„Kann Rassismus schüren“: NRW streitet über neue Regel für Polizei

Düsseldorf. Die Neuregelung will Transparenz schaffen, doch jetzt führt sie erst einmal zu viel Kritik: Polizeibehörden sollen in ihren Medienauskünften von nun an &bdquo;grundsätzlich“ angeben, welche Nationalität die Tatverdächtigen haben. Das gelte für alle Delikte – also zum Beispiel bei Diebstahl bis hin zu Mord, bei denen der Tatverdächtige zweifelsfrei identifiziert sei. Das NRW-Innenministerium betont zwar, dass es Ausnahmen geben kann – und zwar, wenn die jeweilige Staatsanwaltschaft im Einzelfall zu dem Entschluss komme, dass die Nationalität nicht genannt werden solle. Dennoch stößt die geplante Aktualisierung des Medien-Erlasses auf viel Widerstand. Lesen Sie auch: Reul weist auf gestiegene Zahl ausländischer Verdächtiger in NRW hin Der Staat müsse transparent und klar sagen, wo es Probleme mit Kriminalität gäbe. &bdquo;Ob die pauschale Nennung von Nationalitäten bei einzelnen Fällen dabei hilft, halte ich für fraglich“, sagt die NRW-Grünenchefin Yazgülü Zeybek dieser Redaktion. Nicht immer sei die Nationalität &bdquo;ausschlaggebend“ für eine Straftat. &bdquo;Ob ein Ladendieb nun Deutscher, Türke oder Belgier ist, ist für die Tat meist völlig unerheblich“, sagt Zeybek. Die bisherige Regel halte sie für &bdquo;ausreichend“. Landesintegrationsrat befürchtet gefährliche Stigmatisierung Einen Schritt weiter geht der Landesintegrationsrat in NRW. Wissenschaftliche Studien hätten wiederholt gezeigt, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Migration gäbe, sagt der Landesvorsitzende Tayfun Keltek. Vielmehr belegten Studien, dass Kriminalität in erster Linie durch drei wesentliche Faktoren beeinflusst werde: sozialer Status, Geschlecht und Alter – nicht aber durch die Herkunft und Migration. Durch die Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen entstünde bei der Bevölkerung der Eindruck, dass diese &bdquo;entscheidend“ für das kriminelle Verhalten sei. &bdquo;Dies kann Rassismus schüren und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden“, glaubt Keltek – und bewertet den Erlass des Ministeriums als &bdquo;problematisch“. Werde die Nationalität künftig genannt, würden sich &bdquo;gefährliche Stigmatisierungen“ und &bdquo;rassistische Stereotypen“ voraussichtlich häufen, befürchtet Keltek. Lesen Sie auch: Neue Statistik: Viele Tatverdächtige in OWL sind Ausländer Kritisch äußert sich auch der Deutsche Journalistenverband in NRW (DJV). Er hält es für besser, weiterhin &bdquo;in jedem Einzelfall“ das öffentliche Interesse und den Schutz von Minderheiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen – und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob man die Nationalität nennt, sagt Geschäftsführer Volkmar Kah. Bislang orientiert sich der Erlass überwiegend am Kodex des Deutschen Presserats. Der besagt, dass die Nationalität oder Herkunft von Tätern oder Tatverdächtigen nur genannt werden soll, wenn ein &bdquo;berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit“ die &bdquo;schutzwürdigen Interessen“ des Betroffenen überwiegt. Der DJV sei aber mit dem Innenministerium im Gespräch, bevor es einen finalen Entwurf geben soll, sagt Kah. FDP-Fraktion begrüßt den Vorschlag des NRW-Innenministeriums Die Gewerkschaft der Polizei in OWL hält das pauschale Nennen der Nationalitäten von Tatverdächtigen für einen &bdquo;rein politischen Vorstoß“. Für Ermittlungserfolge sei es in jedem Fall nicht erforderlich, sagt der regionale Vorsitzende Patrick Schlüter. Die NRW-Polizei halte sich bislang an die Regeln des Deutschen Presserats und veröffentliche Nationalitäten, wenn es für die Darstellung des Sachverhaltes entscheidend sei, &bdquo;sonst nicht.“ Unterstützung erhält Innenminister Reul von der FDP-Fraktion. Die Nationalität von Tatverdächtigen in Polizeiberichten zu benennen, sei ein richtiger Schritt, meint Innenexperte Marc Lürbke. &bdquo;Transparenz ist entscheidend, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Sicherheitsbehörden zu stärken.“ Die Offenlegung der Nationalität könne dazu beitragen, Missverständnisse und Gerüchte zu vermeiden. &bdquo;Der Öffentlichkeit muss eindeutig gezeigt werden: Es wird nichts verheimlicht“, sagt Lürbke. Auch das Innenministerium betont, dass die Polizei in NRW mit dem neuen Erlass Spekulationen vorgreifen und dem Vorwurf entgegentreten wolle, etwas zu &bdquo;verschweigen“. Inzwischen gäbe es nämlich bei Straftaten immer häufiger journalistische Nachfragen zur Nationalität, so das Ministerium.

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