Welche Folgen das Verbot der Bandidos in NRW hat

Bielefeld. Der Mexikaner mit der Machete und der Pistole ist aus der Öffentlichkeit NRWs verschwunden - seit fast einem Jahr ist die Rockergruppe Bandidos in Westdeutschland verboten. Doch was hat das Verbot seitdem gebracht? Ein Ermittler berichtet über die Entwicklungen in der Szene. Es ging um Bandenkriege, Morde und Körperverletzungen: Das Bundesinnenministerium verbot Mitte Juli die Bandidos "Federation West Central". Dabei handelte es sich um einen Zusammenschluss der einzelnen Chapter, also Ortsgruppen, in NRW und den umliegenden Bundesländern. Von dem Verbot betroffen war auch ein recht junges Bandidos-Chapter im Raum Paderborn, das sich aus einem ehemaligen Outlaws-Chapter in Delbrück gegründet hatte. "Das war eine der umfangreichsten Maßnahmen, die wir in Bezug auf Rocker jemals gemacht haben", betont Hans-Joachim Schmitz (58), Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt (LKA) NRW, im Gespräch mit nw.de. Er berichtet: "Wir haben keine Hinweise auf mögliche Nachfolge- oder Tarnorganisationen. Das ist aber auch nicht auszuschließen." Dennoch ist zu beobachten, dass sich ehemalige Mitglieder der verbotenen Chapter nicht zwangsläufig auch von den Bandidos distanzieren. In sozialen Medien gibt es noch immer Bilder von Personen in Bandidos-Kutte, etwa im Ausland. Selbstbezeichnungen der Personen auf den Plattformen lassen auf eine weitere Zugehörigkeit zum Motorradclub schließen. "Dass sich viele der betroffenen Rocker weiter in dem Umfeld bewegen, kann man nicht verhindern", sagt Schmitz.Dass die ehemaligen Bandidos plötzlich ihr Leben um 100 Prozent ändern, könne man nicht erwarten. "Wenn die Mitglieder vorher die Tür eines Clubs oder Bordells überwacht haben, werden sie das nach dem Verbot auch tun. Im besten Fall aber ohne Kutte und ohne Rockerclub im Rücken, der die Durchsetzungsfähigkeit und Macht steigern kann." Er betont: "Aus dem öffentlichen Bild sind die Bandidos vollständig verschwunden." Clubhäuser versiegelt Zudem haben Schmitz und sein Team keine Hinweise auf Treffen. Zum Beispiel in den eigentlich beschlagnahmten Clubhäusern der Rocker. Tatsächlich zeigen Ortsbesuche an ehemaligen Rocker-Treffs der Bandidos, dass die dort angebrachten Schlösser unberührt sind. Soweit Schäden an der Versiegelung festgestellt wurden, seien diese überwiegend auf mangelnde Qualität des Siegelklebstoffes oder auf mutwillige Zerstörung zurückzuführen. "Da in zwei Fällen ein vorsätzlicher Siegelbruch nicht auszuschließen war, wurden Strafanzeigen gegen Unbekannt erstattet und die Siegel erneuert", sagt Schmitz.Ebenfalls interessant: "Wir haben auch keine Hinweise, dass ehemalige Mitglieder der Bandidos in andere OMCGs (Outlaw Motorcycle Club, andere Bezeichnung für Rocker, Anm. d. Red.) gewechselt sind", sagt Schmitz. Dennoch gibt er sich vorsichtig. Man habe die vorhandenen Vereinsstrukturen "nachhaltig zerschlagen", sagt er. "Ob kriminelle Strukturen, also auf bestimmte Taten ausgelegte Personenzusammenschlüsse, durch die Maßnahme auch zerschlagen wurden, bleibt abzuwarten." Gelockerte Coronaregeln stärken Szene Hatte das Verbot auch Folgen für die übrige Rocker-Szene in NRW? Wurden andere Rocker vorsichtiger? Nein, meint Schmitz. Er prognostiziert: "Durch die gelockerten Coronaregeln sind Treffen, Ausfahrten und persönliche Kontakte der MCs wieder mehr möglich. Sie können so ihre Netzwerke wieder stärken." In den Corona-Monaten sei es dagegen ruhig geworden. Auch das typische "Präsenz zeigen" von Rockern habe nachgelassen. "Das bedeutet aber nicht, dass wir bei Ermittlungen oder Strafverfahren - auch im Bereich der Organisierten Kriminalität - keinen Bezug zu Rockern feststellen", sagt Schmitz und betont generell mit Blick auf das Feld Rockerkriminalität: "Die Mitglieder sind nach wie vor im gesamten Kanon des Strafgesetzbuches unterwegs. Zum Beispiel Drogenhandel, Prostitution, Waffen, Fälschungsdelikte." Auch die Zahlen der Rocker in NRW waren zuletzt stabil, sagt Schmitz. "Egal, ob Hells Angels oder Freeway Riders." Etwas mehr als 800 Rocker wurden zuletzt gezählt, hinzu kommen fast 400 Personen, die früher den Bandidos angehörten, mittlerweile aber offiziell ohne Club dastehen. Übrigens: Dass es zu Verfahren gegen Ex-Bandidos wegen Verbotsverstößen gekommen ist, ist Schmitz nicht bekannt. "Aber wir haben weiter Verfahren gegen ehemalige Bandidos im Bereich der Organisierten Kriminalität."

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