Energiewende OWL-Städte verbieten Gasanschluss in Neubauten

Bielefeld. Die Energiewende ist in aller Munde, Versmold hat mit strikten Vorgaben klare Tatsachen geschaffen: Wer hier künftig bauen will, muss einen Teil der Dachfläche für die Gewinnung von Solarenergie nutzen - und aufs Heizen mit Gas verzichten. Ein Verstoß gegen die Auflagen ist ausgeschlossen, bereits bei drei Neubaugebieten in der Kommune wird nicht mal mehr eine Gasleitung verlegt. Auch in anderen Kommunen in OWL tut sich was. Geregelt wird das Verbot in Versmold über die Grundstückskaufverträge, alle Bauinteressierten für die Gebiete &bdquo;Südlich Sandbreede“, &bdquo;Südlich Niedernstraße“ sowie &bdquo;Westlich Rothenfelder Straße" wurden zum Ende der vergangenen Woche angeschrieben und über die Vorgaben informiert. "Rückmeldungen liegen uns noch nicht vor", so Dirk Niggemann, Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen, Wohnen. Wichtig sei der Stadt bei allen Maßnahmen, dass die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen würden. Auch bei den nächsten drei Baugebieten sei die Nutzung fossiler Brennstoffe ausgeschlossen. Darunter fallen alle Brennstoffe, die sich "in Jahrmillionen aus Abbauprodukten von toten Pflanzen und Tieren entwickelt haben. Hierzu gehören Braun- und Steinkohle,Torf, Erdgas und Erdöl." "Vorschriften sind zumutbar für Bauherren" Im Nachgang will die Stadt dann eine Bewertung vornehmen und über die weitere Vorgehensweise beraten. Im Vorfeld hatte Versmold Gutachten erstellen lassen. Niggemann: "Kurz zusammengefasst mit dem Ergebnis, dass die Vorschriften rechtlich umsetzbar und wirtschaftlich zumutbar für die Bauherren sind." Auch in Rietberg gelten ab sofort strengere Vorgaben für Menschen, die einen privat genutzten Neubau planen. Auch hier sind fossile Brennstoffe künftig verboten und es herrscht Solarpflicht. "Das bezieht sich auf alle neuen oder laufenden Bauleitplanverfahren sowie auf Baulücken und Neubauten in bestehenden Bebauungsplänen", so Stadtsprecher Jürgen Wohlgemuth. Alternativ darf künftig mit Windenergie, Sonnenkraft, Wasserkraft, Geothermie oder Energie aus Biomasse geheizt werden. Bezüglich der Solarpflicht können Bauherren selbst entscheiden, ob sie Solarenergie nutzen oder alternativ eine Dachbegrünung einsetzen wollen. Im Falle von Solarenergie müssen dafür nutzbare Dachflächen mindestens zur Hälfte mit Photovoltaikmodulen bestückt werden. Sollen auf dem Dach auch Solarwärmekollektoren installiert werden, so darf diese genutzte Fläche angerechnet werden. "Auch Rückbau von Schottergärten vorgegeben" Auch Herford zieht an in Sachen klimafreundliches Bauen. Dort ist im Neubaugebiet Stedefreunder Straße/Im Obernholz ebenfalls keine Gasleitung mehr verlegt worden. "Hier wird über ein Nahwärmenetz die Wärme- und Wasserversorgung sichergestellt", so Peter Böhm, Technischer Beigeordneter der Stadt. "Die Energie liefert hier Biomethan." Zudem ist in diesem Neubaugebiet die Dachbegrünung für Flachdächer Pflicht, ebenso wie PV-Anlagen für alle Neubauten.In zukünftigen Neubaugebieten sollen fossile Brennstoffe, wann immer es möglich ist, nicht mehr verwendet werden. Fest hält die Stadt in Sachen Klimaschutzmaßnahmen auch am Verbot von Schottergärten bei Neubauten und am Gebot des Rückbaus vorhandener Schottergärten. Andere Städte wie Paderborn oder Gütersloh setzen bereits auf die Solarpflicht. Ein Verbot fossiler Brennstoffe gibt es hier bislang nicht. Allerdings werden Bauherren in Paderborn anders zum nachhaltigen Umgang mit Energieressourcen angehalten. So gibt es beispielsweise im Neubaugebiet Alanbrooke-Quartier einen Anschluss- und Benutzungszwang an das Wärmenetz. Kritik vom Eigentümerverband In den Augen von Reinhard Loch, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale NRW, sind all diese Vorstöße der einzig logische und vernünftige Weg. "Alles andere lohnt sich nicht ohnehin nicht mehr - vor allem vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine." Bereits jetzt überlegten auch Gasversorger, ob sich das Verlegen einer Leitung in Neubaugebieten überhaupt noch lohne. "Und in 50 Prozent aller Neubauten wird ohnehin auf Wärmepumpen, Elektrodirektheizungen oder Holzpellets gesetzt. Insofern sind solche bauplanerischen Schritte der Kommunen schlicht zeitgemäß." Kritischer sieht das der Eigentümerverband Haus und Grund OWL. "Die Etablierung solcher Maßnahmen durch Zwang oder Verbote ist in unseren Augen schwierig", sagt Geschäftsführerin Daniela Niermann. "Zumal auch die Frage im Raum steht und stehen muss, ob die so vorgegebene zügige Umstellung auf alternative Heizenergien und -konzepte so überhaupt umsetzbar ist." Auch die starken Kostenanstiege sind in Niermanns Augen zu berücksichtigen. "Die Frage ist, wer es sich so absehbar überhaupt noch leisten kann, zu bauen. Mit einer Solaranlage kommen bei einem Neubau nochmal fünfstellige Beträge obendrauf, dazu kommen die angestiegenen Zinsen und teure Fachkräfte - wenn es sie überhaupt noch gibt." Deshalb fordert Niermann einhergehend mit Verboten für fossile Brennstoffe ausgegorenere Förderprogramme.

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