Umgang mit Krebspatienten: So können Angehörige und Freunde unterstützen

Bielefeld. Die Diagnose Krebs ist immer ein Schock. Plötzlich ist nichts mehr so, wie es war, weil Betroffene um ihr Leben fürchten. Allein in Deutschland erleben das jedes Jahr 500.000 Menschen und damit auch ihre Angehörigen und Freunde, denn die Diagnose betrifft immer auch das Umfeld. Der Umgang mit Krebserkrankten fällt jedoch vielen Menschen schwer, sodass es passieren kann, dass sie nicht die Stützen sind, die Betroffene so dringend brauchen. Hannah Schwier, Jennifer König und Jan-Michael Stube vom Treffpunkt OWL der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs geben Tipps, damit Krebserkrankte und ihr Umfeld schwere Zeiten besser meistern können. Umgang mit der Krebsdiagnose &bdquo;Wichtig zu wissen ist, dass Krebs immer den gesamten Menschen betrifft und auch sein gesamtes Umfeld“, erklärt der Bielefelder Jan Stube, der 2022 an einem seltenen Knochentumor erkrankt ist, einem Chondrosarkom. Das gelte insbesondere für die Familie und enge Freunde, aber auch für Kollegen, Nachbarn und Bekannte. &bdquo;Auch für das Umfeld ist eine Krebs-Diagnose ein Schock und je näher ich dem Betroffenen stehe, desto größer sind die Belastungen“, erklärt der 39-Jährige. &bdquo;Sobald man von einer Krebs-Diagnose erzählt, erleben Betroffene die gesamte Bandbreite menschlicher Emotionen“, sagt die Herforderin Hannah Schwier, die nach ihrer ersten Brustkrebs-Diagnose 2019 erneut erkrankt ist. Betroffene erlebten viele Extreme. &bdquo;Manche Menschen möchten gar nicht darüber sprechen und tun die Diagnose einfach ab, andere verstummen und ziehen sich zurück und wieder andere sind so stark selber betroffen, dass sie zusammenbrechen.“ Hilfreich seien diese Extreme nicht, erklärt die 37-Jährige. &bdquo;Was Krebserkrankten in dieser Zeit hilft, ist Empathie. Sie brauchen Menschen, die einfühlsam reagieren, indem sie versuchen, die Emotionen zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Möglich ist das, indem man Betroffenen zuhört.“ Mitfühlen ist nach Angaben von Jennifer König allerdings nicht gleichbedeutend damit, zu wissen, was Krebserkrankte durchmachen. &bdquo;Menschen, die nicht an Krebs erkrankt sind, können nicht wissen, wie es uns Betroffenen damit geht. Aber natürlich können sie mitfühlen“, ergänzt die Herforderin, die 2020 an Darmkrebs erkrankt ist. Unterstützung bei der Krebsbehandlung &bdquo;Die Zeit der Behandlung ist für viele Krebserkrankte eine sehr herausfordernde Zeit“, sagt König. &bdquo;Physisch, weil die Therapien sehr kräftezehrend sein und die Lebensqualität massiv einschränken können. Auch aber psychisch, weil die Behandlungen von Ängsten begleitet werden. Schließlich weiß niemand, wie gut eine Therapie wirkt.“ Deshalb ist die Unterstützung des Umfelds in dieser Zeit für Betroffene sehr wichtig. Lesen Sie auch: Jung und krebskrank: Wie Betroffene in OWL einander unterstüzen Neben Empathie sei hier vor allem Akzeptanz gefragt, sagt die 37-Jährige. &bdquo;Das gilt für Menschen, die einem sehr nahestehen, ebenso wie für Kollegen, Nachbarn oder Bekannte. Das Umfeld muss akzeptieren, dass dieser Weg sehr lange dauern und beschwerlich sein kann.“ Akzeptanz sei zudem wichtig, wenn Betroffene über ihre Erkrankung und die Folgen sprechen möchten oder eben nicht. &bdquo;Den passenden Weg müssen die Betroffenen bestimmen und nicht ihr Umfeld.“ König entscheidet sich 2020 dafür, nur wenige Menschen einzuweihen. &bdquo;Ich arbeite in der öffentlichen Verwaltung und habe sehr viele Kollegen. Informiert habe ich zunächst aber nur die, die ich informieren musste. Erst, als ich wusste, dass ich überleben werde, habe ich offener darüber gesprochen.“ Rückblickend war das für König die richtige Entscheidung. &bdquo;Ich musste mich auf meine Behandlung konzentrieren und hatte nicht die Kraft für viel Austausch.“ .responsive23-sKEBi6OClYkdoOGe-atlas-slideshow-krebstote-in-nrw-2023 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-sKEBi6OClYkdoOGe-atlas-slideshow-krebstote-in-nrw-2023 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-sKEBi6OClYkdoOGe-atlas-slideshow-krebstote-in-nrw-2023 { padding-top: 142.86%; } } Auf Behandlungstipps verzichten Stube wählt einen anderen Weg, achtet jedoch auch darauf, sich selbst zu schützen. &bdquo;Sobald meine Diagnose klar war, bin ich offen damit umgegangen. Das hat mir sehr geholfen. Einerseits um Gerüchten vorzubeugen, und andererseits musste ich nicht darauf achten, wer was wissen darf - das war sehr entlastend.“ In der Zeit danach ist Stube weiter in Kontakt mit seinen Kollegen, allerdings vorzugsweise per Brief. &bdquo;Diese Art der Kommunikation war entschleunigend und hat mir auch bei der Verarbeitung geholfen.“ Lesen Sie auch: Zahl der Krebstodesfälle bei Jüngeren deutlich gesunken Hilfreich für Krebserkrankte sind während der Behandlung nach Angaben Schwiers konkrete Hilfsangebote. &bdquo;Krebs zu haben ist ein Vollzeitjob, deshalb kann es für Betroffene unglaublich wertvoll sein, wenn sich jemand für eine Fahrt zum Arzt, einen Einkauf, zum Kochen oder Wäschewaschen oder einen Nachmittag auf dem Spielplatz mit den Kindern anbietet.“ Regelmäßige Besuche, Anrufe oder Nachrichten könnten ebenso hilfreich sein. &bdquo;Es ist schön, zu wissen, dass jemand da ist, der mir zuhört und mich in den Arm nimmt, wenn ich das brauche.“ Verzichten sollte das Umfeld dabei jedoch grundsätzlich auf vermeintlich gut gemeinte Ratschläge. &bdquo;Kalendersprüche wie Alles wird gut helfen nicht.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Junge Erwachsene mit Krebs OWL (@treffpunktowl) Das gelte auch für Tipps für die Behandlung, sagt Stube. &bdquo;Es kann sehr gefährlich für Krebserkrankte werden, wenn Menschen von evidenzbasierter Medizin abraten, die Pharmaindustrie verteufeln oder Verschwörungstheorien teilen, auf Nahrungsergänzungsmittel oder bestimmte Lebensmittel als Wundermittel verweisen oder gar die sogenannte Alternativmedizin empfehlen, die keine Medizin ist.“ Hilfe bei Rückkehr in den Alltag &bdquo;Nach der Behandlung einer Krebserkrankung ist Teilhabe immer das Ziel“, sagt Schwier. &bdquo;Möglich ist Teilhabe aber nicht immer sofort und im vollen Umfang. Deshalb sind für Betroffene nicht nur Empathie und Akzeptanz wichtig, sondern auch Rücksicht.“ Krebserkrankte erlebten jedoch immer wieder, dass den meisten Menschen der lange Atem, den eine Krebserkrankung erfordert, fehle. &bdquo;Wir sehen vielleicht gesund, fit und glücklich aus, doch Krebs ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung nicht einfach so vorbei.“ Wenn die Rückkehr in den Beruf nicht oder nicht zu 100 Prozent möglich sei, fehle oft das Verständnis, moniert König. &bdquo;Da man Krebserkrankten die Krankheit und daraus entstandene Belastungen und Einschränkungen nicht immer ansieht, verlangt das Umfeld schnell wieder den vollen Einsatz. Man muss funktionieren, aber das ist oft nicht machbar, obwohl wir uns das alle wünschen.“ Das führe auch zu weniger Zuverlässigkeit, sagt Stube. &bdquo;Ich muss leider immer wieder auch schöne Termine absagen, auf die ich mich freue. Das kostet Überwindung, aber es geht nicht anders.“ In der Zeit von der Diagnose bis zur Rückkehr in den Alltag merken Krebserkrankte nach Angaben Königs schnell, welche Beziehungen halten. &bdquo;Für Beziehungen jeglicher Art ist Krebs ein Härtetest. Entweder die Beziehung endet oder sie wird gestärkt.“ Hilfe für Betroffene Bei all der Kritik an Menschen, die sich wenig empathisch oder gar übergriffig verhalten, wissen Schwier, König und Stube, wie belastend ihre Krebserkrankung für ihr Umfeld ist. &bdquo;Deshalb ist es wichtig, dass Angehörige auch unterstützt werden. Denn nur wenn es ihnen gut geht, können sie unterstützen“, sagt Stube. &bdquo;Bei Krebsberatungsstellen können sich auch Angehörige informieren. Außerdem vermitteln sie bei konkreten Fragen an Fachstellen und Selbsthilfegruppen.“ Kontakte für Angebote in der Region bietet der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. &bdquo;Auch Angehörige sollten mit ihren Ängsten nicht allein sein und sich beim Googeln in den Horrorgeschichten verlieren, sondern sich direkt an Fachkräfte wenden, die genau wissen, wie sie helfen können.“

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