Einstufung als Verdachtsfall

Verfassungsschutz beobachtet Junge Alternative: Vorstandsmitglieder aus OWL

Die Nachwuchsorganisation der AfD spielt auch in OWL eine Rolle. Sie steht nun unter besonderer Beobachtung.

Herbert Reul (CDU) ist Innenminister in NRW. | © David Young

12.12.2023 | 12.12.2023, 15:28

Düsseldorf. Der NRW-Verfassungsschutz hat die Junge Alternative (JA) Nordrhein-Westfalen als Verdachtsfall eingestuft. Das teilt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag mit. Was sind die Gründe - und die Folgen?

Laut Reul liegen bei der JA in NRW „tatsächliche Anhaltspunkte“ für den Verdacht vor, dass diese Bestrebungen verfolge, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Konkret: „Es liegen verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Junge Alternative nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht“, erklärt Reul.

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In den vergangenen Jahren seien rechtsextremistische Positionen in der JA NRW dominierend geworden und es finde eine umfassende Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten statt. Darüber hinaus seien Personen mit einer rechtsextremistischen Biografie in der JA NRW aktiv, teilt der Minister mit.

FDP-Mann Lürbke: JA ist tief im rechtsextremen Lager vernetzt

Die Junge Alternative ist die Nachwuchsorganisation der AfD. Laut NRW-Innenministerium ist der Landesverband in NRW seit 2019 ideologisch auf den politischen Kurs des Bundesverbandes der Jungen Alternativen eingeschwenkt. „Dieser zeichnet sich durch ein völkisch-ethnisches Volksverständnis und Fremdenfeindlichkeit aus“, schreibt das Ministerium. Die JA NRW habe sich zudem seit 2019 zu einem Bestandteil der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten entwickelt. So bestehe eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen der Jungen Alternativen und Akteuren und Organisationen aus dem Netzwerk der Neuen Rechten. Der Bundesverband wird bereits als Verdachtsfall behandelt, ebenso wie weitere Landesverbände.

Den Innenexperten der FDP-Fraktion im Landtag, Marc Lürbke, überrascht die Entscheidung nicht. „Der braune Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Die AfD war schon immer ein Wolf im schlecht sitzenden Schafspelz – das gilt jetzt für jeden ersichtlich für den AfD-Nachwuchs in NRW“, sagt der Paderborner Landtagsabgeordnete dieser Redaktion. Im Landtag erlebe er immer wieder, dass die AfD keinen Hehl aus ihren menschenverachtenden Positionen und ihrer radikalen Haltung mache. „Die bürgerliche Fassade konnte dabei noch nie die extremen Strömungen verdecken. Auch die Jugendorganisation ist dabei offenbar tief ins rechtsextreme Lager vernetzt. Das ist besonders erschreckend“, sagt Lürbke. „Dieser Extremismus in den eigenen Reihen wird von der AfD nicht bekämpft, sondern zählt zur rechtsextremen DNA der Partei.“

OWL spielt bei der JA in NRW eine wichtige Rolle

Ähnlich positioniert sich die SPD. „Die AfD-Jugendorganisation steht nicht auf dem Boden der Verfassung“, sagt Generalsekretär Frederick Cordes. „Als nordrhein-westfälische SPD warnen wir seit Jahren immer wieder vor den wahren Zielen erheblicher Teile der AfD.“ Sie wolle das demokratische System aushöhlen. „Der bürgerlich-konservative Anstrich war nie mehr als eine notdürftige Maske. Die Junge Alternative sammelt und vernetzt radikale Demokratiefeinde im rechtsextremen Spektrum“, so Cordes. Es liege nun am Verfassungsschutz und an Innenminister Reul, die Wehrhaftigkeit zu stärken.

Keine unbedeutende Rolle bei der JA in NRW spielt der Bezirksverband OWL. Recherchen dieser Redaktion zeigen, dass sich immer wieder Personen aus der hiesigen AfD-Jugendorganisation am extrem rechten Rand positionieren und die Nähe zum Thüringer AfD-Chef und Aushängeschild des rechtsextremen (formal aufgelösten) „Flügels“, Björn Höcke, suchen. Gleich zwei Ostwestfalen aus den Kreisen Höxter und Paderborn sitzen als Beisitzer im JA-Vorstand in NRW. Der stellvertretende Vorsitzende der Organisation hat zudem bei einer Bielefelder Burschenschaft eine Vergangenheit in OWL - zudem trat er in der Region offen für die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ auf.

Der Verfassungsschutz kann durch die Entscheidung nun personenbezogene Daten auswerten und speichern. Außerdem darf er unter strengen Voraussetzungen nachrichtendienstliche Mittel einsetzen. Das heißt: Er darf Informanten (V-Leute) anwerben und observieren.