Wann bin ich ein Notfall? Entscheidungshilfe für kranke Patienten

Bielefeld. Seit Wochen sind die Notaufnahmen in deutschen Krankenhäusern überlastet, weil die Zahl der Patienten stark angestiegen ist und gleichzeitig viele Mitarbeiter ausfallen. Hinzu kommt, dass viele Menschen, die in die Notaufnahmen kommen, keine Notfälle sind und so die Versorgung lebensbedrohlich erkrankter oder schwer verletzter Patienten behindern. In der Folge kommt es zu sehr langen Wartezeiten von mehreren Stunden. Doch warum suchen so viele Menschen Hilfe am falschen Ort und wann ist es wirklich Zeit für die Notaufnahme? &bdquo;Viele Menschen kommen mit Bagatellerkrankungen in die Notaufnahmen und behindern damit die Versorgung von tatsächlichen Notfällen, da wir gesetzlich dazu verpflichtet sind, jeden, der in die Notaufnahmen kommt, anzusehen“, erklärt der ärztliche Direktor am Klinikum Bielefeld, Holger Sudhoff. &bdquo;So können die Ressourcen der Notaufnahmen nicht effektiv genutzt werden.“ Die Gründe für dieses Verhalten sieht der HNO-Mediziner in den eingeschränkten Ressourcen in der ambulanten Versorgung. &bdquo;Aber nicht nur. Wir beobachten auch ein hohes Anspruchsdenken. Menschen möchten auch bei kleinen Problemen umgehend versorgt werden.“ Mitunter erzählen Patienten mit Bagatellerkrankungen den Mitarbeitern in Notaufnahmen nach Angaben Sudhoffs, dass sie nur in die Notaufnahme gekommen sind, weil sie am nächsten Tag fit in den Urlaub starten möchten. &bdquo;Zudem herrscht oft Unkenntnis darüber, wann es sich tatsächlich um einen medizinischen Notfall handelt, und auch, dass das Gesundheitssystem zwischen ambulanter und stationärer Versorgung unterscheidet.“ Hoher Beratungsbedarf bei Patienten Insgesamt geht Sudhoff davon aus, dass die meisten Patienten nicht böswillig handeln, wenn sie mit Bagatellerkrankungen in die Notaufnahme kommen. &bdquo;Doch weitergehen kann es so nicht. Wir benötigen flächendeckend ein System, das den Notaufnahmen vorgeschaltet wird. Wichtig ist auch eine Stärkung der Telemedizin, um Patienten zu beraten.“ Einen hohen Beratungsbedarf bei Patienten sehen auch die Mühlenkreiskliniken im Kreis Minden-Lübbecke, die mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) eine Entscheidungshilfe für den Notfall entwickelt haben. Demnach gilt: Patienten mit Erkrankungen oder Unfällen, die nicht lebensbedrohlich sind oder die keine sofortige Hilfe benötigen, sind beim Hausarzt an der richtigen Adresse. 13 Notfalldienstpraxen in OWL &bdquo;Wenn Patienten nicht bis zur nächsten Sprechstunde ihres Hausarztes warten können, stehen die Notfalldienstpraxen bereit“, heißt es weiter. In OWL gibt es 13 Praxen in Bielefeld, Gütersloh, Bünde, Herford, Lübbecke, Minden, Bad Oeynhausen, Lemgo, Detmold, Paderborn, Büren, Warburg und Höxter. Versorgt werden können über den ärztlichen Bereitschaftsdienst der Notdienstpraxen auch Patienten, die aus medizinischen Gründen nicht selbst in die Notfalldienstpraxis kommen können. &bdquo;Dann kommt ein Arzt auch zu den Patienten nach Hause.“ Informationen über die nächstgelegenen Notfalldienstpraxen oder die Möglichkeiten eines Hausbesuches gibt es unter der Nummer 116 117. Über diese Nummer informieren die Mitarbeiter auch über die Notdienste von Augen- und HNO-Ärzten, die die Notfallversorgung in ihren eigenen Praxen anbieten. Die Notaufnahme eines Krankenhauses ist hingegen die richtige Adresse, wenn Menschen einen lebensbedrohlichen medizinischen Notfall oder einen schweren Unfall erleiden. Beispiele für den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 - Erkältung mit Fieber höher als 39 Grad Celsius - anhaltender Brechdurchfall bei mangelnder Flüssigkeitsaufnahme - starke Hals- oder Ohrenschmerzen - akute Harnwegsinfekte - kleinere Schnittverletzungen, bei denen ein Pflaster nicht mehr reicht - akute Rückenschmerzen - akute Bauchschmerzen Beispiele für die Notrufnummer 112 - Bewusstlosigkeit oder erhebliche Bewusstseinstrübung - schwere Atemnot - starke Brustschmerzen oder Herzbeschwerden - starke, nicht stillbare Blutungen - Unfälle mit Verdacht auf starke Verletzungen - Vergiftungen - starke Verbrennungen - Ertrinkungsunfälle - Suizidversuche aller Art - akute und anhaltende Krampfanfälle - akute Lähmungen oder Sprachstörungen - plötzliche Geburt oder Komplikationen in der Schwangerschaft

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