Nach Razzia in Bielefeld: Die Rocker-Szene in Ostwestfalen ist in Bewegung

Bielefeld. Die Rocker-Szene in Ostwestfalen-Lippe ist in Bewegung. Grund ist dabei vor allem eine Razzia bei den Bielefelder Hells Angels, die für Aufsehen sorgt. Doch auch bei anderen Clubs gibt es Änderungen. Die Razzia sorgte in der vergangenen Woche für Schlagzeilen. Am Mittwoch stürmte die Polizei unter anderem das Rocker-Clubhaus im Bielefelder Süden, um Beweise zu sichern. Die Behörden wollten darüber hinaus keine Informationen preisgeben. Grund für die Razzien soll allerdings ein brutaler Einschüchterungsversuch gewesen sein. Der aktuelle Präsident der Rocker soll mit Komplizen einen ehemaligen Weggefährten ins Rocker-Clubhaus entführt und mit Baseballschlägern schwer misshandelt haben, um ihn auf diese Weise mundtot zu machen. Mittlerweile ist er untergetaucht, wahrscheinlich im Ausland. Exakt 26 Mitglieder der "Höllenengel" zählt das Landeskriminalamt in Ostwestfalen-Lippe, spricht von einem sogenannten Charter (Ortsgruppe, bei anderen Rocker-Clubs heißen diese Chapter). 2008 gründete sich in der Region die Bielefelder Ortsgruppe, 2018 spaltete sich eine Gruppierung junger Rocker daraus ab. Sie gründeten ein eigenes Charter namens "Hellfield". Nur noch etwa 800 Rocker in NRW Was aus dem jüngeren Charter geworden ist, bleibt letztendlich offen. Nach Recherchen dieser Redaktion tragen einzelne Rocker allerdings noch immer "Hellfield"-Aufnäher auf der Kutte. Mitglieder der Bielefelder Höllenengel stammen darüber hinaus nach Informationen dieser Redaktion aus dem Raum Ostwestfalen sowie unter anderem aus Hessen und Niedersachsen. >>> Bielefelder Hells Angel-Boss soll über zu brisantes Insiderwissen verfügen Die Zahl der Rocker in NRW ist in den vergangenen Jahren stark rückläufig. Zuletzt waren es noch etwas mehr als 800 Mitglieder - vor wenigen Jahren noch um die 2.000. Grund dafür ist unter anderem das Verbot der Bandidos Federation West Central vor gut zwei Jahren. Auf einen Schlag wurden 30 Chapter der Bandidos mit hunderten Mitglieder von den Behörden aufgelöst. Darunter eine Gruppe im Raum Paderborn, der ein gutes Dutzend Personen zuzurechnen waren. Freeway Riders größer Club in NRW - zwei Ableger in OWL Größter Rocker-Club in NRW sind mittlerweile die Freeway Riders, die vor allem im Ruhrgebiet Ableger haben. In NRW zählen Ermittler 32 Ableger und mehr als 400 Mitglieder. Zwei Chapter sind derweil in OWL zu finden - mit insgesamt 27 Mitgliedern. So gründete sich Ende des vergangenen Jahres ein neues Chapter in Detmold, deren Mitglieder zuvor das Logo des Honour MC und davor des Gremium MC auf dem Rücken trugen. Solche Wechsel sind innerhalb der Rocker-Szene durchaus normal, generell sprechen Ermittler über eine hohe Fluktuation in der Szene. Der Detmolder Ableger hat derweil noch den Status von Anwärtern. Neben den Detmolder Freeway Riders besitzt der Club zudem in Bad Salzuflen ein weiteres Chapter, das die Bezeichnungen "OWL" oder "Hermannsland" auf der Kutte trägt. Erst vor wenigen Wochen haben die Rocker im Zentrum von Bad Salzuflen ein neues Clubhaus bezogen, zu der Eröffnungsfeier kamen Freeway Riders aus ganz NRW. Sowohl die Chapter aus Bad Salzuflen als auch aus Detmold gehören innerhalb der Freeway Riders zu einem internen Verbund - der "Division". Gegründet wurde der Zusammenschluss aus insgesamt 14 Chaptern erst Ende 2022. Die zukünftigen Auswirkungen dieser Entwicklung innerhalb des Clubs sind aus Ermittlersicht noch nicht absehbar. Club um rechten Youtuber hat neue Bleibe Ein neues Clubhaus besitzt darüber hinaus auch der Brothers Guard MC, nämlich in Blomberg (Kreis Lippe). Die Rocker um den rechtsextremen Youtuber Tim K. (hunderttausende Fans in den sozialen Medien) sorgten zuletzt durch Clubpartys in Horn-Bad Meinberg (ebenfalls Lippe) für Aufsehen, zu denen unter anderem sogenannte Staatsdelegitimierer (entstanden aus den Corona-Protesten), Rechtsextremisten oder Mitglieder des deutschen Ablegers der "Nachtwölfe" kamen. Der Brothers Guard MC spaltete sich vor geraumer Zeit von dem Brothers MC ab, nachdem es offenbar interne Streitereien um Tim K. gab. Mittlerweile streben der rechtsextreme Youtuber und sein Club aus Blomberg (zehn Mitglieder) weitere Chapter an und gründeten unter anderem Ableger in Süddeutschland. Nachdem in NRW die Freeway Riders zum zahlenmäßig größten Club aufgestiegen sind, reiht sich dahinter der Gremium MC ein (163 Mitglieder in acht Chaptern). Die Hells Angels kommen im Bundesland auf 13 Charter mit 154 Mitgliedern. Die Outlaws zählen vier Chapter (48 Mitglieder), der Brothers MC kommt immerhin auf 46 Mitglieder, verteilt auf acht Chapter. Die mittlerweile verbotenen Clubs Bandidos und United Tribuns tauchen in der Statistik des Landeskriminalamtes nicht mehr mit Mitgliedern oder Ablegern auf.

Meistgelesen