Zu geringe Chancenverwertung: Arminias Sturmproblem analysiert

Bielefeld. Nicht einmal ein Fünftel der Bundesliga-Saison ist absolviert, doch in der Tabelle haben sich die Kräfteverhältnisse schon nach sechs Spieltagen beachtlich sortiert: Vorne grüßen der FC Bayern, Leverkusen, Wolfsburg und der BVB – ein Quartett, das genau dort auch erwartet wurde. Für Arminia Bielefeld gilt Ähnliches, jedoch auf der anderen Seite des Klassements: Augsburg, der DSC sowie die Aufsteiger Bochum und Fürth belegen die Ränge 15 bis 18. Es ist nicht abwegig, dass sich der künftige Abstiegskampf maßgeblich innerhalb dieses Viererpacks abspielen wird. Eins eint die Klubs am Tabellenende schon jetzt: Das Toreschießen fällt allen ziemlich schwer. Auch der Arminia. Auf jeweils vier Treffer kommen die Liganeulinge, auf drei der DSC. Gar nur zweimal hat der FC Augsburg bislang getroffen – die daraus erzielten fünf Punkte sind ganz nebenbei ein erstaunlich hoher Wert. Das Hadern mit der Chancenverwertung hat bei den Blauen längst ein stabiles statistisches Fundament erhalten: Die drei erzielten Treffer geteilt durch bislang 84 kleine bis riesengroße Gelegenheiten ergeben eine Verwertungsquote von mickrigen 3,6 Prozent – oder 28 Abschlüssen pro Torerfolg. Zum Vergleich: In der Vorsaison war der DSC mit einem Wert von 5,5 Prozent bereits Schlusslicht der Liga. Diesmal liegt Augsburg (2,7) derzeit noch hinter den Ostwestfalen, die in den nun 40 Bundesligaspielen seit Wiederaufstieg nur 29 Mal ihre Gegner überwunden haben. Beispiel Lasme: Einer, der noch viel Zeit braucht Im Sommer stand die Baustelle Offensive beim DSC früh auf der Agenda und wurde vorrangig mit talentierten Akteuren geschlossen, die nach Wunsch des Klubs eine kontinuierliche Entwicklung durchlaufen. Schmerzhaftes Lehrgeld inklusive: Beispielhaft dafür stand bei der 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Union Berlin Bryan Lasme. Ihn musste Arminia-Trainer Frank Kramer nach einem schwachen Auftritt in der 62. Minute fast schon erlösen: Der 22-Jährige hatte bei vielen seiner 23 Ballkontakte unkonzentriert gewirkt und technische Mängel offenbart. &bdquo;Mit schnellen Außenspielern" hatte Kramer die Dreierkette des Gegners eigentlich &bdquo;auseinanderziehen" wollen, wie er nach dem Spiel erklärte. Doch das funktionierte kaum, zumal Lasmes offensive Laufwege – zum Unmut von Offensivpartner Fabian Klos – nicht immer den Zielvorgaben entsprachen. Nicht nur bei Lasme steckt Arminia im Dilemma: Wie viel Entwicklungszeit sollte Neuzugängen aus der Zweitklassigkeit eingeräumt, welches Leistungsniveau muss schon jetzt vorausgesetzt werden, um konkurrenzfähig zu sein? Gegner Union machte es kurz vor dem Schlusspfiff vor: Joker Kevin Behrens, selbst im Sommer aus der 2. Bundesliga vom SV Sandhausen gekommen, wurde mit einer starken Strafraumaktion zum Unterschiedsspieler, spielte seine Erfahrung als 30-Jähriger aus. Klos ist gesetzt, aber auch nicht in Bestform Routine, die bei Arminia mit Ausnahme von Rekordtorjäger Fabian Klos kein Stürmer besitzt. Auffällig ist: Obwohl mit diesem eine mögliche Jokerrolle vor der Spielzeit klar thematisiert worden ist und dem 33-Jährigen aktuell auch die Treffsicherheit vergangener Jahre abgeht, ist Klos unumstritten gesetzt. Gerne hätte wohl auch Kramer einen viel lebhafteren Konkurrenzkampf, doch hinter Klos reihen sich die allesamt noch unauffälligen Florian Krüger und Janni Serra sowie Lasme ein. Niemand von ihnen brachte eine Bundesliga-Abwehrreihe bis dato nachhaltig in Verlegenheit – keine guten Bewerbungsunterlagen für Rochaden an vorderster Front. Am ehesten auf dem Weg zur Bundesliga-Schlagkraft sind Linksaußen Robin Hack, dem bis dato vor allem Matchglück fehlt, sowie der befreit aufspielende Patrick Wimmer, bei dem Kramer den Fitnesszustand genau im Auge behalten muss. Erste Beschwerden an den Adduktoren waren ein Warnsignal, der 20-Jährige hatte seine körperlichen Grenzen ausgetestet. Ein Torjäger sind aber weder Wimmer noch der erfahrenere Spielgestalter Masaya Okugawa. Diese Rolle, die im Zusammenspiel mit der bis dato ordentlichen Defensivreihe den Unterschied gegenüber dem Konkurrenz-Trio ausmachen könnte, kann noch niemand ausfüllen. Eine Vakanz mit bislang nicht bedrohlichen, aber nervigen Folgen – allein nach gezeigter Leistung wäre für Arminia viel mehr als Platz 16 möglich. Dafür aber muss zeitig der nächste Entwicklungsschritt gemacht werden.

Meistgelesen