Zwischen Rechten und Linken: Das Netzwerk der Putin-Sympathisanten in OWL

Bielefeld. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich in Ostwestfalen und darüber hinaus ungewöhnliche Bündnisse gebildet. Sie bestehen wahlweise aus Rechtsextremen, sogenannten Delegitimierern und manchen Linken. Dabei zeigt sich: Der Schatten Russlands reicht bis nach Ostwestfalen. Der Bielefelder Süden, Ende Mai dieses Jahres. In einem Saal, der in der Regel für türkische Hochzeitsfeiern genutzt wird, sitzen ein paar Dutzend Menschen auf weißen, verschnörkelten Stühlen. Sie wollen heute den Film &bdquo;Nürnberg“ schauen und einer Podiumsdiskussion lauschen. Die Scheinwerfer sind auf Nathalie Sanchez Friedrich gerichtet. Die Kölnerin ist Vorstandsmitglied der Kleinstpartei &bdquo;Die Basis“, entstanden aus den Corona-Protesten. Sie erzählt unter anderem vom Frühsommer 2022, als die Partei versucht habe, &bdquo;mit allen Seiten des Russland-Konfliktes Kontakt aufzunehmen“. Letztlich sei ein Austausch mit dem Generalkonsulat in Bonn entstanden. Sanchez Friedrich zeigt sich dankbar – denn ohne die russische Vertretung hätte die Veranstaltung in Bielefeld laut ihr nicht stattfinden können. &bdquo;Die Basis“ in OWL organisiert offenbar Filmvorführung Das Generalkonsulat habe die Vorführrechte des Films &bdquo;Nürnberg“ besorgt und Materialien bereitgestellt, wie Sanchez Friedrich später auf Anfrage dieser Redaktion berichtet, etwa eine begleitende Ausstellung. Die russische Sicht auf die Nürnberger Prozesse feierte Ende Mai 2023 Premiere in Deutschland im Generalkonsulat Bonn. Zudem wolle sich die russische Vertretung dafür einsetzen, dass der Film &bdquo;auch an anderen geeigneten Orten“ im Konsularbezirk gezeigt werde. Wie in Bielefeld. In #Bielefeld präsentieren das russische Generalkonsulat Bonn und #dieBasis, Partei für Besserwisserei, 1 Film aus #Russland über die Nürnberger Prozesse. Dazu labern #MartinSchwab, @uniBielefeld, & #SvenSchlegelmilch von "Bielefeld steht auf". Im Clip: Nathalie Sanchez Friedrich pic.twitter.com/UNGqc8XeNM Heimarbeit (@Heimarbeit5) June 16, 2024 Organisiert hatte die Veranstaltung hier demnach der OWL-Ableger der Partei &bdquo;Die Basis“. Ein Sprecher des OWL-Verbands verweist auf Anfrage an den Bundesvorstand. Kontakte zu russischen Einrichtungen wolle der Verband in Ostwestfalen nicht haben. Sanchez Friedrich vom Bundesvorstand berichtet gegenüber dieser Redaktion derweil offen von bisher stattgefundenen Gesprächen mit der russischen Vertretung. Staatsdelegitimierer haben Schwerpunkte geändert An diesem Tag auf der Bühne in Bielefeld sind mehrere Personen aus dem Spektrum der sogenannten Staatsdelegitimierer. Eine Szene, die, ähnlich wie &bdquo;Die Basis“, aus den Corona-Protesten entstanden ist, allerdings im Visier des Verfassungsschutzes steht. Die Diskussion moderiert einer der Köpfe von &bdquo;Bielefeld steht auf“. Lesen Sie auch: Pakt mit Rechtsextremen: Was aus den Corona-Demos in OWL wurde Die Szene der Staatsdelegitimierer hat in den vergangenen Jahren einen thematischen Wandel vollzogen. Schon früh stellten Verfassungsschützer fest, dass sich die Bewegung nach dem Abklingen der Corona-Maßnahmen auf andere aktuelle Ereignisse wie den Russland-Krieg stürzte. Dabei ist festzustellen, dass sich die Szene größtenteils auf die Seite Russlands schlägt. Waffenlieferungen für die Ukraine werden abgelehnt, die Nato zum Feind erklärt. Bedeutende Multiplikatoren der Szene – beispielsweise der Youtuber Tim K. aus Lippe oder &bdquo;Aktivist Mann“ aus dem Kreis Minden-Lübbecke – verbreiten solche Ansichten auf ihren Kanälen. Auch die Partei &bdquo;Die Basis“ fordert mittlerweile beispielsweise einen Nato-Austritt. Russlands Angriff nur &bdquo;eine präventive Invasion“? Unter Titeln wie &bdquo;Friedensdemonstrationen“ mobilisieren Szeneorganisationen in OWL wie &bdquo;Bielefeld steht auf“ oder ähnliche Gruppen aus Paderborn. Teilweise mit Unterstützung aus der AfD oder der rechtsextremen Szene. Ironie: Ausgerechnet mit Linken wie dem &bdquo;Bündnis Sahra Wagenknecht“ um die ehemalige Linken-Vorsitzende oder gar Linksradikalen wie der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) samt Jugendorganisation gibt es in Sachen Russland die wohl größten ideologischen Überschneidungen. Gerne wird von einer &bdquo;Querfront“ gesprochen. In Einzelfällen demonstrierten Anhänger der verschiedenen Szenen in OWL bereits gemeinsam - zum Beispiel beim &bdquo;Ostermarsch“ (vor allem organisiert aus der linken Szene) in Bielefeld, wo offenbar Anhänger von &bdquo;Die Basis“ und DKP jeweils ihre Banner präsentierten. Ein OWL-Mitglied der DKP, das auch einer der Köpfe hinter dem &bdquo;Linken Forum Paderborn“ ist, meldete sich beispielsweise beim &bdquo;Ostermarsch“ 2023 in Paderborn zu Worte. Seine Meinung: Der russische Angriffskrieg sei nur &bdquo;eine präventive Invasion“, sagte er am Mikrofon. Seine Rede live ins Netz gestreamt hat übrigens ein Blogger aus der Delegitimierer-Szene. Rechtsextremist aus OWL organisiert Friedensdemos Mittlerweile haben sich &bdquo;Friedensdemos“ in der Region fest etabliert. Mal größer, mal kleiner. Zum Beispiel in Lippe. Hier organisiert ein bekannter Rechtsextremist aus der völkischen Szene regelmäßig Schilder-Demos. Auf den Plakaten der Teilnehmer (in der Regel etwa zehn) sind Botschaften wie &bdquo;Raus aus der Nato“, &bdquo;Frieden mit Russland“ oder &bdquo;Keine Waffen liefern“ zu lesen. Der Verfassungsschutz in NRW erwähnte diese Demos bereits in einem seiner Jahresberichte. Szenebeobachter berichten, dass weitere Teilnehmer der Demos Teil der AfD oder auch von &bdquo;Die Basis“ sein sollen. Der Lipper Rechtsextremist und seine Schilder tauchen regelmäßig auch bei anderen regelmäßigen Demonstrationen in OWL auf. Lesen Sie auch: NRW-Verfassungsschutz-Chef spricht über extremistische Szene in OWL Bielefeld, Ende Juli. Eine Frau in gelber Weste schwenkt eine blaue Fahne mit weißer Friedenstaube. Mehrere Teilnehmer der Demo von &bdquo;Bielefeld steht auf“ haben Fahnen oder Kleidung dabei, mit denen sie Bezug auf den Ukraine-Krieg nehmen, ebenfalls Frieden fordern oder sich eher auf die Seite Russlands schlagen. Andere wollen laut Plakaten derweil &bdquo;Handschellen klicken hören“ oder fordern &bdquo;Remigration“. Die thematischen Facetten der Gruppierung sind mittlerweile breit gefächert - so wie in ganz OWL und darüber hinaus. Wie breit gefächert das pro-russische Bündnis in NRW teilweise ist, zeigt ein Blick ins Rheinland. 2023 entstand hier eine Partei mit dem Namen &bdquo;Aufbruch Frieden-Souveränität-Gerechtigkeit“. Protagonisten kommen aus der pro-russischen, der rechtsextremistischen - und ausgerechnet der islamistischen Szene.

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