-Duell gleich mit sportlichem Ehrgeiz: "Ich freue mich, dort hinzufahren. Aber wir müssen besser sein als Paderborn."

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