OWL stark betroffen: So berechtigt ist der Bauernprotest

Bielefeld. Landwirte aus Deutschland haben am Montag gegen Pläne der Bundesregierung protestiert und dabei Teile des Landes regelrecht lahmgelegt. Auch in OWL kam es in allen Kreisen zu Einschränkungen durch Demonstrationen mit Hunderten Traktoren. Grund für die Proteste sind geplante Kürzungen von Subventionen für die Landwirtschaft. Doch angesichts der Auswirkungen drängt sich auch die Frage auf, wie berechtigt der Protest wirklich ist. Für den Delbrücker Bauern Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, sind die angedrohten Subventionskürzungen nicht der einzige Auslöser. &bdquo;Aber es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt er. Grund für die Proteste seien vielmehr politische Entscheidungen der vergangenen zwei bis drei Jahre. Eine &bdquo;drastische Verschärfung der Düngeverordnung“, führt Beringmeier als ein Beispiel auf. Oder einen enormen Anstieg der Bürokratie sowie Auflagen für die Landwirte, die nur schwer zu erfüllen seien. Seine Schätzung: &bdquo;Dadurch wurde uns ein Drittel unserer Einnahmen genommen.“ Die jüngsten Subventionskürzungen der Ampel schlagen demnach – &bdquo;je nach Größe des Betriebs“ – noch einmal mit 4.000 bis 8.000 Euro Mehrkosten jährlich zu Buche. &bdquo;Bei manchen Höfen dürften es auch 12.000 Euro sein“, sagt Beringmeier. Harte Kritik an Kürzungen Die Kürzungen sahen zunächst vor, die Steuerbegünstigung von Agrardiesel und die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer zu streichen. Nach Protesten soll die Kfz-Steuerbefreiung beibehalten und die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel nur stufenweise abgebaut werden. Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die Landwirte durch die von der Ampel-Koalition geplanten Einschnitte &bdquo;weit überproportional“ belastet. &bdquo;Ich habe mich schon etwas gewundert, dass man einen so großen Anteil des Gesamtsparpakets einer so kleinen Gruppe zunächst mal zumutet. Das ist schon sehr überraschend“, sagte der Wirtschaftsforscher am Sonntag bei der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon. Man müsse fragen, wie dies zu rechtfertigen sei, sagte Fuest. &bdquo;Und man muss sicherlich auch fragen: Kann man so etwas und sollte man so etwas machen von einem Tag auf den anderen? Oder muss man nicht einer solchen Branche zumindest Zeit einräumen, beispielsweise andere Kraftstoffe als Diesel zu entwickeln. Das ist eine Aufgabe für ein Jahrzehnt und nicht eine Sache, die man von heute auf morgen erledigen kann.“ Lange Zeit des Leidens - zuletzt ging es bergauf Der Branche ging es derweil schon mal schlechter. Nachdem laut Medienberichten zwischen 2012 und 2022 etwa 30.000 Höfe aufgegeben haben, ging der Trend des &bdquo;Höfesterbens“ zuletzt wieder zurück. Zuletzt verzeichnete die Landwirtschaft ordentliche Gewinne, was mit den gestiegenen Lebensmittelpreisen zu erklären sei. Fuest betonte jedoch: &bdquo;Nur weil eine Branche vielleicht nach schwierigen Jahren jetzt mal in einer guten Phase ist, heißt das noch nicht, dass es gerechtfertigt ist, einen so großen Anteil der Lasten auf eine solche Gruppe zu verlagern.“ Zudem habe sich die Situation für Landwirte seit dem Sommer wieder verschlechtert, sagte Claus Deblitz, stellvertretender Leiter des Instituts für Betriebswirtschaft beim Thünen-Institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei im &bdquo;Spiegel“. In dieser Situation treffe der Wegfall von Subventionen die Betriebe besonders. &bdquo;Die Streichungen der Vergünstigungen sind unmittelbar gewinnwirksam und wirken sich direkt auf das Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe aus.“ Linnemann rügt Regierung Ob die neuesten Maßnahmen jedoch gar existenzgefährdend seien, lasse sich laut Deblitz nicht pauschal beantworten. Sollten die angekündigte Kürzung Betriebe wirklich bedrohen, dann deute das für den Agrarökonomen der Uni Rostock, Sebastian Lakner, auf &bdquo;bereits vorliegende ökonomische Schwierigkeiten“ hin, sagte er dem &bdquo;Spiegel“. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Alfons Balmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien. Die Subventionen, die gestrichen werden sollten, entsprechen seiner Einschätzung nach nur einem sehr geringen Teil der Gewinne. Der Paderborner CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann übt gegenüber dieser Redaktion scharfe Kritik an der Ampel-Regierung. Diese habe &bdquo;den Kontakt zur Realität der Menschen im ländlichen Raum verloren“. Linnemann weiter: &bdquo;Landwirtschaftliche Betriebe sind in den letzten Jahren immer mehr unter Druck geraten. Dass die Ampel erst weitere Belastungen ankündigt, dann halbherzig zurückrudert und jetzt auch noch Dankbarkeit erwartet, sorgt zu Recht für Verärgerung bei den Landwirten.“ Bauern seien nicht nur die Produzenten von Nahrungsmitteln, sie prägten auch die Kulturlandschaft. &bdquo;Es ist die Verantwortung von Politik, dass ihnen auch im europäischen Vergleich keine Wettbewerbsnachteile entstehen.“

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