Bandidos wechseln zu Hells Angels: Rocker-Beben beschäftigt Polizei in OWL

Bielefeld/Dortmund. Nach dem Wechsel Dutzender Ex-Mitglieder der Rocker-Gruppe Bandidos zu den Rivalen der Hells Angels brodelt es in der Szene. In sozialen Medien wird der Ton rauer, die Provokationen immer heftiger. Recherchen zeigen neue Details, die bis nach OWL reichen. Ein Bericht dieser Redaktion vom Wochenende löste ein großes Echo aus: Recherchen ergaben, dass Dutzende Mitglieder der berüchtigten und in Westdeutschland verbotenen Bandidos zu den Hells Angels übergelaufen sind – am Wochenende war die Rede von mehr als 20 Chaptern. Vor allem aus dem Ruhrgebiet, eigentlich Hochburg der Bandidos. Brisant ist der Wechsel aus vielen Gründen – unter anderem, weil beide Rocker-Clubs als Rivalen gelten und sich in der Vergangenheit unter anderem in Deutschland bekriegten. Immer mehr zeigt sich, dass offenbar das ehemalige Bandidos-Chapter &bdquo;Metropol“ aus Dortmund eine Art treibende Kraft hinter dem sogenannten Patchover zu haben scheint. In sozialen Medien wird vor allem der ehemalige Präsident, der hier Tausende Fans hat, in diesem Kontext als eine zentrale Figur genannt. &bdquo;NRW ist rot-weiß – es wurde Geschichte geschrieben“, hatte er schon früh geschrieben. Später teilte er unter anderem ein Bild, auf dem er bereits Kleidung der Hells Angels trägt. Polizei besorgt über Rocker-Wechsel in NRW Brisant: In sozialen Medien wird der prominente Ex-Bandido mittlerweile verhöhnt. Eine Bild-Montage zeigt seinen Kopf auf einem Ballerinakörper. Sticheleien, die der Neu-Hells-Angel eher mit einem Lachen nimmt. Brisanter sind dagegen andere Provokationen eines anonymen Profils: So wurde mittlerweile ein eigentlich als geheim eingestuftes Dokument veröffentlicht, das belegen soll, dass der Ex-Bandido-Chef wegen verschiedener Straftaten in Erscheinung getreten sein soll – unter anderem Vergewaltigung. Wie der Rocker diese Provokation aufnimmt, ist bisher nicht abzusehen. Lesen Sie auch: Bandidos-Übertritt: Was folgt aus der Machtverschiebung in der NRW-Rocker-Szene? Die Situation durch den Wechsel mehrerer Bandidos zu den Hells Angels – laut Spekulationen eine dreistellige Zahl an Überläufern – beobachtet die Polizei derweil ganz genau, auch mit Sorge. Immerhin hatte das Landeskriminalamt NRW (LKA) schon vor Monaten Kenntnis über bereits vollzogene Wechsel von Ex-Bandidos zu den Hells Angels. Dies sei generell ein Verstoß gegen geltende Rocker-Kodexe und berge Konfliktpotenzial. Provokationen in sozialen Medien, teils sogar persönliche Angriffe, werden die Situation sicherlich nicht entspannen. Immer mehr #Rocker (vor allem #HellsAngels) bestätigen den Wechsel innerhalb der Szene. Und es zeigen sich schon früh erste Auswüchse: In #Dortmund wurde offenbar aus einem einflussreichen Chapter der #Bandidos ein Hells Angels-Ableger mit dem möglichen Namen &bdquo;Steel Side“. 1/5 https://t.co/7VHZT9VYnP pic.twitter.com/FXDH5Vgrbm Luk Bre (@luk_bre) September 24, 2024 Droht Rocker-Krieg wie in den 2000er-Jahren? Oliver Huth, NRW-Vorsitzender der Gewerkschaft Bund Deutscher Kriminalbeamter, warnt vor der Rocker-Szene. &bdquo;Wir haben ordentlich Thermik unter den Clubs. Im Raum Köln hatten wir in den vergangenen Jahren bei Auseinandersetzungen in der Szene beispielsweise Schusswechsel auf offener Straße.“ Der Club-Wechsel von Ex-Bandidos werde nun der Szene neue Dynamik verleihen. &bdquo;Die Neuen in den Reihen der Hells Angels werden sich sicher auch profilieren und zeigen wollen, dass sich die Aufnahme gelohnt hat“, sagt Huth. &bdquo;Und es birgt neue Risiken: Sie werden die Bandidos im Schlechten verlassen haben. Eine Situation, die Racheakte vermuten lässt.“ Michael Ahlsdorf, Journalist (früher Zeitschrift &bdquo;Biker News“) und Autor (&bdquo;Auf heißem Stuhl im Rockerkrieg“), hat die Geschichte von Hells Angels und Bandidos sowie die großen Auseinandersetzungen genau verfolgt. &bdquo;Die Bandidos, die geblieben sind, und die, die zu den Hells Angels gewechselt sind, werden sicher keine Freunde mehr“, sagt der Experte. &bdquo;Mit einem Rockerkrieg wie vor etwa 20 Jahren rechne ich aber nicht. Die Clubs haben mittlerweile dazugelernt und wissen, wann man die Füße stillhalten sollte.“ Auch Huth hält das für eher unwahrscheinlich. &bdquo;Die Rocker-Clubs wissen bei solchen offen ausgetragenen Auseinandersetzungen, was ihnen drohen kann – zum Beispiel das Verbot.“ Wieso wechselten die Rocker? Derweil herrschen nach dem Wechsel noch viele Unklarheiten. Beispielsweise über die Gründe. &bdquo;Dass ein solcher Wechsel stattfindet, hat mich weniger überrascht. Die Frage war immer nur, wann es passiert“, sagt Ahlsdorf. Ein möglicher Grund: Die Bandidos sind in NRW seit 2021 verboten, Grund sind auch blutige Auseinandersetzungen mit dem Rocker-Club Freeway Riders sowie ausgerechnet den Hells Angels. &bdquo;Durch das verschärfte Vereinsgesetz dürfen die Hells Angels zwar öffentlich keine Kutten mehr tragen, anders als die Bandidos dürfen sie aber weiterhin existieren und auch als Club auftreten“, erklärt Ahlsdorf. Bedeckt hält sich derweil das LKA selbst. Der Behörde liegen aktuell Erkenntnisse vor, die den Wechsel von NRW-Bandidos zu den Hells Angels bestätigen könnten. Darunter auch Führungspersonen der Bandidos. &bdquo;Ein Wechsel dieses Umfangs ist bisher nicht vollzogen worden. Insoweit ist eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich“, heißt es zudem. Das LKA und die Polizei werde die Situation genau beobachten. Polizei in OWL will neue Erkenntnisse gewinnen Darunter auch die Polizei in OWL. Nach Informationen dieser Redaktion liegen bei den Behörden Hinweise vor, dass verschiedene Rockergruppierungen in Ostwestfalen Fuß fassen oder Strukturen ausbauen wollen. Besonders im Fokus sollen dabei Bandidos und Hells Angels sowie deren Unterstützer stehen – beide mit jeweils einem Ableger in der Region vertreten. Die Hells Angels haben mit &bdquo;Hellfield“ ein Charter in Bielefeld, die Bandidos hatten bis zum Verbot einen Ableger im Raum Paderborn, deren Mitglieder aber nach Informationen dieser Redaktion nach wie vor Teil der Bandidos sind – ein Wechsel deutet sich hier offenbar nicht an. Ein relativ frisch gegründeter Unterstützer-Club der Bandidos in Paderborn scheint den &bdquo;Rot-Goldenen“ (ein Spitzname des Clubs) ebenfalls weiterhin die Treue zu halten. So veröffentlichten Personen aus dem Umfeld der Paderborner Bandidos wenige Wochen vor dem &bdquo;Rocker-Beben“ noch ein Gruppenfoto von etwa 35 Personen. Dazu der Schriftzug: &bdquo;Paderborn ist rot gold“. Die Polizeibehörden in OWL wollen nun – wie andere Behörden im Land auch – offenbar verstärkt Informationen gewinnen. Hier sollen Polizisten nun angewiesen sein, beispielsweise auf entsprechende Rocker-Patches mit Bezug nach OWL zu achten, die Rückschlüsse auf die Clubzugehörigkeit liefern. Aber auch Szene-Treffs wie Kampfsport-Clubs oder Bordelle scheinen im Fokus zu stehen.

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