Klage eingereicht Rocker in NRW: Könnte das Verbot der Bandidos kippen?

Bielefeld. Gegen das Bandidos-Verbot in Westdeutschland wurde Klage eingereicht. Dem Gericht liegt mittlerweile eine mehrere hundert Seiten lange Begründung vor, wieso das Verbot rechtswidrig wäre. Droht das Rocker-Verbot zu kippen? Fast 800 Seiten sind vor einigen Monaten beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen, eingereicht von dem Bochumer Anwalt Reinhard Peters. Er vertritt die Bandidos nicht das erste Mal. Auf mehreren hundert Seiten begründet Peters die Klage seiner Rocker-Mandanten. Er ist überzeugt: "Das Verbot aus dem letzten Jahr ist rechtswidrig." Rückblick: Im Juli 2021 holte die Polizei zum Schlag gegen die Rocker aus. Hunderte Polizisten durchsuchten Clubhäuser der Bandidos. Schwerpunkt: NRW. Mit einem Schlag wurden die "Bandidos Federation West Central" verboten, ein Zusammenschluss aus einzelnen Chaptern (Ortsgruppen) der Rocker in NRW sowie den umliegenden Bundesländern. Davon betroffen war unter anderem ein sogenanntes Prospect-Chapter aus Paderborn (Anwärter auf eine vollwertige Mitgliedschaft, Anm. d. Red.). Rocker wollen sich zuvor aufgelöst haben Schon einige Monate zuvor gab es umfangreiche Razzien bei den Bandidos. Der Grund waren unter anderem blutige Rocker-Auseinandersetzungen im Raum Köln und Hagen. Kurz darauf gaben die Bandidos bekannt, dass sie die "Federation West Central" aufgelöst haben will. Ein Umstand, über den die Ermittler wohl nur schmunzeln konnten - sie glaubten den Rockern nicht und überreichten den Mitgliedern wenig später die offizielle Verbotsverfügung. Betroffen waren davon alleine in NRW etwa 740 Rocker. In der Verbotsbegründung ist unter anderem die Rede von "territorialen und finanziellen" Ansprüchen, die mit Gewalt durchgesetzt wurden. Straftaten werden bei der Federation gefördert und ausgezeichnet. Anwalt Reinhard Peters hält das Verbot für falsch. Zum einen, weil sich die "Federation West Central" vorher aufgelöst habe, sagt er. Ein weiteres Argument des Anwalts: Dutzende Chapter würden in "Sippenhaft" genommen werden. Probleme habe es schließlich nur in Köln und Hagen gegeben. "Einige Chapter sind hunderte Kilometer entfernt, hatten nichts mit den Rockern in Köln und Hagen zu tun und sind noch nie polizeilich in Erscheinung getreten", sagt Peters. "Und trotzdem wurden sie verboten." Rocker bleiben Rocker-Leben treu Doch wie ernst nehmen die Rocker das Verbot überhaupt? In NRW haben die Ermittler keine gesicherten Kenntnisse über relevantes Fortbestehen der Bandidos - oder darüber, dass sich die Rocker in Nachfolgeorganisationen neu gliedern, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) in NRW dieser Redaktion berichtet. Doch Experten bezweifeln immer wieder, dass die Mitglieder der "Federation West Central" nach dem Verbot ihr Rocker-Leben an den Nagel gehängt haben. An Rocker-Treffen im Ausland nehmen beispielsweise verschiedene Personen aus NRW weiter teil. So war nach Recherchen dieser Zeitung zum Beispiel der Chef des verbotenen Chapters "Essen-East" vor wenigen Monaten bei einem Europa-Treffen der Bandidos in Spanien. Zudem hat sich nach Informationen dieser Redaktion ein Mitglied des Paderborner Chapters (ebenfalls eigentlich verboten) jüngst das Wort "Bandido" ins Gesicht tätowieren lassen. Anwalt Peters betont derweil, dass sich eine Verhandlung und ein abschließendes Urteil des Gerichts, ob die Bandidos "Federation West Central" verboten bleibt oder nicht, noch lange hinziehen kann. Immerhin habe das Verfahren einen enormen Umfang. "Ich rechne nicht mit einer Entscheidung in 2023", sagt Peter.

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