OWL Crime – mit Podcast

Eine Spurensichererin berichtet: Als Erste an den schlimmsten Tatorten in OWL

Daniela Boes ist für die Mordkommission Bielefeld dort, wo Menschen getötet wurden. Ihre Aufgabe ist es, die Spuren zu sichern, die sonst niemand sieht.

Daniela Boes dokumentiert als Fotografin und Spurensichererin Tatorte in ganz OWL, um bei der Aufklärung der Fälle mitzuhelfen. | © Paul Brinkmann

Dana Johanna Stoll
09.10.2025 | 09.10.2025, 02:00

Bielefeld. Menschen werden erstochen, erschossen oder erschlagen: Die Täter hinterlassen am Tatort Spuren, die auf sie hinweisen. Und genau da kommt Spurensichererin und Tatortfotografin Daniela Boes ins Spiel, denn sie hält alles am Tatort fest, das nach der Reinigung verloren gehen würde. Aber nicht nur am Tatort ist sie im Einsatz, denn auch Obduktionen dokumentiert Boes mit ihrer Kamera ganz genau.

Sie ist für Kapitalverbrechen in ganz OWL zuständig. Finden Spaziergänger oder Verwandte eine Leiche, die nicht auf natürlichem Wege zu Tode gekommen ist, dauert es nicht lang, bis eine Mordkommission am Tatort eintrifft. Diese untersucht die Spuren und den Tathergang. Gemeinsam mit einem Team aus Mordermittlern und Mitarbeitern der Spurensicherung gehört Daniela Boes stets zu den ersten, die einen Tatort zu Gesicht bekommen.

In der neuen Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der Neuen Westfälischen, spricht Moderatorin Birgitt Gottwald mit der Bielefelder Spurensichererin Daniela Boes über ihre manchmal schaurige Arbeit. Sie erzählt, warum die Qualität ihrer Bilder besonders wichtig ist, sie manchmal besondere Methoden anwendet und weshalb sie, wie sie sagt, mit den Leichen „spricht“.

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Die Folge im Überblick:

  • Daniela Boes ist gelernte Bürokauffrau und arbeitete unter anderem beim Haller Kreisblatt.
  • Nach ihrem Fotografie-Studium wechselte sie zur Kriminalpolizei Bielefeld als Tatortfotografin.
  • Boes dokumentiert Tatorte und verewigt sie dadurch, um auch später die Tat noch nachvollziehen zu können.
  • Als Tatortfotografin ist sie auch bei Obduktionen der Leichen im Einsatz.
  • Nach mehreren Fortbildungen arbeitet sie heute überwiegend in der Spurensicherung.
  • Tatortfotografie macht sie nur noch sporadisch.

Bielefelderin hat kein Problem mit erschreckenden Dingen

Als Spurensichererin dokumentiert Daniela Boes als Erste den Tatort, die Leiche und alle Details vor Ort. Diese Spuren sollen später bei den Ermittlungen oder vor Gericht Hinweise zum Tathergang und zum Täter ermöglichen. Angefangen hatte sie bei der Mordkommissionen als Tatortfotografin. Später hat sie sich weitergebildet und arbeitet nun vor allem als Mitglied der Spurensicherung. Sie habe zum Glück kein Problem damit, unschöne oder erschreckende Dinge zu sehen, sagt sie. Was ihr aber unter die Haut geht, „sind die Gerüche an den Tatorten“.

Als Tatortfotograf ist der richtige Winkel und die Qualität der Fotos sehr wichtig, um später den Tatablauf weiterhin nachvollziehen zu können. - © Paul Brinkmann
Als Tatortfotograf ist der richtige Winkel und die Qualität der Fotos sehr wichtig, um später den Tatablauf weiterhin nachvollziehen zu können. | © Paul Brinkmann

Boes nimmt auch an Obduktionen teil. Bereits am vierten Tag im neuen Job stand sie mit ihrer Kamera in der Rechtsmedizin und dokumentierte jeden Arbeitsschritt der Pathologen. Nachdem die Bauchdecke des Leichnams geöffnet und die Organe zur Untersuchung entnommen wurden, wird auch der Schädel aufgesägt. Nur so kann das Gehirn rechtsmedizinisch untersucht werden. All das sind wichtige Schritte, um Todesursache und Todeszeitpunkt herauszufinden. All das gehört seit 2015 zu Daniela Boes’ Alltag.

Tatortfotografin zu werden, war nicht immer ihr Plan

Dass dieser die Tatorte in OWL einmal für sie Alltag werden, war nicht Daniela Boes’ Plan. Die gelernte Bürokauffrau arbeitete zunächst beim Haller Kreisblatt, bevor sie an der Bielefelder Fachhochschule Fotografie studierte. Nach ihrem Studium arbeitete sie als freie Fotografin. Zwei Jahre später bewarb sich Boes bei der Kriminalpolizei Bielefeld. Gesucht wurde eine Fotografin.

Was als normales Vorstellungsgespräch begann, wurde schnell sehr speziell. Zum Schluss lagen mehrere Fotos von Tatorten vor ihr auf dem Tisch. „Man hatte dafür besonders schlimm zugerichtete Leichen ausgesucht.“ Es war ein Test, um zu sehen, wie die Bewerberin auf solche Szenarien am Tatort reagieren würde. Boes blieb cool und überzeugte die Beamten. Wenig später bekam sie den Job.

Immer andere Gerüche und Eindrücke am Tatort

Wenn Daniela Boes an einen neuen Tatort kommt, nimmt sie zunächst die verschiedenen Gerüche wahr. Und die sind in jedem Familienhaus, auf jedem Bauernhof und an jedem Feldweg anders. An einem Tatort liegt auch der Geruch der Leiche in der Luft. „Beschreiben kann ich den Geruch gar nicht, es ist ein ganz bestimmter Geruch, von dem man sofort weiß, dass es eine verwesende Leiche sein muss“, erzählt sie.

Nicht überall ist Licht an. „Ich muss das Licht dann irgendwie finden“, sagt sie. Dann begrüßen Boes die verschiedenen Geräusche, Laub, das sie von draußen hereinbringt, eine Heizungsanlage im Keller oder eine Katze, die hinter einer Ecke hervorspringt. Ihre Blicke gehen durch das Haus, über den Hof oder in der Umgebung herum. Erste Fragen und Erkenntnisse zu Tathergang, zu den Umständen vor Ort und zur Leiche gehen ihr durch den Kopf.

Eine besondere Methode, um mit der neuen Situation umzugehen

Anfangs musste sie sich an das Thema noch herantasten. Zwar hatte sie generell kein Problem mit der Tatortarbeit, aber ungewohnt und seltsam sei es trotzdem gewesen. Um ihre Unsicherheit zu kaschieren, sprach sie sogar mit den Leichen, während sie den Tatort dokumentierte. „Das hat mir definitiv geholfen, besser mit der ungewohnten Situation umzugehen“, sagt sie. Zwar spricht sie heute nicht mehr mit jeder der Leichen, aber hin und wieder doch. Mittlerweile hat sie an etwa 80 Fällen mitgearbeitet.

Bei ihrer Arbeit muss sie besonders akribisch und vorsichtig sein. Auch bei den Fotos: Der richtige Winkel und eine gute Qualität der Bilder sind für die Ermittlungen ausschlaggebend. Wenn der Tatort erst einmal gereinigt wurde, können ihn die Ermittler nur noch mit Hilfe ihrer Fotos „besuchen“.

Doch hauptsächlich arbeitet sie heute als Spurensichererin. „Tatfotografie mache ich nur noch sporadisch“, sagt sie. Spuren wie Finger- und Schuhabdrücke, DNA oder auch Faserrückstände machen dabei den Großteil davon aus, was sie am Tatort sichert. Aber auch bereits beseitigte Blutspuren kann die Expertin wieder sichtbar machen. „Dafür gibt es spezielle Lampen, die die Rückstände des abgewischten Blutes immer noch zeigen“, erklärt sie. Mit ihrer Arbeit stellt sie wichtige Hinweise sicher, damit die Täter gefasst und verurteilt werden können.