Hells Angels, Bandidos und Co.: Wo Rocker in NRW ihre Reviere haben

Bielefeld. Sicherheitsbehörden in NRW haben mehrere Hundert Rocker im Fokus. Doch welche Gruppierung ist am stärksten? Und wo sind die Hotspots? Ein Überblick.Insgesamt werden in NRW sechs Motorradclubs vom Landeskriminalamt (LKA) als polizeilich relevant eingestuft: Die Hells Angels, die Freeway Riders, der Gremium MC, die Outlaws, der Brothers MC - und die mittlerweile im westdeutschen Raum verbotenen Bandidos. Organisiert sind die Rocker in mehr als 70 aktiven Chaptern (Ortsgruppen, bei den Hells Angels heißen diese Charter).Hells Angels Die Hells Angels sind der wohl bekannteste Motorradclub mit weltweit Tausenden Mitgliedern. Entstanden in den USA gründeten sich vor mehreren Jahrzehnten auch immer mehr sogenannte Charter im Ausland - darunter Europa und Deutschland.Mittlerweile sind die Höllenengel in fast allen Bundesländern vertreten. Dabei gilt NRW bereits seit Jahren als ein Hotspot - sowohl für die Hells Angels als auch andere Rockerclubs. Alleine die "Rot-Weißen" kommen im Bundesland auf etwa 200 Mitglieder, die sich in 20 Charter organisieren. Zwei Ortsgruppen liegen in OWL - genauer in Bielefeld. 2008 entstand das Charter "Bielefeld", aus dem sich zehn Jahre später ein zweites Charter abgesplittert hat: "Hellfield". Während laut Sicherheitsbehörden in ersterem "Alt-Rocker" organisiert sind, sind bei "Hellfield" größtenteils junge Männer mit Migrationshintergrund Mitglied. Beide Gruppen teilen sich aber das gleiche Clubhaus im Bielefelder Süden. In Bielefeld werden den Hells Angels insgesamt etwa 20 Personen zugerechnet.Generell liegt ein regelrechter Hotspot der Hells Angels im Rheinland - besonders dem Großraum Köln. Hier haben sich gleich mehrere Charter in den vergangenen Jahren gegründet. Köln galt zudem auch längere Zeit als umkämpft - Hells Angels und Bandidos hatten sich hier bekriegt, unter anderem fielen Schüsse auf offener Straße. Bandidos Bis zu dem Verbot im Juli 2021 galten die Bandidos in NRW als eine echte Macht. Gerade im Ruhrgebiet haben sich eine Vielzahl Chapter des Clubs gegründet, der ebenfalls seinen Ursprung in den USA hat und mit der Zeit nach Deutschland expandierte. Bis zu dem Verbot zählten Ermittler 31 Ortsgruppen und fast 380 Mitglieder.Grund für das Verbot war unter anderem ein Rockerkrieg, der im östlichen Ruhrgebiet mit den Freeway Riders herrschte. Der Grund für den "Krieg" klingt läppisch: Die Bandidos wollten sich in einem ehemaligen Clubhaus der Freeway Riders niederlassen - ausgerechnet in Hagen, wo die Freeway Riders einst entstanden. Am Ende starb ein Freeway Rider durch einen Bandido in Gelsenkirchen - er wurde auf offener Straße erstochen. Auch in OWL war eine Bandidos-Ortsgruppe aktiv. Genauer: in Delbrück. Entstanden ist die Gruppe aus einem Outlaws-Chapter. Später wechselten die Mitglieder als sogenanntes "Hangaround"-Chapter zu den Bandidos - sie strebten also eine Mitgliedschaft an. Skurril: Genau einen Tag vor dem Verbot wurden aus den "Hangarounds" schließlich Bandidos-Mitglieder auf Probe. Im Raum Paderborn wurden etwa zehn Personen den Bandidos zugerechnet.Dass sich die von dem Verbot betroffenen Rocker in NRW allerdings dadurch von den Bandidos distanzieren, scheint eher nicht der Fall zu sein. So wurde später eine Führungsperson der NRW-Bandidos mit seiner Kutte im Ausland für Fotos abgelichtet. Einige Rocker haben in sozialen Medien noch immer entsprechende Beschreibungen, die auf die Zugehörigkeit zu den Bandidos schließen lassen. So auch der (ehemalige) Präsident des Paderborner Chapters. Freeway Riders Die Freeway Riders sind einer der bedeutendsten deutschen Rockerclubs. Entstanden in Hagen im östlichen Ruhrgebiet gibt es mittlerweile im gesamten Bundesgebiet Chapter. Schwerpunkt ist aber weiterhin NRW. Vor allem das Ruhrgebiet, wo es wegen der Gebietsansprüche bereits mit den Bandidos knallte. Die Freeway Riders haben mit 390 Mitgliedern die meisten in NRW. Insgesamt zählt das LKA zudem 32 Chapter.Darunter eins in OWL: In Bad Salzuflen werden dem Chapter "OWL" insgesamt gut 20 Personen zugerechnet. Recherchen zeigen, dass es hier deutliche Überschneidungen zur hiesigen rechten Szene gibt. Sicherheitsbehörden bestätigen das. Auch in anderen Teilen NRWs gibt es entsprechende Vorwürfe. Gremium und Outlaws Auch der Gremium MC und die Outlaws sind in NRW vertreten - wenn auch mit deutlich weniger Ortsgruppen. So zählt das LKA insgesamt acht Chapter mit 150 Mitgliedern, die dem deutschen Motorradclub Gremium zugerechnet werden sowie vier Outlaws-Chapter (30 Mitglieder). Beide Clubs verhalten sich in NRW eher ruhig.Gerade von den Outlaws haben Ermittler hinter vorgehaltener Hand bereits gesagt, dass es mit ihnen in NRW eher bergab gehe. Immerhin haben sich einige Chapter aufgelöst (zum Beispiel in Oelde) oder sind zu anderen Clus gewechselt (zum Beispiel in Delbrück zu den Bandidos). Zuletzt gab es jedoch in Bochum und in unmittelbarer Nähe zu NRW in Osnabrück eine Neugründung von Outlaws-Chaptern. Ersteres beschäftigte kurzzeitig den NRW-Landtag. Denn in Bochum soll ein Mitglied der Rocker der rechtsextremen Szene angehören.Im Raum Detmold gab es in der Vergangenheit ein Chapter des Gremium MC. Dieses hat sich aber bereits vor einigen Jahren aufgelöst. Brothers MC Der Club entstand vor einigen Jahren aus Personen, die zuvor offenbar im Umfeld anderer Rockerclubs agiert haben. Einer der Gründungsmitglieder: der rechtsextreme Youtuber Tim K. aus dem Kreis Lippe, der früher bei der Polizei tätig war. Der Club expandierte schließlich, zum Teil ins Ausland. Doch innerhalb des Clubs kam es offenbar zu Streitigkeiten. Auf der einen Seite Tim K., der das Chapter "Salt City" in Horn-Bad Meinberg führt, auf der anderen Seite Brahim Z. aus dem Rheinland, um den sich einige Rocker zum Teil mit Migrationshintergrund gesammelt hatten. Schließlich spaltete sich das Chapter um K. regelrecht von den anderen Brothers-Rockern ab - vor einigen Wochen änderten die Lipper auch ihren Namen in "Brothers Guard MC". Ihnen werden von Sicherheitsbehörden gut zehn Personen zugerechnet - Internetrecherchen zeigen aber, dass es durchaus mehr Rocker sind. Insgesamt zählt das LKA sieben Chapter der Brothers in NRW - unter anderem in Köln und im Ruhrgebiet -, in denen sich 50 Personen sammeln sollen.Rockerähnliche Gruppen Rockerähnliche Gruppierungen eignen sich das Erscheinungsbild und auch das Auftreten von Rockern an - sie tragen zum Beispiel Kutten mit Abzeichen. Häufig spricht man von "Streetgangs" - denn ein Motorrad fahren nicht unbedingt alle Mitglieder. Eine der bekanntesten Gruppierungen sind die United Tribuns, die sich vor einigen Jahren im Süden Deutschland gegründet haben, vor allem aus Männern aus dem Balkan.In NRW zählen Ermittler zwei Chapter mit 20 Mitgliedern, die sich zwischen Ruhrgebiet und Wuppertal sammeln. Laut eigenen Angaben hat der Club allerdings vier Ortsgruppen im Raum NRW. Inwieweit die beiden anderen Chapter tatsächlich bestehen, ist fraglich. Immerhin herrscht gerade bei solchen Gruppen eine recht hohe Fluktuation - was auch ein Blick nach OWL zeigt: Hier hatte sich für kurze Zeit ein Chapter der United Tribuns im Raum Bielefeld und Bad Oeynhausen gegründet, deren Chef als Kampfsportler zeitweise bekannt wurde. Doch die Gruppierung hat sich bereits vor Jahren wieder aufgelöst.Neben solchen Gruppen, die das LKA zentral erfasst, gründen sich auch immer wieder lokale Clubs, die nicht zwangsläufig im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden stehen. Zum Beispiel die Gruppe "Bellator", die im Raum Bad Oeynhausen aktiv war und sich aus Personen aus der Türsteher-Szene gründete. Die Mitglieder trugen ebenfalls Kutten, fuhren zum Teil Motorrad und schienen Kontakte zu anderen MCs der hiesigen Rockerszene zu haben. Inwiefern die Gruppierung noch besteht, ist unklar - ein Social-Media-Kanal ist weitgehend inaktiv.Was die Sicherheitsbehörden sagen Das LKA betont, man führe eine "Null Toleranz"-Strategie im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Rockerkriminalität. "Bei den meisten Treffen oder Veranstaltungen von Rockern oder mit hoher Rockerpräsenz ist die Polizei vor Ort und führt Kontrollen und Razzien durch", berichtet eine LKA-Sprecherin. "Dies dient der Verdeutlichung des Gewaltmonopols des Staates, dieser duldet keine rechtsfreien Räume." Allerdings scheint es in der hiesigen Szene in NRW ruhiger geworden zu sein. Immerhin tobte vor etwa zehn Jahren ein Rockerkrieg zwischen Bandidos und Hells Angels in Deutschland, der auch für mehrere Tote in NRW sorgte. Und: Auch heute noch kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Rockerclubs.Die Sprecherin betont: Man müsse von einer weiterhin hohen Gewaltbereitschaft der Rocker ausgehen. Dabei werden bei Konflikten auch Schusswaffen - zum Teil im öffentlichen Raum - eingesetzt. "Dies geschieht teilweise unter Inkaufnahme einer Gefährdung oder Verletzung von Unbeteiligten", warnt die Sprecherin.

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