Kommunen in Geldnot In den OWL-Kreisen wird das Geld knapp

Bielefeld. Die finanzielle Lage vieler Kreise, Städte und Gemeinden wird zunehmend prekär – auch in OWL. Nachdem der Kreis Lippe eine &bdquo;sofortige Haushaltssperre“ verhängt hat, um einem wachsenden Defizit zu begegnen, geht der Blick zu den anderen kommunalen Verwaltungen in der Region: Droht auch andernorts eine solche Haushaltssperre? Für den Kreis Lippe haben Landrat Axel Lehmann, Kämmerer Rainer Grabbe und der elfköpfige Ältestenrat beschlossen, alle freiwilligen Leistungen und Aufgaben sowie nicht unbedingt notwendige Ausgaben ab sofort zu stoppen. Ein konkretes Einsparziel kann Kreis-Sprecher Patrick Bockwinkel noch nicht beziffern. Der Kreis, der 2023 ein Minus von 18,2 Millionen Euro erwartet und für 2024 sogar mit 35,6 Millionen Euro Defizit rechnet, werde vorerst zum Beispiel keine neuen gemeinnützigen Initiativen und Aktionen mehr fördern, sagt Bockwinkel. Veranstaltungen wie die &bdquo;lippischen Sommergespräche“, die sich in diesem Jahr um &bdquo;900 Jahre Lippe“ drehten, seien nicht mehr möglich. Und es könnten etwa keine neuen Anträge für Gelder aus dem Kinderschutzfonds des Kreises bewilligt werden. Eine schwierige finanzielle Entwicklung hat im August auch Rainer Kaschel, der Kämmerer der kreisfreien Stadt Bielefeld, skizziert. In jeglicher Hinsicht stehe die Stadt vor wachsenden Ausgaben – von steigenden Personalkosten bis hin zu steigenden Zinsen. Eine &bdquo;nicht auskömmliche Refinanzierung der Flüchtlingskosten“ und wegfallende Gewinne der Stadtwerke verschärften die Lage. Die vom Bund geplanten Steuerentlastungen sieht Kaschel kritisch, weil sie auch die Einnahmen der Kommunen senkten. Vor allem wegen der konjunkturellen Probleme drohe zudem bei der Gewerbesteuer Ungemach. Derzeit habe die Stadt zwar noch Rücklagen von 400 bis 500 Millionen Euro, erklärte Kaschel dem Stadtrat. Doch bei erhöhten Defiziten von jeweils mehr als 110 Millionen Euro in den Jahren 2024 bis 2027 sei absehbar, dass die Rücklagen bald aufgezehrt sind, während die benötigten Kredite stark steigen: &bdquo;Wir steuern bei den Liquiditätskrediten geradewegs auf Zustände zu, wie wir sie Mitte des letzten Jahrzehnts hatten“, warnte Kaschel In Bielefeld droht neue Haushaltssicherungsphase Die Vorstellungen des Rates seien schwer unter einen Hut zu bringen, wenn einerseits alle geplanten Vorhaben vom Ausbau des Radwegenetzes bis zur Digitalisierung in den Schulen umgesetzt werden sollten, zugleich aber Steuererhöhungen ebenso wie die Haushaltssicherung vermieden werden sollten, so der Kämmerer. Die jüngste Haushaltssicherungsperiode in Bielefeld habe 18 Jahre lang gedauert, von 2002 bis 2020, mahnte Kaschel – aber ohne unbequeme Gegenmaßnahmen wie die Erhöhung von Steuern oder den Verzicht auf Projekte drohe genau dieses Szenario erneut. Auch von der Stadt Espelkamp könnte die Kommunalaufsicht im Kreis Minden-Lübbecke schon bald ein Haushaltssicherungskonzept verlangen, wie es heißt. Die Städte Löhne, Lübbecke, Blomberg und Oerlinghausen haben bereits eine Haushaltssperre, um den laufenden Haushaltsplan zu retten. Eine Umfrage dieser Zeitung unter allen Kreisen der Region ergab, dass zwar alle Kreisverwaltungen unter steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen leiden – aber alle glauben, zumindest 2023 ohne Haushaltssperre über die Runden zu kommen. &bdquo;Wir gehen davon aus, dass wir die Mehrbelastungen noch anderweitig kompensieren können“, sagte etwa eine Sprecherin des Kreises Gütersloh. Vom Kreis Paderborn hieß es, die Abweichung vom Haushaltsplan betrage 2023 voraussichtlich 1,2 Millionen Euro – angesichts eines Budgets von rund 500 Millionen Euro könne da noch nicht von einer erheblichen Abweichung gesprochen werden, so Sprecherin Corinna Koptik. Allerdings würden für 2024 &bdquo;erhebliche Kostensteigerungen“ erwartet. Der Kreis habe darauf mit einem Konsolidierungskonzept reagiert, die Amtsleitungen seien angehalten, &bdquo;bereits jetzt alle Einsparmöglichkeiten zu nutzen“. Mühlenkreiskliniken belasten Kreis Minden-Lübbecke Auch der Kreis Minden-Lübbecke meldete, es liefen &bdquo;bereits seit Mitte 2023 eigenverantwortliche Konsolidierungsmaßnahmen“ bei den jeweiligen Ämtern. &bdquo;Die problematische Finanzlage aller Kommunen trifft auch uns“, erklärte Sprecherin Mirjana Lenz. Hinzu kämen in Minden-Lübbecke die Herausforderungen &bdquo;mit Blick auf die Mühlenkreiskliniken, die wie nahezu alle Krankenhäuser in Deutschland unter der Unterfinanzierung von Bund und Land leiden“. Patrick Albrecht vom Kreis Herford teilte mit, die Inflation, steigende Energie- und Sachkosten und Tariferhöhungen belasteten auch die Kreisverwaltung Herford. Der Kreis steuere aber mit sorgfältiger Haushaltsplanung dagegen und könne unter anderem im Personalbereich Kosten sparen. Zugleich sei der Kreis bemüht, die angespannte wirtschaftliche Lage der Städte und Gemeinden &bdquo;bestmöglich zu berücksichtigen“. Ähnlich klingt es im Kreis Höxter: Trotz aller Probleme sei keine Haushaltssperre nötig. Wegen der absehbaren Verschlechterung habe Landrat Michael Stickeln aber sein Haus sensibilisiert, jede Einsparmöglichkeit auszuschöpfen, damit die absehbare Erhöhung der Kreisumlage für die Städte nicht erdrückend wird, sagt Silja Polzin. Lippes Landrat Lehmann hatte sich wegen der prekären Lage vieler Kommunen mit einem Appell direkt an Berlin und Düsseldorf gerichtet, denn &bdquo;vor allem die Aufgaben, die wir für Bund und Land etwa im Sozialbereich übernehmen“, seien immens. Eine 100-prozentige Finanzierung der Kosten finde nicht statt. &bdquo;Ich fordere deshalb Bund und Land dazu auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die kommunale Familie nicht länger finanziell im Regen stehen zu lassen.“

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