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Der Gütersloher Doppelmord an Heiligabend: Geschwisterpaar wird brutal erstochen

An Weihnachten 2013 werden zwei wohlhabende Senioren in ihrem Haus in Gütersloh ermordet. In der aktuellen Podcastfolge spricht der Anwalt des Täters über die brutale Tat, die bundesweit Schlagzeilen machte.

Mit jeweils elf Messerstichen wurden Helgard G. und ihr Bruder Hartmut S. an Heiligabend 2013 in ihrem Haus am Stadtpark getötet. | © Wolfgang Wotke

Jenny Westhues
21.12.2023 | 16.01.2024, 17:24

Gütersloh. Diese Tat zählt wohl zu den brutalsten, die je im Kreis Gütersloh verübt worden sind. An Heiligabend 2013 werden zwei wohlhabende Senioren in ihrem Haus erstochen. Der Verdacht fällt schnell auf einen Bekannten der Familie. Sein Motiv bleibt bis zum Schluss unklar. Aber was haben das Erbe, die Tochter der Getöteten und deren Lebensgefährte mit dem Mord zu tun?

Der Fall ist nun Thema in einer Episode von "OstwestFälle - dem True-Crime-Podcast der Neuen Westfälischen".

Der Gütersloher Doppelmord an Heiligabend - Alle Fakten im Überblick

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  • Die Geschwister Hartmut S. und Helgard G. werden an Heiligabend 2013 in ihrem Haus im Gütersloher Stadtpark mit mehreren Messerstichen brutal ermordet. Zudem wurde das Gas in dem Haus aufgedreht.
  • Die Tochter der Getöteten und ihr Lebensgefährte finden die Opfer und alarmieren die Polizei. Auch der Familienhund wurde mit Messerstichen getötet.
  • Im Rahmen einer Zeugenbefragung fällt ein Bekannter der Familie auf: Der 28-jährige Jens S. gibt zu, am Tattag im Haus der Geschwister gewesen zu sein, beteuert aber seine Unschuld. Die Ermittler finden auf einer Weinflasche und bei Helgard S. seine DNA-Spuren.
  • Während eines langwierigen Indizienprozesses ist sich Jens S. weiterhin keiner Schuld bewusst. Im Februar 2015 wird er wegen zweifachen Totschlags zu 14 Jahren Haft verurteilt.
  • Die Verteidigung legt gegen das Urteil Revision ein. Im Oktober 2015 gibt der Bundesgerichtshof dieser statt und hebt das Urteil auf.
  • In einem zweiten Prozess verurteilt das Bielefelder Landgericht Jens S. zu 13 Jahren Haft.

Als Sibylle G. am ersten Weihnachtsfeiertag 2013 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten am Haus ihrer Mutter und ihres Onkels ankommt, sieht zunächst alles normal aus. Als das Geschwisterpaar nicht öffnet, geht sie um die Villa im Gütersloher Stadtpark und macht durch die Terrassentür eine grausame Entdeckung: Im Wohnzimmer liegen die Leichen von Helgard G., Hartmut S. und Familienhund Benni.

Die hinzugerufenen Polizeibeamten bemerken, dass im oberen Stockwerk des Hauses der Gashahn aufgedreht wurde. Zudem wurde die Haustür zugezogen, die pensionierte Ärztin und der Studienrat müssen ihrem Mörder selbst die Tür geöffnet haben.

Die Obduktion der Leichen zeigt die Brutalität der Tat. Mit jeweils elf Messerstichen in alle wichtigen Organe wurden die Geschwister getötet, teilweise blieben Messerfragmente in den Körpern stecken. „Da könnte man schon von einem ’Overkill’, also einer Übertötung, sprechen", kommentiert Strafverteidiger Carsten Ernst in der aktuellen Podcastfolge.

Das Geschwisterpaar aus Gütersloh war sehr wohlhabend. - © Raimund Vornbäumen
Das Geschwisterpaar aus Gütersloh war sehr wohlhabend. | © Raimund Vornbäumen

DNA-Spur überführt Jens S.

Zwei Monate nach der Tat wird der 28-jährige Jens S. in seiner Verler Wohnung festgenommen. Alle ehemaligen Patienten von Helgard G. hatten eine freiwillige Speichelprobe abgegeben. Doch nur die DNA von Jens S. fanden die Ermittler an einer Rotweinflasche, einem Glas, dem Fingernagel der Ärztin und unter den Krallen der Hinterläufe des ebenfalls getöteten Familienhundes.

Der langjährige Bekannte der Geschwister hatte häufiger Arbeit am Haus erledigt und teilte mit Helgard G. und ihrer Tochter das Interesse an Naturheilkunde und Esoterik. Auch Tochter Sibylle G. und ihr Lebensgefährte Josef S. rücken nun in den Fokus der Ermittler. Nachdem Jens S. seine Anwesenheit am Tatort leugnete, gab er zu, die Opfer am Nachmittag des Heiligabends besucht zu haben. Getötet haben will er sie jedoch nicht.

Jens S. mit seinem Verteidiger Carsten Ernst. Im Bielefelder Landgericht hält er eine Botschaft in die Kameras. - © Patrick Menzel
Jens S. mit seinem Verteidiger Carsten Ernst. Im Bielefelder Landgericht hält er eine Botschaft in die Kameras. | © Patrick Menzel

Mithäftling mit Insiderwissen

Zwischenzeitlich meldet sich ein besonderer Zeuge: Christian P., ein Mithäftling von Jens S.. Er weist die Ermittler auf ein im Wald vergrabenes Marmeladenglas hin, welches, wie DNA-Spuren beweisen, Jens S. gehört. In diesem Glas finden die Ermittler 1.100 Euro. Zudem gibt der Mithäftling detaillierte Auskunft über die Reihenfolge der Tötungen. Das solle Jens S. ihm während der gemeinsamen Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede erzählt haben.

Außerdem will er wissen, dass das wohlhabende Geschwisterpaar im Auftrag von Josef S. sterben sollte. Josef S. ist der Lebensgefährte von Helgard G.s Tochter und wollte laut dem Zeugen verhindern, dass Hartmut S. und Helgard G. das stattliche Erbe seiner Freundin für scheiternde Projekte investieren und somit verlieren.

Zwei Jahre wurden gegen Josef S., den Lebensgefährten der Tochter von Opfer Helgard S., ermittelt. Beweisen ließ sich der Verdacht der Ermittler jedoch nicht. - © Raimund Vornbäumen
Zwei Jahre wurden gegen Josef S., den Lebensgefährten der Tochter von Opfer Helgard S., ermittelt. Beweisen ließ sich der Verdacht der Ermittler jedoch nicht. | © Raimund Vornbäumen

14 Jahre Haft wegen zweifachen Totschlags

Im Februar 2015 verurteilte die erste Strafkammer Jens S. wegen zweifachen Totschlags zu 14 Jahren Haft. Seine Verteidigung legt gegen das Urteil Revision ein, im November hebt der Bundesgerichtshof dieses wegen lücken- und fehlerhafter Beweiswürdigung auf.

Ein Jahr nach dem ersten Schuldspruch wird Jens S. im Revisionsprozess verurteilt, diesmal zu 13 Jahren Haft. Die Ermittlungen gegen die Tochter der Getöteten werden mangels Tatverdacht eingestellt. Auch in diesem Prozess wiederholt der Mithäftling seine Anschuldigungen gegen den Lebensgefährten der Tochter, wonach er der Anstifter zum Mord an den beiden Güterslohern gewesen sein soll.

Jens S. wirkte während der Urteilsverkündung ruhig, nahm das Urteil gelassen auf. Neben ihm sein Strafverteidiger Carsten Ernst. - © Patrick Menzel
Jens S. wirkte während der Urteilsverkündung ruhig, nahm das Urteil gelassen auf. Neben ihm sein Strafverteidiger Carsten Ernst. | © Patrick Menzel

Lebensgefährte der Tochter soll Anstifter gewesen sein

Während die Richter im ersten Prozess dem Zeugen aus dem Gefängnis keinen Glauben schenkten und Jens S. wegen der DNA-Spuren verurteilten, wurde sich im zweiten Urteil sehr wohl auf diesen besonderen Zeugen berufen, bekundet Carsten Ernst im Podcast „Ostwestfälle" sein Unverständnis.

Zwar wisse die Kammer genau, dass „Christian P. ein Profi-Lügner und mehrfach wegen Betrugs vorbestraft ist", dennoch sei seine Aussage „in sich schlüssig" gewesen, sagt Richter Kortes in seiner Urteilsbegründung. Als Initiator des grausamen Verbrechens machte er den Lebensgefährten der Tochter, Josef S., aus.

Jens S. leugnet die Tat weiterhin

Zunächst eröffnete die Staatsanwaltschaft Bielefeld ein Strafverfahren wegen Mordes gegen den 54-jährigen Partner der Tochter. Im Dezember 2016 ließ die Staatsanwaltschaft Bielefeld das Strafverfahren wegen Mangels an hinreichendem Tatverdacht jedoch einstellen.

Josef S. selbst kann nichts weiter zur Wahrheit beitragen, er stirbt im Januar 2018 nach kurzer, schwerer Krankheit. Der mittlerweile 38-jährige Jens S. befindet sich nach wie vor in der Justizvollzugsanstalt Kleve. Die Hoffnung auf eine frühzeitige Entlassung ist gering, denn er leugnet die Tat bis heute.