Mutter von Frauke Liebs beendet die Suche: "Es wird Zeit, abzuschließen"

Paderborn/Lübbecke. 17 Jahre lebt Ingrid Liebs mit der großen Ungewissheit – 17 Jahre sucht sie nach Antworten. Wer hat ihre Tochter Frauke in Paderborn entführt und getötet? Und wieso? In der aktuellen Podcast-Folge spricht Ingrid Liebs über die Tage des Verschwindens ihrer Tochter und die Entscheidung, die Suche nach Antworten nach so langer Zeit aufzugeben. Jedes Mal, wenn Ingrid Liebs die Treppe ihres Hauses in Lübbecke heruntergeht, schaut sie direkt auf eine Wand voller Bilder. Es sind Fotos, die ihre jüngste Tochter Karen, ihren Sohn Frank und ihr Enkelkind Frederik zeigen. Und natürlich Frauke, ihre Tochter, die mit gerade einmal 21 Jahren getötet worden ist. Der ungeklärte Mordfall und Ingrid Liebs Entscheidung die Suche zu beenden, sind nun Thema in der neuen Episode von "OstwestFälle - dem True-Crime-Podcast der Neuen Westfälischen". Mordfall Frauke Liebs - Alle Fakten im Überblick Die 21-jährige Frauke Liebs schaut am 20. Juni 2006 in einem Paderborner Pub ein WM-Fußballspiel. Danach will sie zu Fuß nach Hause in ihre WG gehen. Doch sie kommt dort nie an. Während der ersten Tage des Verschwindens meldet Frauke Liebs sich per Anruf oder SMS bei Angehörigen und Freunden. Doch ihre Nachrichten bleiben vage. Die Polizei geht zunächst nicht von einem Verbrechen aus. Doch nach knapp drei Monaten wird Fraukes Leiche in einem Waldstück bei Lichtenau gefunden. Ihre Leiche ist stark verwest und skelettiert. Es können keine DNA-Spuren oder Fingerabdrücke gefunden werden. Auch die genaue Todesursache bleibt ungeklärt. Eine Bielefelder Mordkommission übernimmt die Ermittlungen - doch der Mord ist auch nach 17 Jahren ungelöst. Juni 2006, Sommermärchen. "Frauke war vom Fußballfieber gepackt, so wie es wohl den meisten Leuten ging. Sie war glücklich", erinnert sich Mutter Ingrid Liebs. Mit Freunden schaut Frauke am 20. Juni das WM-Spiel zwischen England und Schweden in einem Paderborner Pub, will danach zu Fuß nach Hause in ihre WG. Doch dort kommt sie nie an. Ingrid Liebs hat früh ein schlechtes Gefühl Per Handy meldet sich Frauke bei Angehörigen, vor allem ihrem Mitbewohner Chris. Sie komme bald, sagt sie immer wieder. Doch sie kommt nicht. Nach einigen Tagen hören die regelmäßigen Anrufe von Frauke auf. Monate später wird ihre Leiche nahe Lichtenau gefunden. Der Mordfall gilt als einer der rätselhaftesten der Region OWL. Seitdem Frauke verschwunden ist, vergeht kein Tag, an dem Ingrid Liebs nicht an sie denkt. Und an dem sie für die Wahrheit kämpft. Die Polizei in Paderborn scheint Ingrid Liebs' Sorgen anfangs nicht ernst zu nehmen. Frauke sei erwachsen, dass sie nicht direkt in ihre WG zurückkehrte, sei noch kein Grund zur Panik, heißt es. Und auch, als sich Frauke immer mal wieder bei Angehörigen meldet, scheint die Polizei noch nicht vollends von einem Verbrechen auszugehen. Dabei hat Ingrid Liebs schon früh ein schlechtes Gefühl. Erinnerungen an Frauke Liebs lassen Mutter lächeln Das schlechte Gefühl sollte sich bestätigen. Nach dem Fund der Leiche übernimmt eine Mordkommission aus Bielefeld die Ermittlungen in dem Mordfall. "Nachdem ich erfahren habe, dass Frauke tot ist, habe ich bei der Polizei in Paderborn angerufen und gefragt, ob sie jetzt endlich von einem Verbrechen ausgehen", erzählt Ingrid Liebs. Bei Gesprächen mit dieser Redaktion ist Ingrid Liebs stets freundlich, lächelt viel. Manchmal ist ihre Stimme etwas zittrig. Sie redet viel von Frauke, erzählt von gemeinsamen Erinnerungen oder davon, was ihre Tochter so alles ausgezeichnet hat. Wie sehr Frauke Hunde liebte. Dass sie gerne mit Menschen gearbeitet hat und sich auch deswegen nicht für ein Studium, sondern für die Schwesternschule entschieden hat. Dass sie voller Ehrgeiz in kürzester Zeit einen Platz an der Schule in Paderborn erhalten hat – obwohl schon längst alle Plätze belegt waren. Es sind diese Erinnerungen, die Ingrid Liebs lächeln lassen. Manche Hinweise zum Mordfall gehen auf die Psyche Gleichzeitig hat sie in den vergangenen 17 Jahren viel dafür getan, um Antworten zu finden. Sie sprach mit Medien oft über den Mordfall, zuletzt für einen Podcast und eine große Rekonstruktion des Magazins "Stern Crime". Sie erhielt Einsicht in einige Ermittlungsakten, hat sogar selbst ein bisschen ermittelt und – dank der Hilfe eines anonymen Unternehmers – eine hohe Belohnung für konkrete Hinweise ausgelobt. Das ist jetzt fast drei Jahre her. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem Ingrid Liebs keine Hinweise erreichen. Manche sind offensichtlich an den Haaren herbeigezogen. Andere überraschend konkret. Doch für Ingrid Liebs sind sie mittlerweile auch eine Belastung. Vor allem die, die ganz offensichtlich ausgedacht sind. "Wenn ich solche Hinweise lese, geht es mir psychisch nicht gut", sagt sie. "Psychisch nicht mehr so stabil" - Rückzug von Ingrid Liebs Sie ist mittlerweile älter geworden, betont sie. Wie sehr sie schon vor 17 Jahren unter der Ungewissheit gelitten hat, gibt sie offen zu. Die Frage nach dem Warum quält sie und ihre ganze Familie. Die Ehe von Ingrid Liebs zerbrach auch daran. Jetzt – mehrere Jahre später – sagt sie: "Ich bin psychisch nicht mehr so stabil, wie ich es einmal war." Sie will sich zurückziehen. Endgültig. Endlich abschließen. Die eigene Kraft nicht mehr in die Suche nach dem Warum stecken. Eigentlich hatte sie das auch schon vor einigen Jahren vor. "Nun aber wirklich", sagt die 70-Jährige. Ein paar Monate gibt sie sich noch. Bis Oktober. Bis dahin gibt es auch noch die ausgelobte Belohnung von der Familie und deren Umfeld. Diese endet am 4. Oktober 2023. Dann ist es 17 Jahre her, dass Ingrid Liebs die Todesnachricht erhalten hat. Sie habe lange darüber nachgedacht. "Ich habe dann alles getan, was ich tun kann", sagt sie. "Ich bin damit im Reinen." Ihr Blick wandert ins Leere. "Frauke wird immer ein Teil sein", sagt sie mit traurigen Augen. "Aber es wird Zeit, abzuschließen."

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